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# taz.de -- Der Preis für Veränderung: Als koste die Gegenwart nichts
> Im Wahlkampf wird ständig betont, wie teuer Veränderung sei, vor allem
> beim Klimaschutz. Aber im Leben kostet alles, auch gerade in diesem
> Moment.
Bild: Nicht billig: Löscharbeiten nach Waldbränden im Bundesstaat Washington …
Was das alles kostet. Wer das alles bezahlen soll. Teuer wird das, sehr,
sehr teuer. Und das kann doch niemand wollen, oder? Dass das Leben noch
mehr kostet als ohnehin schon. Der Wocheneinkauf. Der Sportverein. Die
Kleidung. Die Klassenfahrt. Die Krise. Das Auto. Das Benzin. Die
Medikamente. Der Urlaub. Die Versicherung. Der Kredit. Und der
Umweltschutz, besonders der Umweltschutz. Es kostet.
In Deutschland spricht man nicht gern über Geld, außer, man kann es
versprechen. Auf den letzten Wahlkampfmetern muss es um Entlastungen von
Belastungen gehen, Umfragewerte runter, Versprechungen rauf.
Journalist:innen fragen, wer das alles bezahlen soll und [1][Regierende
betonen, was Veränderung alles kostet], und dabei müssen sie so tun, als
koste die Gegenwart gar nichts. Jetzt sind wir schließlich bei null,
mindestens, und bei null ist man doch gern.
Null ist eingespielt, heimelig, mittig, gemütlich, unionig, grokoig, und
ja, das Leben kostet, aber bei einem Leben auf null kommt da wieder was
rein, wo woanders was weggenommen wurde, so gleicht sich alles aus und
Ausgeglichenheit ist Stabilität und Stabilität ist Sicherheit und
Sicherheit ist doch was Schönes, mit der null kriegen Sie Sicherheit gratis
dazu, buy one, get one free. Veränderung hingegen, die kostet. Mehr
Ausgaben als Einnahmen, rote Zahlen, rot wie der Kommunismus, rot wie
Gefahr. Veränderung kriegen Sie nicht geschenkt. Dieser Klimaschutz, der
kostet!
Das Leben geht nicht ohne Kosten. Eine Liste mit zwei Spalten, links die
Einnahmen (wenige Zeilen), rechts die Ausgaben (mehr Zeilen). Zahlen sind
lästig bis belastend bis beängstigend. Aber wer zahlt, ist eine wichtige
Frage. Schon sehr lange. Manche Kosten lassen sich nicht in Ziffern
übersetzen. Heben Sie Ihren kaputten Körper und ihre müde Seele nach 40
Jahren Arbeit ohne Wahlrecht hoch. Dann übersetzen Sie das in eine Zahl.
Hier etwas quetschen, da etwas feilen, was nicht passt, wird passend
gemacht.
## Wählen Sie Ihr Zahlungsmittel
Im Folgenden finden Sie einige zu verrechnende Positionen: 1 Die obersten
10 Prozent der deutschen Bevölkerung besitzen 67 Prozent des
Gesamtvermögens. 2 [2][Die Überlastung des Gesundheitssystems]. 3a
[3][Brennende Wälder]. 3b Brennende Meere (wissen Sie noch, als neulich das
Meer brannte?). 4 Die [4][verpasste (ups) Entnazifizierung]. 5 Die
„Verzicht ist immer doof“-Lüge. 6 Die „We love status quo“-Politik. 7 …
„Nach uns die Sintflut“-Haltung. 8 Das Belächeln der Klimakrise. 9 Das
Belächeln jugendlicher Wut. 10 Die Abwesenheit von Hoffnung.
Wie soll man das verrechnen? Was kostet das, wirklich? Und: Wer bezahlt
das, womit? Nicht später, sondern schon gestern, vorgestern, jetzt. Wählen
Sie Ihr Zahlungsmittel: bar oder mit Karte, Sofortüberweisung oder
Ratenzahlung. Wählen Sie Ihre Währung: Euro oder Lebensjahre. Sammeln Sie
Punkte? Unterm Strich wird das teuer, sehr. Das kann doch niemand wollen.
Im Folgenden noch eine zu verrechnende Position: 1 Das gute Leben, für
alle. Man kann fragen, was das kostet und wer bezahlen soll. Und: Was wäre
das wert?
15 Sep 2021
## LINKS
[1] https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/klimakrise-die-irrlehre-von-der-…
[2] /Folgen-der-Coronakrise/!5788021
[3] /Waldbraende-in-Russland/!5788509
[4] /Rechtsextreme-Polizisten/!5778512
## AUTOREN
Lin Hierse
## TAGS
Kolumne Poetical Correctness
Klima
Kosten
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Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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Schwerpunkt Rassismus
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