# taz.de -- Studie zum Alltag HIV-Infizierter: Die Diskriminierung hält an | |
> Ein gutes Leben mit HIV ist möglich, sagt die Deutsche Aidshilfe. Doch | |
> der Umgang mit den Betroffenen hinkt der medizinischen Entwicklung | |
> hinterher. | |
Bild: Noch immer können viele nicht offen mit ihrer HIV-Infektion umgehen | |
Berlin epd | Menschen mit der Immunschwäche HIV leiden einer Studie zufolge | |
weniger an der Krankheit selbst als vielmehr an Vorurteilen und | |
Diskriminierung. Auf der Grundlage von zwei Umfragen veröffentlichten die | |
Deutsche Aidshilfe (DAH) und das Jenaer Institut für Demokratie und | |
Zivilgesellschaft (IDZ) am Freitag in Berlin eine entsprechende Studie. | |
Danach bejahten 90 Prozent der Befragten die Aussage, dass sie [1][gut mit | |
ihrer HIV-Infektion leben] können. Drei Viertel der Befragten erklärten, | |
dank guter Therapiemöglichkeiten gesundheitlich nicht oder nur wenig | |
eingeschränkt zu sein. | |
Zugleich berichteten fast alle Befragten (95 Prozent) von mindestens einer | |
diskriminierenden Erfahrung in den vergangenen zwölf Monaten aufgrund von | |
HIV. Etwa die Hälfte (52 Prozent) gab an, durch Vorurteile bezüglich der | |
HIV-Infektion im Leben beeinträchtigt zu sein. | |
Für die Studie mit dem Titel „positive stimmen 2.0“ wurden zwischen Mai | |
2020 und Januar dieses Jahres 450 HIV-positive Menschen persönlich sowie | |
935 Menschen mit HIV zwischen Juni und Oktober 2020 online befragt. Dabei | |
sei auch deutlich geworden, dass Diskriminierung nach wie vor besonders | |
häufig im Gesundheitswesen vorkomme. | |
56 Prozent der online Befragten machten den Angaben zufolge in den | |
vergangenen zwölf Monaten mindestens eine entsprechende negative Erfahrung. | |
16 Prozent berichten etwa, dass ihnen mindestens einmal eine zahnärztliche | |
Versorgung verweigert wurde. Acht Prozent passierte dies bei allgemeinen | |
Gesundheitsleistungen. | |
„Menschen mit HIV können heute leben, lieben und arbeiten wie alle | |
anderen“, erklärte Matthias Kuske, Projektkoordinator bei der DAH, bei der | |
Präsentation der Studienergebnisse. Schwerer als die gesundheitlichen | |
Folgen der HIV-Infektion seien für viele [2][die sozialen Folgen]: „Die | |
gesellschaftliche Entwicklung ist langsamer als die medizinische.“ | |
Menschen mit HIV anders zu behandeln als andere sei völlig unnötig und klar | |
diskriminierend. „Die üblichen Hygienemaßnahmen reichen völlig aus. Unter | |
Therapie ist HIV ohnehin nicht mehr übertragbar“, so Kuske. | |
## Viele verheimlichen ihre Infektion | |
Folgen der Stigmatisierung seien unter anderem, dass Betroffene in vielen | |
Lebensbereichen, etwa im Arbeitsleben, ihre Infektion verheimlichen würden. | |
Dies habe zudem zur Folge, dass sich Befragte schuldig fühlten und dafür | |
schämten, HIV-positiv zu sein. Auf der anderen Seite gaben Befragte an, | |
dass es mit der Zeit einfacher geworden sei, den HIV-Status offenzulegen. | |
Zu den Forderungen der Aidshilfe zählt unter anderem eine sachgerechte | |
Darstellung des Lebens mit HIV in den Medien und die Wahrung des Daten- und | |
Persönlichkeitsschutzes im Gesundheitswesen. | |
„Unsere Untersuchung zeigt klar, dass HIV in unserer Gesellschaft weiterhin | |
mit einem Stigma verbunden ist.“ Nötig sei deshalb eine verstärkte | |
Aufklärung der Bevölkerung zu den positiven Folgen der HIV-Therapie, | |
erklärte Sozialpsychologin Janine Dieckmann, wissenschaftliche | |
Projektleiterin beim IDZ. | |
10 Sep 2021 | |
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