# taz.de -- Digitalisierung von Alltagserledigungen: Ältere Menschen überford… | |
> Die Senior:innenvertretung Bremen beklagt, dass Banken und Post für | |
> Ältere immer schwerer zugänglich werden. Sie wollen eine analoge | |
> Versorgung. | |
Bild: Analoger Kontakt bei Banken und Post: Senior:innen aus Bremen wünschen s… | |
Bremen taz | Probleme mit dem Geldautomaten, eine lange Schlange bei der | |
Post, Treppenstufen im Eingang der Paketstation im Tabakladen: | |
Senior:innen stehen im Alltag vor vielen Herausforderungen. Die | |
Senior:innenvertretung Bremen fordert deshalb ein „Recht auf analoge | |
Versorgung“. In einer Pressemitteilung schreibt der Interessenverband am | |
Montag, dass Senior:innen Probleme mit der Versorgung bei Banken und | |
Postfilialen hätten. Die ältere Generation brauche lebendige Menschen als | |
Ansprechpartner:innen. Diese könnten nicht durch Geldautomaten oder | |
künstliche Intelligenz ersetzt werden. | |
Auf taz-Nachfrage berichtet Michael Breidbach, Sprecher der | |
Senior:innenvertretung, von zahlreichen Beschwerden älterer | |
Stadtbewohner:innen. Dort, wo es persönliche Beratung noch gebe, müsste man | |
wegen der Unterversorgung lange in der Schlange stehen. Ältere Menschen, | |
die in den digitalen Medien nicht fit seien, fühlten sich abgehängt. | |
Für die Hamburgerin Dagmar Hirche ist das nichts Neues. Sie hat deshalb mit | |
ihrem Verein „Wege aus der Einsamkeit“ vielfältige Angebote entwickelt, die | |
Senior:innen beim Einstieg in den digitalen Raum unterstützen. Unter dem | |
Motto „Wir versilbern das Netz“ veranstaltet sie Schulungen und | |
Gesprächsrunden, nimmt Videos auf und hat ein Mutmachbuch geschrieben. | |
Zur Forderung der Bremer Senior:innenvertretung nach analoger | |
Versorgung sagt Hirche, dass die Wirtschaft sich nicht um einen Schritt | |
zurück ins Analoge kümmern werde: „Lebenslanges Lernen gehört heute dazu.�… | |
Darum fordert sie stattdessen digitale Sprechstunden „an jeder Ecke und in | |
jeder Nachbarschaft“. So könnten Senior:innen beim Einstieg in die | |
digitale Welt unterstützt werden. | |
Außerdem seien die Unternehmen dafür verantwortlich, kostenlose | |
Schulungsangebote für Senior:innen anzubieten und ihre Angebote | |
anwendungsfreundlich zu gestalten, sagt Hirche. Dazu gehöre auch eine | |
Erklärung der Begrifflichkeiten. Schon das Wort „Browser“ würden die | |
meisten nicht kennen. Hirche erklärt ihren Schützlingen den Browser als das | |
Taxi im Internet, das einen zum gewünschten Ziel bringt. Solche Analogien | |
seien hilfreich, um das Neue zu verstehen. | |
Niedrigschwellige Angebote sind wichtig, findet auch Joachim Schulte, | |
Sprecher des Fachbeirats „Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen“ | |
des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Er sagt, | |
jede:r solle Digitalisierung dort nutzen, wo es Sinn mache und möglich | |
sei. Man könne aber auch nicht von allen verlangen, dass sie schnelles | |
Internet hätten und sämtliche digitalen Dienste kennen. Menschen dürften | |
nicht ausgeschlossen werden. | |
## Analoge Nachfrage nach wie vor vorhanden | |
Dabei gibt Schulte auch zu bedenken, dass Menschen mit Sprachbarrieren oder | |
anderen Einschränkungen ebenfalls Schwierigkeiten mit digitalen Angeboten | |
hätten. Solange die Nachfrage nach analoger Beratung bestehe, müsse diese | |
auch verfügbar sein. | |
Hauptberuflich ist Schulte stellvertretender Geschäftsführer des Vereins | |
„Deutschland sicher im Netz“. Gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft | |
der Seniorenorganisationen hat der Verein den Digital-Kompass entwickelt. | |
Bundesweit entstehen dabei 100 Treffpunkte, an denen ältere Menschen | |
beraten werden. Die Internetlots:innen vor Ort seien ebenfalls über | |
60, weil es ein besseres Vorbild sei, wenn man sich gegenseitig hilft, so | |
Schulte. | |
Um auch Senior:innen im ländlichen Raum besser zu erreichen, gebe es | |
außerdem den „Digitalen Engel“. Das sei ein Bus, der als mobiles Angebot in | |
die Dörfer fahre und ein erstes Kennenlernen mit dem Internet ermögliche. | |
Ziel des „Engels“ sei es, neugierig zu machen und auf bestehende | |
Anlaufstellen hinzuweisen. | |
Angebote zur Einführung in die digitale Welt soll es in Zukunft | |
flächendeckend geben. Michael Breidbach von der Bremer | |
Senior:innenvertretung bezweifelt aber, dass die Angebote ausreichen. | |
Es brauche dauerhafte Ansprechpartner:innen. | |
30 Sep 2021 | |
## AUTOREN | |
Carla Geiger | |
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