| # taz.de -- Die Wahrheit: Abenteuer eines Fakirs | |
| > Wer sich in die Höhlen tanzwütiger Hippies begibt, muss mit dem | |
| > Allerschlimmsten rechnen, zum Beispiel mit glühenden Kohlen. | |
| Ich hab ihm gleich gesagt: ‚Die Hippietante ist nichts für dich!‘“ – �… | |
| wenn’s um Frauen geht, ist er doch nicht zurechnungsfähig!“ – „Wisst i… | |
| noch, damals die Bikerlady?“ – „O ja, nachdem er sie ins Clubhaus ihrer | |
| Freunde begleitet hatte, lag er zwei Wochen in der Klinik.“ – „Da hat er | |
| diesmal echt Glück gehabt.“ | |
| Wir spazierten über den Goetheplatz und näherten uns Raimunds Wohnung. „Im | |
| ‚Prokopop Z‘ nennen sie ihn jetzt ‚Den Fakir‘.“ – „Und wenn schon… | |
| Jungs im ‚Prokopop Z‘ können ihn sowieso nicht leiden. Er ist garantiert | |
| nicht mit Absicht in die Kohlen gelatscht!“ – „Wer weiß, was die Hippies | |
| ihm gegeben haben. Wahrscheinlich gibt es auf Hippiepartys Drogen, die | |
| unsereins überhaupt nicht kennt.“ – „Und Raimund ist nur Bier gewohnt.�… | |
| nickten einmütig. | |
| „Außerdem: Wer heute noch Hippie ist, muss doch verrückt sein! Garantiert | |
| sind auf dieser Party massenhaft durchgedrehte Druiden, Meditationsfiffis | |
| und Reinkarnationskünstler rumgelaufen.“ – „Also bitte! Nicht jeder | |
| Meditationsfiffi ist verrückt: Ich kenne einen Zenbuddhisten, der harkt den | |
| ganzen Tag Kies und ist trotzdem ziemlich licht in der Birne.“ | |
| „Aber es gibt eben auch durchgedrehte Druiden auf Hippiepartys, und wenn | |
| Raimund auf so einen Knallkopp trifft und eine seiner Tiraden gegen | |
| esoterischen Hokuspokus und spirituelles Brimborium loslässt, wird der | |
| Zauberheini vielleicht sauer und setzt seine Mittel ein, um …“ | |
| „Mittel? Was für Mittel?“ – „Keine Ahnung. Abrakadabra, Hypnose, Voodo… | |
| was Zauberheinis halt draufhaben. Irgendeinen Grund muss es ja geben, dass | |
| Raimund bei einem rituellen Tanz auf glühenden Kohlen mitmacht.“ Wir | |
| blickten hinauf zu Raimunds Balkon. Und nickten erneut. | |
| „Jedenfalls sollten wir abwechselnd für ihn einkaufen gehen“, sagte Luis, | |
| als wir die Treppe zu Raimunds Wohnung hinaufstiegen: „Man erzählt sich, | |
| dass er keinen Schritt mehr gehen kann.“ – „Wie auch? Wer barfuß auf | |
| glühenden Kohlen rumhopst …“ – „Auch seine Klamotten sollen Feuer gefa… | |
| haben.“ – „Hab ich auch gehört. Sogar seine Haare haben sich wohl in ein… | |
| Stichflamme verabschiedet.“ | |
| Carlo nickte. „Er soll wie eine Mumie aussehen: Von Kopf bis Fuß in einen | |
| dicken Verband gehüllt, aus dem nur oben ein paar verkokelte Resthaare | |
| rauskucken.“ – „Wahnsinn. Dass die ihn in diesem Zustand nicht in der | |
| Klinik behalten haben …“ | |
| Wir waren oben angekommen, und Raimund stand in der Tür. Er trug kein | |
| Mumienkostüm und auch seine Haare sahen nicht anders aus als sonst. Er | |
| humpelte nur ein wenig, und als Raimund uns später erzählte, dass er den | |
| ganzen Abend barfuß zu der wilden Hippiemusik getanzt habe und schließlich | |
| bei „The Age of Aquarius“ außer Rand und Band in einen herumliegenden Joint | |
| getreten sei, raunte Theo uns zu: „Ich sag’s doch: Wassermannzeitalter! | |
| Drogen! Ein Wunder, dass ihm nichts Schlimmeres zugestoßen ist.“ | |
| 17 Nov 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Joachim Schulz | |
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