# taz.de -- Proteste in Sudan: Armee hält sich zurück | |
> Drei Tote beim Vorgehen der Armee gegen Demonstrationen am Samstag. Die | |
> Demokratiebewegung macht mit Streiks weiter. | |
Bild: Einer der vielen Aufmärsche der Protestbewegung in Khartum, Samstag 30. … | |
AMSTERDAM taz | Der Protestmarsch mehrerer hunderttausend Menschen in | |
Sudans großen Städten am Samstag gegen den Militärputsch in ihrem Land hat | |
deutlich gemacht, wie groß der Widerstand gegen die Machtübernahme durch | |
die Generäle ist, aber nichts an der Situation geändert. | |
Die Erwartung ist, dass in den kommenden Tagen deutlich werden soll, ob | |
Putschführer General Abdel Fattah al-Burhan seine Macht konsolidieren wird | |
oder ob er seine Hand überspielt hat. Jedenfalls wurde am Sonntag noch | |
massenhaft gestreikt in Sudan, wo die Bevölkerung überwiegend muslimisch | |
und Sonntag der erste Arbeitstag der Woche ist. | |
Bei den Demonstrationen am Samstag wurden drei Menschen totgeschossen, so | |
meldet eine Ärztegewerkschaft. Krankenhäuser melden mehr als hundert | |
Verwundete, meistens durch Schüsse. Die Militärbehörden verneinen, dass | |
Soldaten scharf geschossen haben. | |
Aber Augenzeugen melden, dass die Armee nicht nur Tränengas einsetzte, um | |
Demonstranten am Vordingen zum Armeehauptquartier in Khartum zu hindern, | |
sondern auch geschossen hat. | |
## Kommunikation größtenteils unterbrochen | |
Schon [1][in den Tagen vor dem Aufmarsch vom Samstag] waren bei Protesten | |
nach lokalen Angaben elf Menschen getötet worden. Berichte sind schwer zu | |
verifizieren, weil die Kommunikation von außen größtenteils unterbrochen | |
ist. Aber es gelang einigen, vor allem mit Hilfe von Twitter, Videos und | |
Berichte in die Außenwelt zu schicken. | |
Darauf waren riesige Menschenmassen zu sehen von Frauen, Männern, Jung und | |
Alt, selbst mit kleinen Kindern dabei. Sie trugen Fahnen, und Trommeln | |
begleiteten ihre Parolen wie „Die Macht gehört dem Volk“ und „Wir wollen | |
Abdalla Hamdok“, der Name des abgesetzten Premierministers. | |
General Burhan hatte am Montag voriger Woche die Übergangsregierung, die | |
2019 zusammengestellt worden war und aus Zivilisten und Militärs bestand, | |
[2][aufgelöst]. Burhan war der Vorsitzende des Souveränen Rates, der | |
höchsten Macht im Land. Er rief den Ausnahmezustand aus und erklärte seine | |
Handlungen für gerechtfertigt, um einen „Bürgerkrieg“ zu vermeiden und | |
politische Machtkämpfe zu beenden. | |
Es stimmt zwar, dass es politischen Streit gab und die schlechte | |
ökonomische Lage das Leben der Bevölkerung sehr schwierig machte, aber | |
Burhan hatte wahrscheinlich andere Gründe für seinen Vorstoß. | |
Er sollte seinen Posten in der nahen Zukunft an einen Zivilisten | |
übertragen. Diese Macht aufzugeben würde es für die Militärs kompliziert | |
machen, Ermittlungen wegen Massakern an Demonstranten während der | |
Bürgerrevolution von 2019 zu verhindern. Ohne Einfluss in der Regierung | |
könnten die Armeeoffiziere auch ihre lukrativen Geschäfte verlieren. | |
## Verbreitete internationale Kritik | |
Jonas Horner von der International Crisis Group meint, dass Burhan eine | |
Fehleinschätzung gemacht hat. „Er hatte nicht gerechnet mit dem Engagement, | |
dem Mut und der Sorge auf der Straße um die Zukunft Sudans.“ Schon vor dem | |
Protestmarsch vom Samstag hatte Burhan den abgesetzten Premierminister | |
gebeten, ihm zu helfen, eine neue Regierung zu bilden. | |
Die militärische Machtübernahme hat auch eine weit verbreitete | |
internationale Verurteilung hervorgerufen. Die USA und die Weltbank haben | |
ihre Hilfe für Sudan eingefroren, wo aufgrund einer Wirtschaftskrise | |
Nahrungsmittel und Medikamente knapp werden und fast ein Drittel der | |
Bevölkerung dringend humanitäre Hilfe benötigt. | |
Während westliche Staaten den Putsch verurteilt haben, betonten Sudans | |
regionale Verbündete Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und | |
Ägypten die Notwendigkeit von Stabilität und Sicherheit. Burhan unterhält | |
seit dem Sturz von Langzeitdiktator al-Bashir 2019 enge persönliche | |
Beziehungen mit Saudi-Arabien und den Emiraten. Die zwei reichen Länder | |
haben schon öfters in der Vergangenheit Sudan große Summen Geld geschenkt. | |
Sie könnten das wieder tun. | |
31 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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