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# taz.de -- Serie bei Disney+: Nachbarschaftshilfe am Mikro
> In der TV-Serie „Only Murders in the Building“ mit Steve Martin nehmen
> New Yorker einen True-Crime-Podcast auf. Es geht um den Tod eines
> Nachbarn.
Bild: Mabel (S. Gomez), Oliver (M. Short) und Charles (S. Martin) versuchen sic…
„Wir sollten unbedingt unseren eigenen Podcast machen!“ Auf der Liste der
Sätze, die man dieser Tage eigentlich nicht mehr aus den Mündern älterer
weißer Männer hören möchte, steht dieser ganz weit oben. Da hilft es kaum,
wenn sie noch um eine deutlich jüngere Frau ergänzt werden. Doch siehe da:
Im Fall von „Only Murders in the Building“ ergibt genau diese Prämisse den
Stoff für eine unerwartet charmante Serie.
Charles-Haden Savage (Steve Martin) ist ein Schauspieler, der vor
Jahrzehnten lange die Titelrolle in der erfolgreichen Polizeiserie
„Brazzos“ und seither eigentlich kaum noch etwas spielte. Oliver Putnam
(Martin Short) hat seine halbwegs großen Tage als Broadway-Produzent längst
hinter sich und entsprechend viele Schulden. Und Mabel Mora (Selena Gomez),
noch jung genug, um ziellos zu sein, erwägt eine Designkarriere und
renoviert erst einmal das Apartment ihrer reichen Tante.
Alle drei leben im gleichen Gebäude, dem (fiktiven) Arconia Building an der
gediegenen Upper West Side in Manhattan, das immerhin exklusiv genug ist,
dass sogar Sting hier eine Wohnung hat. Hin und wieder begegnet man sich im
Fahrstuhl, doch weiter gehen der nachbarschaftliche Kontakt und die
Gemeinsamkeiten nicht. Wäre da nicht die Vorliebe für den
[1][True-Crime-Podcast] „All Is Not Okay in Oklahoma“, dem alle drei mit
Eifer jede Woche lauschen, was sie feststellen, als eines Abends das ganze
Haus wegen eines Feueralarms evakuiert werden muss.
Und weil ausgerechnet in jener Nacht im Arconia ein junger Mann erschossen
aufgefunden wird und die Suizidtheorie der Polizei die drei nicht
überzeugt, beschließt das ungleiche Trio, in dem Fall an der Sache zu
bleiben – und sich selbst an einem Podcast zu versuchen, der womöglich zur
Aufklärung beiträgt.
Wer hat Tim Kono umgebracht? Diese Frage steht im Mittelpunkt sowohl des
laienhaft produzierten Podcasts „Only Murders in the Building“ als auch der
gleichnamigen Serie, in deren Zentrum er nun steht. Das Thrillerelement ist
in den zehn halbstündigen Folgen (jeden Freitag gibt es bei Disney+ eine
neue zu sehen) trotzdem nur eines von vielen.
## An Insider-Gags mangelt es nicht
Mindestens so sehr ist „Only Murders in the Building“ auch Komödie,
gleichermaßen Parodie von und wohlwollende Hommage an das boomende
True-Crime-Genre (und seine Fans), eine Abhandlung über Einsamkeit in New
York und natürlich auch Star-Vehikel.
Steve Martin, immer noch einer der großen Humoristen unserer Zeit, hat sich
die Serie gemeinsam mit John Hoffman („Grace and Frankie“) ausgedacht und
sich sowie seinem langjährigen Wegbegleiter Martin Short („Vater der
Braut“) auf den Leib geschrieben. Gomez ist ihrerseits als Produzentin
beteiligt.
Wie gut die Kombination aus den beiden Comedy-Veteranen und der jungen
Kollegin funktioniert, ist hier nicht die einzige Überraschung. Auch die
Leichtfüßigkeit der Serie ist erfreulich: Gags über Generationsunterschiede
oder die Trostlosigkeit von Long Island hätten schnell piefig wirken
können, doch gepaart mit Martins trockenem Humor, popkulturellen
Insider-Gags und wunderbaren Nebendarsteller*innen wie Nathan Lane,
Amy Ryan oder Da’Vine Joy Randolph, kommt „Only Murders in the Building“
auf kurzweilige Weise gleichermaßen frisch wie liebevoll altmodisch daher.
Nicht zuletzt, wenn man mit dieser Welt aus Verweisen an die Melancholie
[2][Woody Allens], den romantischen Witz Nora Ephrons und die Stilisierung
langer New-Yorker-Geschichten noch mehr anfangen kann als mit den Podcasts
alter weißer Männer.
1 Sep 2021
## LINKS
[1] https://www.spiegel.de/kultur/genre-true-crime-boulevard-fuer-besserverdien…
[2] /Debatte-Sexismus-in-Hollywood/!5453957
## AUTOREN
Patrick Heidmann
## TAGS
Disney
True Crime
Rezension
True Crime
True Crime
Doku
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