# taz.de -- Buch über Fußballikone Diego Maradona: Religiöse Leidensgeschich… | |
> Das Buch von Glenn Jäger schreibt die Legendenerzählung über Diego | |
> Maradona fort. Dazu gehört seine Gebrochenheit, die den Mythos | |
> mitbegründete. | |
Bild: Engelgleich: die Maradona-Figur mit Flügeln verkauft sich in Neapel beso… | |
In der Via San Gregorio Armeno, der klassischen Krippengasse in Neapels | |
Altstadt, ist eine Figur in allen Größen und Varianten, in Engelsversion | |
mit oder ohne Flügel, ein Bestseller: Diego Maradona. Er macht den | |
geschnitzten Marienstatuen, Krippen und Jesuskindlein ernsthaft Konkurrenz. | |
Seit seinem Tod vor knapp einem Jahr am 20 November im Alter von nur 60 | |
Jahren ist die Fußballlegende, die den SSC Neapel zwei Mal zur | |
Meisterschaft führte eine Ikone der Neuzeit. Ein Stadtheiliger mit in | |
jungen Jahren sehr ansehnlichem Antlitz. Auch ein Popstar. | |
Sein jugendliches Konterfei prangt in vielen Straßen an Hauswänden, Türen, | |
Laternen. Wer sich durch die engen Gassen im Quartieri Spagnoli nach oben | |
kämpft, findet gegenüber der Kneipe Bodega de Dios einen Maradona-Tempel | |
unter freiem Himmel, gekrönt von einem riesigen Wandgemälde des Stars. Hier | |
gibt es Maradona-Devotionalien in großer Auswahl von Trikots, über seine | |
Büste bis zu Schlüsselanhängern. Neapel ist stolz auf Maradona. Er trägt | |
einen Heiligenschein, wird verehrt, denn er habe der Stadt, dem armen Süden | |
Italiens die Würde zurückgegeben. | |
Diego Maradona ist auch eine Projektionsfläche: Die Geschichte des Jungen | |
aus dem Slum, der aufsteigt zum Fußballgott und zum Sprecher der | |
Erniedrigten und Beleidigten wird. Ein Rebell und Antiimperialist. | |
Der Tod des Fußballers vor einem Jahr hat auch unsere Kolumnisten bewegt. | |
„Dass er nie vergessen hat, woher er kommt, das hat ihn zum Idol der | |
marginalisierten Massen gemacht. Auch deswegen wird der Göttliche | |
unvergessen bleiben“, [1][schreibt Sportredakteur Andreas Rüttenauer in der | |
taz.] | |
## Hommage an den Dribbler | |
Ein Unterschichtshero: „Denn Maradona war einer, der aufstieg und fiel – | |
und nie vergaß, woher er kam“, [2][stellt Volkan Ağar in seiner Kolumne | |
„Postprolet“ fest]. Und Sportredakteur Johannes Kopp fragt sich, warum man | |
nur Liebeserklärungen nach seinem Tod schreibt: „Es sind Elogen auf einen, | |
der mit seinem überbordenden Talent unendlich weite Projektionsräume | |
eröffnet und Kindheitsträume lebendig gehalten hat.“ | |
In seinem gerade erschienen Buch „Diego Maradona – in den Farben des | |
Südens“, nähert sich auch der Autor Glenn Jäger dem Jahrhundertfußballer | |
als Unterschichtshero des abgehängten Südens. Es ist eine Hommage an den | |
Dribbler und Dirigenten auf dem Spielfeld. Eine in vielem bekannte | |
Annäherung an den „Schwarzkopf“, wie er sich selber nannte, der die Massen | |
eroberte. Glenn Jäger schreibt die Legendenbildung des Ballkünstlers und | |
Rächers der Entrechteten fort. | |
Drogenabstürze, Mafia-Connection, sein körperlicher Verfall, sein | |
Machogehabe – all das wird als fast religiöse Leidensgeschichte miterzählt | |
von einem, der stolpern musste. Sehnsucht, Leiden, Leidenschaft, das pralle | |
Leben eben. Maradonas Drogen- und Alkoholprobleme, seine Gebrochenheit und | |
Ambivalenzen haben letztlich zum Mythos beigetragen. Nach seinem Tod | |
jedenfalls ist der Spott über den abgehalfterten Dicken mit dem | |
Che-Guevara-Tattoo beendet. Und ewig leuchtet das jugendliche Konterfei des | |
Goldjungen zumindest auf den Straßen und Plätzen Neapels. | |
26 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Edith Kresta | |
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