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# taz.de -- Grüne in Frankreich: Ökofeministin kontra Pragmatiker
> Zwei mögliche Präsidentschaftskandidat*innen sind im Rennen: Der
> machtbewusste Jadot und die kämpferische Rousseau stehen für zwei
> Richtungen.
Bild: Sandrine Rousseau (l.) und Yannick Jadot
Paris taz | Wer soll für die [1][französischen Grünen] Europe Ecologie Les
Verts (EELV) im April 2022 bei den Präsidentschaftswahlen kandidieren? Mehr
als 122.000 Personen, unter ihnen eine Minderheit von Parteimitgliedern,
hatten an den Vorwahlen teilgenommen. Das Ergebnis der ersten Runde ist
nicht nur laut der französische Zeitung Libération eine
„Riesenüberraschung“: Der Europaabgeordnete Yannick Jadot, der als klarer
Favorit gehandelt wurde, liegt mit 27,7 Prozent nur gerade 2,5 Punkte vor
der Zweitplatzierten Sandrine Rousseau (25,14 Prozent).
Beim zweiten Wahlgang am Wochenende kommt es zu einer Entscheidung zwischen
zwei sehr verschiedenen Persönlichkeiten mit klar unterschiedlichen
Vorstellungen von Politik und Gesellschaft. Die Ähnlichkeit mit der
Konfrontation „Realos“ und „Fundis“ ist kein Zufall.
Der 54-jährige ehemalige Greenpeace-Leiter Yannick Jadot ist eine eher
imposante Erscheinung: Er sitzt seit 2009 im Europaparlament bringt und
eine lange Erfahrung aus der NGO-Arbeit mit. Mit seiner „pragmatischen“
Linie betrachtet er sich als „gemeinsamer Nenner“ der vielen Tendenzen. Zur
Umsetzung seiner Ideen strebt er die Regierungsverantwortung an: „Um
vorwärtszukommen, müssen wir die Macht erobern.“
Seinen internen Kritikern, die ihm vorwerfen, nicht genügend „radikal“ zu
sein, hat er beschieden: „Radikal ist die Realität des Landes, der
Klimawandel, das Verschwinden der Biodiversität. Meine Radikalität besteht
darin, die Präsidentschaftswahlen zu gewinnen.“ [2][Schon vor fünf Jahren
war er bei einer internen Vorausscheidung als Präsidentschaftskandidat
auserkoren worden,] dann hatte er aber zu Gunsten des Sozialisten Benoît
Hamon seine Kandidatur zurückgezogen.
Das ist nur einer der Gründe, weshalb er an der Basis seiner Partei nicht
besonders beliebt ist. Noch im Frühling hatte er mit den Sozialisten und
anderen Linksparteien Verhandlungen über eine gemeinsame Kandidatur
geführt, als diese kläglich scheiterten, kündigte er eigenmächtig seine
Bewerbung an.
Die 49-jährige Sandrine Rousseau, Wirtschaftswissenschaftlerin und
Vizepräsidentin der Uni Lille, trat als Außenseiterin an, vermochte sich
aber im Verlauf der Debatten als Linke und kämpferische Ökofeministin so
gut zu profilieren, dass der eine ähnliche Linie fahrende Mitbewerber,
Grenobles Bürgermeister Eric Piolle, etwas verblasste.
Rousseaus Plus in der Vorausscheidung war der Kampf gegen sexistische
Gewalt und Diskriminierung. „Ökologie ist nicht ein weißer Mann auf einem
Fahrrad in der Stadt“, spottet sie über ein Klischee des Grünen. „Es gibt
keine weitreichende Veränderung ohne grundlegende Änderung der
Machtstruktur, die heute von Männern dominiert ist, und das ist ein Teil
des Problems.“
Radikal nennt sie selber ihre Vorstellungen einer institutionellen Reform,
mit der die heute übermäßigen Befugnisse des Staatschefs zu Gunsten des
Parlaments und der lokalen Versammlungen verringert werden müssten. Sie
fordert ein Minimaleinkommen, eine scharfe CO2-Besteuerung und den Ausstieg
aus der Atomkraft. Sie warnt: Nicht alle Maßnahmen, die sie als Präsidentin
ergreifen möchte, würden „besonders angenehm“.
Die rechten Gegner haben sie bereits zu ihrer Lieblingsfeindin erkoren,
weil sie der Meinung sind, eine solche „Extremistin“ oder „grüne Khmer“
könne den Wahlchancen von EELV nur abträglich sein. Der Abgeordnete des
rechten RN, Sébastien Chénu, prahlte schon damit, er habe sich wie andere
Rechtsextreme mit einer Stimme für Rousseau an den grünen Vorwahlen
beteiligt.
21 Sep 2021
## LINKS
[1] /Neue-Buergermeister-nach-Kommunalwahl/!5693859
[2] /Praesidentschaftswahl-in-Frankreich/!5383946
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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Schwerpunkt Frankreich
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