# taz.de -- Siegerentwurf für Mühlendammbrücke: Zeitgenössisch gerundet | |
> Die neue Mühlendammbrücke soll verkehrswendegerecht sein – und etwas | |
> hermachen. So richtig deutlich wird der Unterschied aber noch nicht. | |
Breit, flach und grau überspannt sie die Spree, die Mühlendammbrücke unweit | |
des Nikolaiviertels. MobilitätsaktivistInnen schelten das täglich von | |
Zigtausenden Autos überquerte Bauwerk schon lange als Quasi-Autobahn – aber | |
nicht deshalb will die Verkehrsverwaltung sie bis 2028 neu bauen lassen: | |
Der Spannbeton ist marode, und eine Notsperrung wie im Fall der Treptower | |
Elsenbrücke will man hier unbedingt vermeiden. | |
Seit die Pläne bekannt wurden, gab es eine Menge Zoff, vor allem zwischen | |
Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) und dem Stadtrat von Mitte, | |
Ephraim Gothe (SPD). Gothe wollte – wie viele BürgerInnen – eine viel | |
schmalere Brücke, die – neben der geplanten Tram vom Alex zum Potsdamer | |
Platz – nur noch Raum für eine einzige Kfz-Spur bieten sollte. Vom Verein | |
Changing Cities kam die Anregung, wie vor dem Krieg ein Gebäude auf die | |
neue Brücke zu setzen, am besten ein BürgerInnenforum. | |
All das war mit der Senatsverwaltung nicht zu machen, weil sie ein neues | |
Planfeststellungsverfahren vermeiden wollte. Der Kompromiss: Die Maße | |
ändern sich nur wenig, anfangs fahren die Autos noch zweispurig pro | |
Richtung, je eine Spur wird nach Inbetriebnahme der Tram und der erwarteten | |
Abnahme des Kfz-Verkehrs später zurückgebaut. Die Verwaltung lobte ein | |
„europaweites, nichtoffenes Wettbewerbsverfahren“ aus, um auch etwas | |
Schickes an dieser Stelle bauen zu können. | |
Nun steht der Siegerentwurf fest: Er stammt vom Berliner Ingenieurbüro Arup | |
Deutschland GmbH und den Architekten von COBE A/S aus Kopenhagen. Letzterer | |
ist vielversprechend, denn die dänische Hauptstadt steht für smarte | |
zeitgenössische Architektur und mutige Verkehrslösungen. Senatorin Günther | |
findet denn auch, dass der Entwurf „ästhetisch und funktional überzeugt“. | |
Man werde „eine Brücke für die Berliner Mobilitätswende“ bauen, die sich | |
„durch ihre ansprechende Gestaltung in die historische Mitte Berlins | |
einfügt und an dieser Stelle über der Spree eine ganz neue | |
Aufenthaltsqualität bietet“. | |
## Kühne Schwünge | |
COBE hat ausweislich seines Portfolios im Netz tatsächlich schon | |
Beeindruckendes gebaut, kühn geschwungene Bahnhöfe oder ein futuristisches | |
Hochhaus aus einem alten Getreidesilo im Kopenhagener Nordhavn, allerdings | |
auch wenig funktionales Stadtmobiliar entwickelt wie stahlglänzende | |
Fahrradständer, an die man nur das Vorderrad anschließen kann | |
(„Felgenbrecher“ nennt man so was hier). | |
Und die neue Mühlendammbrücke? Die kommt formensprachlich, wenn die ersten | |
Bilder nicht täuschen, nur durch eine leicht konkave Rundung und ein paar | |
Sitzstufen am Rand in der Gegenwart an (dass sie mehr Platz für Radfahrende | |
und FußgängerInnen bietet, war der Auftrag und versteht sich von selbst). | |
In erster Linie bleibt sie, was sie war: breit, flach und grau. Ein Symbol | |
für die Verkehrswende? Zumindest nicht ästhetisch. | |
29 Jul 2021 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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