# taz.de -- Gerichtsurteil zu Straßenausbau-Kosten: Anlieger muss 190.000 Euro… | |
> Ein Landwirt muss massiv zuzahlen für den Ausbau einer Straße, die an | |
> seinem Grundstück vorbeiführt – und nicht da endet, wo sie hätte enden | |
> sollen. | |
Bild: Teure Angelegenheit für die Anwohner*innen: die Straße Nienthal, die ma… | |
NEUMÜNSTER taz | Im Einzelfall ungerecht, trotzdem rechtens: Der Landwirt | |
Ulrich Albert aus Lütjenburg muss rund 190.000 Euro für den Ausbau einer | |
Straße zahlen, die an seinem Wohngrundstück und mehreren Äckern | |
vorbeiführt. Das entschied das Schleswiger Oberverwaltungsgericht und | |
beendete damit [1][einen seit 2014 laufenden Rechtsstreit]. Albert ist | |
trotz der Niederlage froh, das Verfahren geführt zu haben. | |
Die Straße Nienthal schlängelt sich zwischen Ackerland und Wiesen entlang. | |
Nur sechs Anlieger*innen besitzen Grundstücke dort. Die meisten Flächen | |
gehören dem Ehepaar Albert. Der heute 65-jährige Landwirt hatte vor Jahren | |
mit der Stadt getauscht: Gegen Land neben seinem Wohnhaus gab er eine | |
denkmalgeschützte Scheune ab, die die Stadt zu einem „Erlebniszentrum“ | |
ausbauen wollte. | |
Die Attraktion auf dem platten Land sollte Busgruppen anziehen, also musste | |
eine besonders breite und gut ausgebaute Straße mit zahlreichen Laternen | |
her. Gut 600.000 Euro kostete der Ausbau des 900 Meter langen früheren | |
Feldwegs. Doch das geplante Erlebniszentrum kam nie zustande. Die Straße | |
endet heute an einem kleinen Eiszeitmuseum. | |
Laut Satzung der Stadt wurden dennoch drei Viertel der Kosten auf die | |
Anlieger*innen umgelegt. Schließlich, so die Begründung, profitieren | |
die von neuen Straßen am meisten. 2014 flatterte den Alberts daher eine | |
Forderung über 217.000 Euro ins Haus. Der Landwirt war empört: „Ich sehe | |
ein, dass wir etwas zahlen sollen – aber nicht in der massiven Höhe.“ | |
Er nahm einen Kredit auf, zahlte unter Vorbehalt und klagte. Nun, nachdem | |
er in zwei Instanzen verloren hat, nimmt er die Sache mit bitterem Humor: | |
„Andere bauen ein Haus oder leisten sich anderen Luxus. Ich zahle die | |
Straße.“ Grundstücke verkaufen müsse er aber nicht, sagt er. Aber noch rund | |
zehn Jahre werde er den laufenden Kredit abstottern müssen. | |
## Kosten für Laternen rausgerechnet | |
Alles in allem geht es um rund 220.000 Euro: Zwar hatte die erste | |
Gerichtsinstanz die ursprüngliche Summe um rund 30.000 Euro reduziert – | |
unter anderem wurden Kosten für die Laternen herausgerechnet –, dafür kam | |
im Lauf der Jahre ein ähnlich hoher Betrag für Gerichts- und Anwaltskosten | |
dazu. Finanziell hätte er sich den langen Gerichtsweg also sparen können, | |
sagt Albert: „Aber ich konnte nicht Ja und Amen dazu sagen.“ | |
Der Fall hat in Schleswig-Holstein zu Debatten über die | |
Straßenausbaubeträge geführt. Der Verband „Haus und Grund“ sprach nach d… | |
Urteil von „Abzocke“ und forderte die Jamaika-Regierung auf, Kommunen | |
finanziell besser zu stellen, damit sie Wege aus eigener Kraft sanieren | |
können. Seit 2017 dürfen Kommunen in Schleswig-Holstein entscheiden, ob sie | |
Straßensanierungen aus Rücklagen zahlen, Kosten auf alle umlegen oder die | |
Anlieger*innen beteiligen. Sein Fall habe durchaus etwas bewirkt, | |
glaubt Albert: „Ich habe von mehreren Gemeinden gehört, die | |
Sanierungskosten nun über die Steuern abrechnen, weil sie sich den Ärger | |
ersparen wollen.“ | |
5 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Teurer-Feldweg/!5457112 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
## TAGS | |
Schleswig-Holstein | |
Straßenbau | |
Anwohner | |
SPD Schleswig-Holstein | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Teurer Feldweg: Ein Bauer soll blechen | |
Fast 190.000 Euro soll einem Landwirt aus Lütjenburg der Ausbau einer | |
Straße wert sein. Dabei profitiert er davon gar nicht. |