Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Naturkatastrophe auf La Palma: Vulkan bedroht Inselwirtschaft
> Riesige Lavaströme wälzen sich auf der Kanareninsel La Palma gen Meer.
> Bananenbauern und Tourismus fürchten herbe Einbußen.
Bild: Ein Spektakel, das mindestens 400 Millionen Euro Schäden mit sich bringt
Madrid taz | Die Erntearbeiten in den Plantagen unterhalb der Cumbre Vieja
– dem alten Gipfel – laufen auf Hochtouren. Nachdem auf La Palma am Sonntag
vor einer Woche nach 50 Jahren Ruhepause ein neuer Vulkan ausgebrochen ist,
wälzen sich riesige Lavaströme Richtung Meer. Alles unterwegs wird
begraben: Häuser, Straßen und ganze Landgüter. Ein Wettlauf, um zu retten,
was noch zu retten ist.
Mittlerweile tritt an elf Stellen Lava aus. Der Hauptkrater ist am Samstag
teilweise eingestürzt. Es drohen Explosionen. Der Flugverkehr auf und von
der Insel wurde aufgrund der Aschewolken zeitweise eingestellt. Der
Lava-Hauptstrom hat an seiner Stirnseite eine Höhe von über 20 Metern.
[1][Fast 600 Immobilien und über 200 Hektar Land] waren bis zum Wochenende
verloren gegangen. 7.200 Menschen mussten bereits evakuiert werden. Viele
werden wohl alles verlieren. [2][La Palma] hat rund 83.000 Einwohner und
ist etwa 35 Kilometer lang und an der breitesten Stelle 20 Kilometer breit.
Sie ist damit die fünftgrößte der sieben Kanarischen Inseln im Atlantik vor
der Nordwestküste Afrikas.
Der neue Vulkan wird – so schätzen die Experten vor Ort – noch ein bis drei
Monate aktiv sein. Wenn die Lava tatsächlich dem vorhergesagten Weg zum
Meer folgt, werden laut Bauernverband COAG 292 Hektar Bananenstauden, 60
Weinberge und 92 Avocadoplantagen sowie 18 Viehfarmen dem Erdboden
gleichgemacht. Weitere 1.200 Hektar Anbaufläche dürften durch Hitze und
Asche schwere Schäden davontragen.
Doch damit nicht genug. Die Lavaflüsse werden schon bald 400 Hektar
Plantagen, auf denen jährlich 20.000 Tonnen Bananen geerntet werden,
isolieren. Die Bauern haben dann keinen Weg mehr zu ihren Feldern. Die Lava
hat bereits jetzt mehrere Straßen unterbrochen. Faktisch ist die Insel
dadurch in zwei Teile geteilt. Die Leute in den Gemeinden auf der anderen
Seite der Lavazunge müssen nun über die Gipfelregion im Landesinneren die
gesamte Insel durchqueren, um die andere Seite zu erreichen, wo viele
arbeiten. Das sind mehr als zwei Stunden mit dem Auto.
## Rund 10.000 Familien von Bananenabbau abhängig
Die Lavadecke wird etwa zehn Jahre brauchen, bevor sie völlig ausgekühlt
ist. Und dann kann dort nur wieder etwas angebaut werden, wenn Erde
aufgeschüttet wird. „Das ist das Aus für die Landwirtschaft in diesem
Gebiet“, erklärt Miguel Martín vom Landwirtschafts- und Viehzuchtverband
auf La Palma (Aspa).
La Palma ist mit 5.300 Produzenten die Bananeninsel der Kanaren
schlechthin. 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Insel wird durch die
relativ kleinen Bananen erwirtschaftet. Etwa 10.000 Familien sind direkt
vom Bananenanbau abhängig. Zu Erntezeiten arbeiten auf den Plantagen mehr
als 30 Prozent der Bevölkerung der umliegenden Gemeinden. Die
Hauptproduktionszeit läuft gerade an. Laut Statistiken der Inseluniversität
La Laguna machen Bananen 41 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen
Produktion auf La Palma aus. Auf der Insel wachsen 150.000 Tonnen Bananen
pro Jahr, ein Drittel der Gesamtmenge aller Kanaren.
