| # taz.de -- Obdachlosigkeit in Berlin: Kaltes Brötchen ist keine Alternative | |
| > Stammgäste der Wohnungslosentagesstätte „Warmer Otto“ wehren sich gegen | |
| > die Schließung. Sie glauben, die Stadtmission könnte diese weiter | |
| > betreiben. | |
| Bild: Vorbei: Das warme Mittagessen im „Warmen Otto“ im Moabit | |
| Berlin taz | Die Stammgäste vom Warmen Otto geben nicht auf. Aus | |
| Verzweifelung, dass [1][die Moabiter Tagesstätte für Wohnungslose vorigen | |
| Freitag kurzfristig geschlossen wurde], besetzten zehn von ihnen an diesem | |
| Tag für ein paar Stunden ihr „Wohnzimmer“. Die zuständige Bereichsleiterin | |
| der Stadtmission, Ellen Eidt, kam extra vorbei, um zu erklären, warum man | |
| sich zu diesem Schritt gezwungen sehe – und um zu versprechen vorerst | |
| wenigstens einen „eingeschränkten Betrieb“ aufrechtzuerhalten. | |
| Ein kleiner Erfolg für die renitenten BesucherInnen: Man kann | |
| (stundenweise) weiter zum Wäschewaschen kommen, es werden kalte Mahlzeiten | |
| ausgeteilt und es gibt Termine zur Beratung – unter der Bedingung, dass der | |
| Ratsuchende vorher einen Coronatest macht. | |
| Doch den Gästen reicht das nicht. [2][Der Otto, wie sie ihn kannten, war ja | |
| viel mehr]: Treffpunkt und Aufwärmstation mit warmem Mittagessen, | |
| Kleiderkammer, Badezimmer, Ratgeber. Auch leuchtet ihnen so gar nicht ein, | |
| was die Stadtmission zur Begründung der Schließung erklärt hatte: nämlich | |
| im Kern, dass die Räume „keine zukunftsfähige Basis darstellen“ und sie | |
| keine Mitarbeiterinnen mehr finde, die bereit seien, in diesen engen und | |
| alten Räumen unter Coronabedingungen zu arbeiten. | |
| Also schrieb Kai Oeynhausen, einer der Stammgäste, im Namen seiner – nach | |
| seiner Schätzung – rund 60 LeidengenossInnen diese Woche einen Brief an den | |
| Sozialstadtrat von Mitte, Carsten Spallek (CDU). Darin bitten sie ihn, „den | |
| uneingeschränkten Weiterbetrieb des Warmen Otto umgehend zu ermöglichen“. | |
| Wenn die Stadtmission dies nicht machen wolle, möge Spallek den Treff doch | |
| bitte einem anderen Träger übergeben. Weiter erklärt Oeynhausen, warum er | |
| der Stadtmission nicht glaube: Ihm hätten ein paar Mitarbeiter erzählt, sie | |
| würden durchaus im Otto weiterarbeiten wollen. | |
| ## „Alternativen angeboten“ | |
| Ellen Eidt von der Stadtmission allerdings bleibt auf taz-Nachfrage dabei: | |
| Auch aus Personalgründen sei es unmöglich, den Warmen Otto in der | |
| bisherigen Form weiterzuführen. „Die Gäste bekommen sicher nicht alles mit, | |
| was unsere Mitarbeitenden angeht. Und wir können Personalfragen auch nicht | |
| im Detail öffentlich erörtern.“ | |
| Auch von Spallek dürften die Otto-Gäste wenig zu erwarten haben. [3][In | |
| seiner Pressemeldung] zum Thema hat er die Sicht der Stadtmission offenbar | |
| ungeprüft übernommen. „Den Menschen, die regelmäßig den Warmen Otto als | |
| Tagestreff nutzen, werden Alternativen angeboten“, heißt es etwa. | |
| Eine belegtes Brötchen, an der Tür in die Hand gedrückt als „Alternative“ | |
| für eine warme Mahlzeit am Tisch? Daraus spricht entweder eine gewisse | |
| Lebensferne – oder Gleichgültigkeit. | |
| 19 Nov 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Schliessung-einer-Obdachlosentagesstaette/!5810931 | |
| [2] /!5812455/ | |
| [3] https://www.berlin.de/ba-mitte/aktuelles/pressemitteilungen/2021/pressemitt… | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Memarnia | |
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