# taz.de -- Hommage an Medienunternehmer Leo Kirch: 25 Jahre digital | |
> 1996 feierte der erste TV-Sender im Netz Premiere: DF 1. Der Filmhändler | |
> Leo Kirch erkannte schon früh das Potential des Digitalen. | |
Bild: Leo Kirch hatte 1996 gute Gründe zu lachen: Sein digitaler TV-Sender DF … | |
Heute also mal eine Lobhudelei für Leo Kirch, den alten Sack. Wohl keiner | |
hat die Medien in Deutschland so nachhaltig geprägt und teilweise auch im | |
Griff gehabt wie der überhaupt nicht nach Medienmogul aussehende | |
Filmhändler. Dagegen ist selbst Axel Springer zweite Wahl. Zumal Kirch zu | |
seinen Hochzeiten auch fast das Sagen bei Springer gehabt hätte. Natürlich | |
erst, als Axel (1912–1985) nicht mehr lebte. Kirch (1926–2011) ist nun auch | |
längst tot und sein Name nirgends mehr präsent. | |
Aber was er im Guten wie im Schlechten geschaffen hat, konsumieren viele | |
von uns mehr als 180 Minuten am Tag. Denn Kirch setzte schon immer auf TV, | |
während [1][Springers Bild erst diesen August zum Sender wird]. Digital, | |
versteht sich. Aber Kirch hat bereits vor 25 Jahren mit dem digitalen | |
Fernsehen ernst gemacht. Deutschlands erstes Digitalfernsehen hieß schlicht | |
DF 1 und war auch schon am 28. Juli 1996, also vor 30 Jahren, als | |
Mehrkanalkunstwerk aufgestellt. | |
Heute nennt sich so was Plattform. Es gab eigene Kanäle für Sport, mehrere | |
Kategorien Film, Comedy, ein bisschen News und soft- bis mittelharte | |
Pornos. Wobei Kirch immer Erotik gesagt hat, mit fränkischem Unterton. | |
Dabei waren schon Angebote von BBC und Discovery und Spielfilmhighlights | |
auf Abruf. So was heißt heute [2][Netflix]. | |
Wo bleibt das Negative? Hier! Zwar wurde aus DF 1 ab 1999 Premiere World, | |
doch das nützte nichts. Weil in den 1990ern immer mehr | |
öffentlich-rechtliche (Arte, aber 3sat, KiKA, Phoenix) und private | |
Free-TV-Sender an den Start gingen, hatte Pay-TV keine Chance. Außerdem | |
leistete sich Kirch so allmächtige wie inkompatible Fantasien, weshalb | |
Journalistik-Studierende damals Ausdrücke wie „proprietäres System“ lernen | |
mussten. | |
Kirchs Digitalfernsehen funktionierte nämlich nur mit der d-box, einem | |
Digitalreceiver, der sich mit nichts und niemandem vertrug. Das wäre | |
vielleicht noch zu verschmerzen gewesen, doch die ersten Generationen der | |
d-box waren extrem gestört. | |
Als kreative Alternativnutzung funktionierte Anfang der 2000er die d-box | |
als indirekte Beleuchtung. An kalten Tagen funktionierte der sehr schnell | |
und warm werdende schwarze Kasten auch prima als Heizlüfter. Kirch | |
schröpfte seinen Medienkonzern mit seinem defizitären Pay-Abenteuer und | |
ging 2002 dann mit 6,5 Milliarden Euro Schulden Pleite. Aber das | |
Digitalfernsehen ist da und lebt. | |
Allerdings bieten die Mediatheken von [3][ARD und ZDF] nur schnödes SD, | |
weshalb die Mitbewohnerin mit ihren voll kompatiblen Qualitätsansprüchen | |
„Sundays for Future“ fordert: Always Ultra-HD für alle, nicht nur zur | |
Primtime. Leo Kirch hätte das verstanden. Weshalb wir jetzt alle unsere | |
Smartphones zücken und ihm mit der digitalen Lampe ein Lichtlein leuchten | |
lassen. | |
29 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.horizont.net/medien/nachrichten/boulevardmarke-spinger-erhaelt-… | |
[2] /Der-amerikanische-Modemacher-Halston/!5775704 | |
[3] /Oeffentlich-rechtliches-Fernsehen/!5760211 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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