| # taz.de -- Cohn-Bendit-Film über Jüdischsein: Reise nach Israel | |
| > Die ARD zeigt die Doku „Wir sind alle deutsche Juden“. Der Laizist Daniel | |
| > Cohn-Bendit berichtet darin über den jüdischen Anteil seiner Biografie. | |
| Bild: Dany Cohn-Bendit in dem Dokumentarfilm „Wir sind alle deutsche Juden“ | |
| Dany Cohn-Bendits Eltern waren deutsche Juden. Sie flohen vor den Nazis | |
| 1933 nach Frankreich. Nach der Besetzung durch die Deutschen tauchten die | |
| Cohn-Bendits 1940 in Frankreich unter. Danys älterer Bruder Gaby wurde mit | |
| falschen Papieren in einer Pflegefamilie versteckt. Dany kam im Moment der | |
| Befreiung am 4. April 1945 im südwestfranzösischen Montauban zur Welt. | |
| Im Mai 1968 sollte er dann, inzwischen Vollwaise, als charmanter und | |
| charismatischer Sprecher der französischen Jugend berühmt werden. Um nur | |
| wenig später unter antisemitischem und nationalistischem Getöse aus | |
| Frankreich in die Bundesrepublik abgeschoben zu werden. Dort schloss sich | |
| Cohn-Bendit dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) an, war | |
| Sponti und wurde später ein prominenter Grüner. | |
| „Wir sind alle deutsche Juden“, skandierten seine Mitstreiter [1][auf den | |
| Straßen von Paris, als der „rote Dany“ 1968] ausgewiesen wurde. Diese | |
| Parole steht nun auch titelgebend für einen Dokumentarfilm, den Cohn-Bendit | |
| zusammen mit Niko Apel gedreht hat. „Wir sind alle deutsche Juden“ strahlt | |
| die ARD am 11. 10. aus und ist [2][bis dahin auch in der Mediathek | |
| abrufbar]. | |
| Die Doku gibt bewegende [3][Hinweise zu Cohn-Bendits Biografie]. Etwa wenn | |
| der heute 76-Jährige sich im Zwiegespräch mit dem Bildnis seiner 1963 | |
| verstorbenen „Maman“ Herta David befindet. Sie, eine Juristin aus Posen, | |
| pflegte im Gegensatz zum streng laizistischen Vater Erich einen eher | |
| selbstverständlichen Umgang mit dem Judentum. | |
| ## Misstrauen gegenüber Dogmen | |
| Der Film dokumentiert Cohn-Bendits Suche nach (und Wissen um) Zugehörigkeit | |
| bei gleichzeitigem Wunsch nach individueller Freiheit und sein radikales | |
| Misstrauen gegenüber allen großen nationalen oder religiösen Dogmen. | |
| Doch wie viel Judentum steckt nun in einem Laizisten wie Cohn-Bendit? Sein | |
| Bruder Gaby, der frühere Trotzkist, besteht darauf, sich unabhängig von der | |
| Herkunft komplett selbst zu definieren. Dany hält ihm den Satz des 1959 | |
| verstorbenen Vaters entgegen: Ich ging als Linker nach Frankreich und | |
| kehrte als Jude zurück. | |
| Die Geschichte verpflichtet und auch, was die anderen in dir sehen. | |
| Cohn-Bendit reist nach Israel, trifft Naomi Bubis, jüdische Auswanderer aus | |
| Frankreich oder Äthiopien, Kinder, Orthodoxe, Unorthodoxe, Militärs, | |
| Peacekeeper. Freunde. Seine Mutter schickte ihn einst als Teenager in ein | |
| Kibbuz nach Israel. Seine Suche ist nicht zu Ende. Und noch etwas wird | |
| deutlich: Auch die israelische Realität bietet wenig Erklärung für den | |
| wiederkehrenden Antisemitismus. | |
| 9 Oct 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Fanizadeh | |
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