# taz.de -- Vermietung als Marketingcoup: Die Werbewirkung ist unbezahlbar | |
> Die Deutsche Wohnen poliert ihr Image und rettet eine von Verdrängung | |
> bedrohte Kreuzberger Buchhandlung. Zum Samariter wird sie deshalb aber | |
> nicht. | |
Bild: Protest gegen die drohende Räumung der Buchhandlung Kisch & Co. im April… | |
Der folgende Text ist keine Werbeanzeige, trägt aber einer gelungenen | |
Marketingaktion der Deutsche Wohnen Rechnung – da führt nichts dran vorbei. | |
Schon im Mai wandte sich der Konzern an den vor der Zwangsräumung stehenden | |
Eigentümer des Buchladens [1][Kisch & Co.] in der Oranienstraße, um ihm ein | |
neues Domizil anzubieten. | |
Aus dem Angebot wurde ein Vertrag. Sechs Häuser neben dem alten Standort | |
kann Thorsten Willenbrock, der seine bisherigen Räumlichkeiten diese Woche | |
abgeben musste, ab September wieder Bücher verkaufen – und das zu durchaus | |
tragbaren Mietkonditionen. | |
Die Deutsche Wohnen, deren [2][Image in der Stadt] kaum besser ist als das | |
eines Sklavenhändlers, hat die Chance genutzt, ihren ramponierten Ruf | |
aufzupolieren und damit indirekt dem Enteignungs-Volksbegehren etwas | |
entgegenzusetzen. Dafür, dass der Aktienkonzern nun quer durch die | |
Medienlandschaft als Retter eines Kulturstandortes erscheint, musste er nur | |
darauf verzichten, aus einem kleinen Ladenlokal das Maximum | |
herauszupressen. | |
Kisch & Co. erhält einen Staffelmietvertrag über elf Jahre und zahlt | |
zunächst weniger als der Modeladen, der die Räume vorher innehatte. Für die | |
Deutsche Wohnen bedeutet das Peanuts. Die Werbewirkung aber ist | |
unbezahlbar. | |
Buchhändler Willenbrock ist sich dessen bewusst, dass die Deutsche Wohnen | |
ihm den neuen Laden zu Marketingzwecken vermietet, aber was soll’s: | |
Nachvollziehbarerweise ergreift ein kleiner Einzelhändler den einzigen | |
Strohhalm, der sich bietet. Selbstverständlich bleibt aber auch: Die | |
Deutsche Wohnen ist kein Samariter, kein sozialer Vermieter, sondern auf | |
Maximalprofit getrimmt. Viele andere ihrer Gewerbemieter*innen müssen | |
darunter leiden. | |
Gleichzeitig ist der Konzern zwar [3][der größte, aber nicht der | |
schlimmste] Vermieter der Stadt. Einer, der immerhin greifbar ist, anders | |
als der luxemburgische Fonds, der Willenbrock vertrieben hat und | |
ausschließlich über Anwälte kommunizieren ließ. | |
Kisch & Co. hat die Debatte über das fehlende Gewerbemietrecht | |
vorangetrieben. 200 Menschen haben den Laden am Dienstag bei der | |
Schlüsselübergabe an den Gerichtsvollzieher verabschiedet. Fans von | |
privaten Vermietungskonzernen wird – trotz des schlauen Moves der Deutschen | |
Wohnen – keiner mehr. Dafür gibt es auch keinen Grund. | |
27 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Buchhandlung-Kisch--Co/!5795061 | |
[2] https://www.dwenteignen.de/ | |
[3] /Vonovia-und-Deutsche-Wohnen/!5771354 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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