| # taz.de -- Neues in den Berliner Programmkinos: Gangster, Punks und Ausbruch | |
| > Diese Woche: Klassiker von John Carpenter, Jean-Pierre Melville und | |
| > Robert Bresson. Und die Doku „Shane“ über The Pogues-Gründer Shane | |
| > MacGowan. | |
| Bild: Schrieb für The Pogues einen der meistgehörten Weihnachtssongs in UK: S… | |
| 1976 war John Carpenters zweite Regiearbeit „Assault on Precinct 13“, in | |
| dem sich eine Notgemeinschaft aus Polizisten und Schwerkriminellen in einem | |
| fast verlassenen Polizeirevier gegen eine grundlos angreifende und völlig | |
| gesichtslose Ghettobande verteidigen muss, für viele Medienkritiker ein | |
| Musterbeispiel eines Films mit „sinnlosen Gewaltdarstellungen“. | |
| Dabei ist Carpenters Film tatsächlich nichts anderes als ein spannend | |
| modernisiertes Spiel mit den Mythen des Westerngenres: „Rio Bravo“, | |
| „Stagecoach“, „Western Union“ – wer sich ein bisschen auskennt, kann … | |
| Klassiker in den Situationen und der Charakterisierung der Figuren | |
| zweifellos wiederentdecken. Der Film läuft in der Reihe „50 Jahre FK66“, | |
| mit der das Charlottenburger Off-Kino [1][Filmkunst 66], das lange Jahre | |
| untrennbar mit dem Namen des 2017 verstorbenen Betreibers und | |
| Programmmachers Franz Stadler verbunden war, sein 50-jähriges Jubiläum | |
| feiert (8.10., 22.30 Uhr, Filmkunst 66). | |
| Als Shane MacGowan in den 80er-Jahren The Pogues gründete, verbanden er und | |
| seine Mitstreiter:innen die traditionelle irische Folkmusik mit der | |
| Energie des Punk und schufen damit eine ganz und gar zeitgenössische | |
| Londoner Großstadtmusik. Heute ist der „Retter des irischen Folk“ durch | |
| jahrzehntelangen Alkohol- und Drogenmissbrauch – und durch einen Unfall, | |
| der ihn an den Rollstuhl fesselt – schwer gezeichnet. | |
| ## „Shane“: Dichtes Netz aus Stimmungen | |
| Regisseur Julien Temple, künstlerisch wie MacGowan der frühen britischen | |
| Punkszene entstammend, hat mit „Shane“ ein schönes dokumentarisches Portr�… | |
| des Musikers geschaffen – in seiner unnachahmlichen Art in Form eines | |
| dichten Netzes von Bildmaterial aus Dokumentar- und Spielfilmausschnitten, | |
| Interviews, Animationen und nachinszenierten Szenen, in denen es weniger um | |
| das Nachstellen von Ereignissen als um das Erzeugen von Stimmungen geht | |
| (7.10., 11.10., 21.30 Uhr; 9.10., 23.40 Uhr, [2][Kino Zukunft]). | |
| Der französische Regisseur Jean-Pierre Melville war ein Meister der | |
| Stilisierung und des makellos effizienten Erzählens. Am bekanntesten sind | |
| sicherlich seine brillanten Kriminalfilme, in denen er immer wieder der | |
| Idee von der Austauschbarkeit von Polizisten und Verbrechern nachging: | |
| Schon rein äußerlich sind sie in ihren Regenmänteln und Hüten kaum | |
| voneinander zu unterscheiden, in ihrer kühlen Besessenheit und ihrem | |
| Moralkodex noch weniger. | |
| So auch in „Vier im roten Kreis“ (1970), in dem drei Gangster – unter ihn… | |
| ein ehemaliger Polizeischarfschütze (Yves Montand) mit Alkoholproblem – | |
| einen perfekten Einbruch bei einem Juwelier unternehmen, während sich ein | |
| Kommissar auf ihre Spuren begibt. Fatalistisch bewegen sich die Männer | |
| aufeinander zu in diesem düsteren und pessimistischen Film, dem vorletzten | |
| von Melville, der 1973 sehr verfrüht an einem Herzinfarkt verstarb (13.10., | |
| 20 Uhr, [3][Klick Kino]). | |
| In inszenatorischer Hinsicht, in der großen formalen Strenge und der | |
| enormen Effizienz des Erzählens unterscheiden sich die Filme Robert | |
| Bressons nicht sonderlich von denen Melvilles. Nur der Entertainmentfaktor | |
| fehlt. Auch in „Ein zum Tode Verurteilter ist entflohen“ (1956), in dem | |
| Bresson die Flucht eines Widerstandskämpfers aus einem Nazigefängnis in | |
| Lyon sorgfältig rekonstruiert, verzichtet der Regisseur selbstredend auf | |
| jedwede Action und zeigt stattdessen die Routine des Gefängnisalltags und | |
| die peniblen Vorbereitungen des Ausbruchs. | |
| Gefilmt hat Bresson vornehmlich Großaufnahmen, vor allem von Händen, die | |
| das Bohren durch die hölzerne Türfüllung der Zelle und das Knüpfen von | |
| Seilen aus Kleidungsstücken und Decken übernehmen (8.10., 21 Uhr, [4][Wolf | |
| Kino]). | |
| 7 Oct 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.filmkunst66.de/ | |
| [2] https://zukunft-ostkreuz.de/kino.html | |
| [3] http://www.klickkino.de/ | |
| [4] https://wolfberlin.org | |
| ## AUTOREN | |
| Lars Penning | |
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