Die Inselregierung geht bereits jetzt von einem Gesamtschaden von über 400
Millionen Euro aus. Das liegt auch am Tourismus, der anderen
Haupteinnahmequelle der Insel, die durch die Coronapandemie bereits
Probleme hatte. Zuletzt sind bis zu 300.000 Besucher im Jahr nach La Palma
gekommen. Der Westen der „schönen Insel“ – so die Tourismuswerbung – i…
jetzt Katastrophengebiet. Wo nun die Lava fließt, lud bislang einer der
Naturparks die Besucher zu langen Wanderungen durch die üppige Vegetation
der Berge ein, auch sie das Ergebnis einstiger vulkanischer Aktivität. Das
Gebiet, durch das der Hauptstrom der Lava fließt, verfügte über mehr als
hundert Landhäuser und kleine Komplexe mit Zimmern und Ferienwohnungen.
Etwa 5.000 Übernachtungsplätze dürften verloren gehen.
Während Schäden an Häusern und Pkws auch im Falle eines Vulkanausbruchs von
den Versicherungen abgedeckt sind, ist dies bei der Landwirtschaft nicht
so. Das erklärte der Versicherungsverband Agroseguro. Sowohl die Regierung
der Kanarischen Inseln als auch die Regierung in Madrid versprachen bereits
schnelle Hilfe. Die Regionalregierung will so leer stehende Häuser und
Wohnungen ankaufen, um diejenigen unterzubringen, die alles verloren haben.
Immerhin eine Politikerin zeigt sich optimistisch: „Der Ausbruch von La
Palma ist eine Touristenattraktion, die wir nutzen können“, erklärte die
spanische Tourismusministerin Reyes Maroto. Sie wolle dafür sorgen, dass
„Informationen bereitgestellt werden, damit Touristen auf die Insel reisen
und etwas noch nie Dagewesenes genießen können“. Sie stieß mit diesen
Aussagen bei der Inselbevölkerung allerdings auf Unverständnis – und musste
sich entschuldigen.
27 Sep 2021
## LINKS
[1] https://elpais.com/ciencia/2021-09-26/mapa-casa-a-casa-del-avance-del-volca…
[2] /Archiv-Suche/!5651731&s=la+palma&SuchRahmen=Print/
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Vulkane
Kanaren
Tourismus
Naturkatastrophe
Spanien
Vulkane
Spanien
Spanien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Insel La Palma nach Vulkanausbruch: Aufstieg aus der Asche
Auf der Kanaren-Insel La Palma warten ein Jahr nach dem Vulkanausbruch
Betroffene auf Hilfe. Wohnungen fehlen, weil viele Häuser zerstört wurden.
Nach dem Vulkanausbruch auf La Palma: Viel Gas, kaum Geld, wenig Geduld
Der Vulkan Cumbre Vieja ruht wieder. Zunächst gab es große
Hilfsbereitschaft für die Betroffenen, doch jetzt fürchten sie vergessen zu
werden.
Vulkan auf Kanareninsel La Palma: Er kommt nicht zur Ruhe
Es wird schlimmer statt besser: Der Vulkan auf der Insel La Palma speit
weiter Lava, Felsen und Asche. Portier Goyo Cordobés hat sein Haus
verloren.
Naturkatastrophe auf Insel La Palma: Wenn sich die Lava nähert
Auf der Kanaren-Insel La Palma droht ein Vulkan Wälder und Gebäude zu
vernichten. Goyo Cordobés schaut zu, wie die Zerstörung an sein Haus
heranrückt.
Vulkanausbruch auf La Palma: Warnung vor giftigen Gasen
Seit dem 19. September ist der Cumbre Vieja auf der spanischen Insel La
Palma aktiv. Jetzt hat der Lavastrom den Atlantik erreicht. Das kann
gefährlich werden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.