# taz.de -- Krimi zu Gentrifizierung in Cottbus: Immobilen und Gewissensbisse | |
> Ein „Polizeiruf“ schildert eindrücklich, wie Familien auch mehr als 75 | |
> Jahre nach Kriegsende von verdrängten Verbrechen geprägt werden. | |
Bild: Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) und Alexandra Luschke (Gisa Flake) suchen… | |
Wer hätte gedacht, dass die Gentrifizierung [1][jetzt auch in Cottbus] | |
Einzug gehalten hat und sich Investitionen im mehrstelligen | |
Millionenbereich in der brandenburgischen Stadt lohnen? | |
Lässig braust Kommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) zu Beginn des | |
deutsch-polnischen „Polizeirufs“ auf seinem Motorrad zu einem Unfall mit | |
Leiche – in der Ladung eines umgekippten Lastwagens findet sich neben | |
reichlich Asbest der leblose Körper der Bauingenieurin Daniela Nowak. Die | |
Lässigkeit verlässt den Beamten jedoch alsbald, da er für seine | |
Ermittlungen nach Cottbus muss. | |
Dort erwartet ihn neben dem äußerst unwirschen und wenig kooperativen | |
Dienststellenleiter Markus Oelßner (wutbeutelig gespielt von Bernd | |
Hölscher) auch seine ehemalige Kollegin Alexandra Luschke (wunderbar | |
loyal-flapsig dargestellt von Gisa Flake). | |
Nach ein bisschen Stochern im Nebel finden die Polizist*innen heraus, | |
dass Daniela Nowak mit einem großen Luxusbauprojekt befasst war. Für ihren | |
Chef, den Immobilienspekulanten Karl Winkler (Sven-Eric Bechtolf), forschte | |
sie an der Geschichte der für den Ausbau vorgesehenen Häuser. Dabei stieß | |
sie auf den Restitutionsanspruch des Holocaustüberlebenden Zvi Spielmann | |
(Dov Glickman). | |
## Nachwehen der Nazizeit | |
Für einen Gerichtstermin, um die Besitzansprüche des Hauses zu klären, ist | |
er mitsamt seiner resoluten Tochter Maja (Orit Nahmias) erstmals seit der | |
Befreiung aus dem Konzentrationslager wieder in Deutschland. Im Zuge der | |
Ermittlungen stellt sich heraus, dass Daniela Nowak zwischen die Fronten | |
des Immobilienmoguls, des eigenen Gewissens und der immer noch aktuellen | |
und präsenten Nachwehen der Nazizeit geraten ist. | |
Eindrücklich schildert dieser [2][„Polizeiruf]“, wie Familien auch mehr als | |
75 Jahre nach Kriegsende an den Folgen dieses brutalsten Kapitels der | |
deutschen Geschichte kaputt gehen können, und wie schnell Wunden wieder | |
aufreißen. | |
Handlungen aus Kindheitstagen ziehen Konsequenzen bis in die heutige Zeit | |
nach sich, und die Kindeskinder tun mitunter alles, um ihre Eltern und sich | |
selbst zu schützen. In dieser Geschichte gewinnt dabei niemand; Geld wird | |
die Verluste aus der Vergangenheit nicht wieder gutmachen können und die | |
harte Konfrontation mit ebendiesen Geschehnissen hat auf alle Charaktere | |
einen Einfluss. | |
Nur die Gentrifizierung, die schreitet hier wie da voran und macht vor | |
nichts und niemandem Halt. | |
5 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Almuth Müller | |
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