# taz.de -- Seltene Schmetterlingsart in Südtirol: Wehrlis Gletscherspanner zu… | |
> Nach 86 Jahren wurde ein Exemplar eines verschollen geglaubten Falters in | |
> den Alpen wiederentdeckt. Forscher:innen sind im Glück. | |
Bild: Nach Jahrzehnten wieder zurück in den Alpen: der Wehrlis Gletscherspanner | |
BERLIN taz | Mehr als 80 Jahre galt er als verschollen, nun ist er wieder | |
da: Ein Exemplar von [1][Wehrlis Gletscherspanner] hat sich im Südtiroler | |
Nationalpark Stilfserjoch einer Gruppe von | |
Schmetterlingsforscher:innen aus Deutschland, Österreich und der | |
Schweiz gezeigt. Die sind überglücklich, mussten sie doch bislang davon | |
ausgehen, dass der seltene Falter der Erderwärmung zum Opfer gefallen ist. | |
Doch wie konnte der Schmetterling überhaupt verschwinden? Wahrscheinlich, | |
weil er nie so richtig da war: Bis vor Kurzem war er ohnehin nur einige | |
Male in Südtirol dokumentiert worden – das war 1914 und 1935. In der | |
Schweiz wurde er im Juli 1918 auch gesichtet: Ein gewisser Eugen Wehrli aus | |
Basel konnte damals einige Exemplare auf 3.400 Meter Höhe am Zermatter | |
Mettelhorn fangen. „Zu Ehren des Entdeckers“ nannte der renommierte | |
Schweizer Entomologe Karl Vorbrodt die Art dann „Psodos wehrlii“ – Wehrlis | |
Gletscherspanner. | |
Seit 2004 begannen Wissenschaftler:innen wieder verstärkt nach dem | |
verschollenen Schmetterling zu suchen. Einer von ihnen ist Robert Trusch | |
vom Naturkundemuseum Karlsruhe: „Mir ist ein riesiger Mühlstein vom Hals | |
gefallen, als wir ihn endlich gefunden haben“, erzählt Trusch der taz. | |
„Seit Langem haben wir vergeblich gesucht. Aber an diesem einen Morgen, als | |
uns die Bergwacht hochgefahren hat, ist ein Kollege am Rand eines | |
Schneefelds fündig geworden“, so der Insektologe begeistert. | |
## Der Gletscherspanner liebt die Kälte | |
Wehrlis Gletscherspanner mag es kalt. „Psodos wehrlii ist die einzige | |
exklusiv eunivale Schmetterlingsart der Alpen, die wir kennen“, erklärt | |
Trusch. Exklusiv eunival – das heißt, dass der Falter ausschließlich in der | |
Schneeregion des Gebirges lebt und sich dort fortpflanzt. Das macht ihn | |
besonders, denn dort oben im Gebirge gibt es nur wenige Wochen im Jahr, in | |
denen es nicht friert. | |
Um das raue Klima zu überleben, haben die Gletscherspanner einige Tricks: | |
„Sie fliegen ganz eng über dem Boden, etwa fünf Zentimeter über dem | |
Schotter. Dort ist es windgeschützt und etwas wärmer“, hat Trusch | |
beobachtet. Von allen Arten der Gletscherspanner – die alle pelzig und | |
schwarz sind – ist Wehrlis Gletscherspanner zudem der schwärzeste. Auch das | |
hält warm. | |
Trotzdem drängt sich eine Frage auf: Wovon lebt dieses zierliche Tier da | |
oben in der Eis- und Geröllwüste? Robert Trusch berichtet: „Auf den ersten | |
Blick denkt man, man ist in Grönland. Aber auf den zweiten Blick sieht man: | |
In den Spalten und Rissen wachsen Pflanzen – Steinbrechgewächse, | |
Gletscher-Hahnenfuß. Wir vermuten, dass Psodos wehrlii vor allem von dem | |
Steinbrech lebt.“ | |
Generell ist noch wenig über die lange vermisste Spezies bekannt – etwa wie | |
lange die Entwicklung vom Ei zum Falter dauert. Das will die | |
Forschungsgruppe nun herausfinden. Für den Schmetterlingsforscher Trusch | |
ist auch klar: Es ist eine sehr gute Nachricht, dass diese Art nicht | |
ausgestorben ist. Aber: „Sicher ist der da oben nicht mehr, wenn das so | |
weitergeht mit der Erderhitzung.“ | |
15 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] http://lepiforum.org/wiki/page/Psodos_wehrlii | |
## AUTOREN | |
Hanno Fleckenstein | |
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