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# taz.de -- Ankündigung von Staatschef: China stellt die Verteilungsfrage
> Chinas Staatschef Xi Jinping will die Einkommensungleichheit lindern.
> Doch konkrete Maßnahmen bleiben bislang offen.
Bild: Yacht-Ausstellung im Hafen von Qingdao
Peking taz | Wer in Chinas Ostküstenmetropolen „exzessiven“ Reichtum finden
möchte, muss nicht lange suchen: In Pekings Ausgehmeile Sanlitun stauen
sich die Ferraris, und vor der luxuriösen IFC Mall in Shanghai stehen die
Kunden vor Chanel- und Louis-Vuitton-Boutiquen Schlange.
Leicht lässt sich bei all den futuristischen Skylines der großen Städte
vergessen, woran Premier Li Keqiang im letzten Mai in einer Rede erinnert
hat: dass nach wie vor 600 Millionen Chinesen von weniger als 1.000 RMB im
Monat leben. Das sind in etwa 130 Euro.
Dass sich das bald ändern soll, daran ließ Staatschef Xi Jinping in seiner
ökonomischen Grundsatzrede von Dienstag keinen Zweifel. Darin versprach Xi,
„exzessiv hohe Einkommen“ zu beschneiden und reiche Unternehmen dazu zu
„ermutigen, mehr an die Gesellschaft zurückzugeben“. In anderen Worten:
Chinas Staatsführung stellt die Umverteilungsfrage.
Das ist nur eine logische Konsequenz. Denn als Chinas Reformer Deng
Xiaoping das Land Anfang der 1980er Jahre wirtschaftlich öffnete, lautete
sein Credo, dass die Partei es einigen Leuten erlauben müsse, „zuerst reich
zu werden“. Nun möchte Chinas amtierender Staatschef Xi dafür sorgen, dass
auch der Rest der Bevölkerung stärker vom neu gewonnenen Wohlstand
profitiert. Ein Blick auf die Statistiken ist ernüchternd: [1][Die
Einkommensungleichheit in China] ist etwa vergleichbar mit der in den
Vereinigten Staaten und deutlich größer als jene in den meisten
mitteleuropäischen Staaten.
Mit 100 Milliardären leben in Peking so viele Superreiche wie in keiner
anderen Stadt der Welt. Laut Angaben der Credit Suisse besitzt das reichste
Prozent der Chinesinnen und Chinesen mehr als 30,6 Prozent des gesamten
Wohlstands. Im Nachbarland Japan sind es lediglich 18,2 Prozent.
## Wachstum reicht nicht
Lange Jahre hat [2][Chinas Staatsführun]g vor allem auf möglichst kräftiges
Wachstum gesetzt. Doch unter Xi Jinping propagiert die Regierung nun eine
neue Entwicklungsstufe, in der es weniger um bloße Kommastellen des
Bruttoinlandprodukts geht als um die Frage, inwiefern die Gesellschaft
davon profitiert. Die KP wünscht sich also mehr qualitatives statt rein
quantitatives Wachstum.
Doch konkrete Maßnahmen ist Xi Jinping in seiner Rede bisher schuldig
geblieben. Die medialen Debatten der letzten Monate legen jedoch nahe, dass
China eine Immobiliensteuer sowie Abfuhren auf Gewinne am Aktienmarkt
einführen dürfte.
Dass Xi ausgerechnet jetzt die Gerechtigkeitsfrage anspricht, hat natürlich
auch politisches Kalkül. Der 68-Jährige, der sich de facto als Machthaber
auf Lebenszeit ernannt hat, wird 2022 wohl als erster Staatschef seit Mao
Zedong seine dritte Amtszeit antreten. Xi ist bei den Unternehmereliten
verhasst, während er beim einfachen Volk große Beliebtheit genießt – vor
allem aufgrund seines Kampfs gegen Korruption. Auch die harschen Töne gegen
die reichen Eliten des Landes dürften bei den meisten Chinesen auf offene
Ohren stoßen.
19 Aug 2021
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## AUTOREN
Fabian Kretschmer
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China
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