| # taz.de -- Muezzinrufen in Köln: Lasst sie rufen | |
| > Religionslose müssen ständig das Glockenläuten der Kirchen ertragen. Da | |
| > sollte Muezzinen auch einmal pro Woche ihr Ruf zugestanden werden. | |
| Bild: Viele nichtreligiöse Deutsche müssen auch das Glockenläuten ertragen | |
| Der Ruf des Muezzins weckt in mir unangenehme Erinnerungen. Ich verstehe | |
| den Impuls [1][vieler Ex-Muslim*innen], gegen die [2][Entscheidung der | |
| Stadt Köln] zu wettern, trotzdem ärgert mich diese Debatte. 41 Prozent der | |
| Gesamtbevölkerung in Deutschland gehört keiner Religion an und muss das | |
| ständige Glockenläuten der Kirchen trotzdem ertragen. Die Stadt Köln | |
| erlaubt den Moscheen den Ruf einmal wöchentlich für fünf Minuten. Wer | |
| hierin eine drohende Islamisierung sieht, misst mit zweierlei Maß. | |
| Ja, da wird gerufen, dass es keinen Gott gibt, außer „Allah“. Der Begriff | |
| wird im arabischsprachigen Raum jedoch auch von christlichen und jüdischen | |
| Menschen für ihren Gott genutzt. Eine Weltanschauung mit Wahrheitsanspruch | |
| ist potenziell gefährlich. In den Händen der Mächtigen wird sie zu einem | |
| Instrument gegen alles, was angeblich „falsch“ ist. Das beste Mittel gegen | |
| diese Gefahr ist gelebte Diversität. | |
| Während der Islam in vielen Ländern eine dominante Mehrheitsreligion ist, | |
| so [3][leistet er hier] einen Beitrag zur Vielfalt. Ich wünsche mir eine | |
| Gesellschaft, in der sich alle Menschen mit ihrer Weltanschauung zu Hause | |
| und sicher fühlen. Ich ertrage, dass Religionen sichtbar gelebt werden, | |
| weil ich meine Weltanschauung auch offen zur Schau stellen darf. | |
| Ich glaube, dass es wichtig für das Zusammenleben ist, wenn alle Menschen | |
| sich willkommen fühlen und ihre Traditionen mit denselben Maßstäben | |
| beurteilt werden. Daher lasst die Muezzins rufen oder verbietet | |
| Kirchenglocken gleich mit. | |
| ## Gegenseitiges Misstrauen | |
| Gerade weil ich weiß, wie es sich anfühlt, wegen meiner Weltanschauung als | |
| Verbrecher behandelt zu werden, möchte ich das Verhalten anderer nicht nur | |
| deswegen kritisieren, weil es muslimisch ist. | |
| Empörungswellen gegen alles Muslimische führen nur zu gegenseitigem | |
| Misstrauen und verhindern aus meiner Sicht die notwendige | |
| Auseinandersetzung damit, wo Zusammenleben in Vielfalt tatsächlich bedroht | |
| wird. Das ist der Fall, wenn Moscheen in Deutschland von | |
| menschenfeindlichen Regimes bezahlt werden. | |
| 21 Oct 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Amed Sherwan | |
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