# taz.de -- Putins Strategiepapier: Vom Westen dauerhaft bedroht | |
> Nicht zuletzt als Abgrenzung zum Westen hält Moskau am Vertrauten fest. | |
> Persönliche Freiheiten und Freizügigkeit stehen nicht auf Putins Agenda. | |
Bild: Putin bleibt sich selbst treu mit dem Strategiepapier gegen die Verwestli… | |
Wladimir Putin legte ein neues Sicherheitskonzept vor. Das letzte stammte | |
aus dem Jahr 2015. Viel hat sich seither nicht verändert. Klar ist jedoch: | |
der Westen bleibt in der Wahrnehmung des Kreml eine Bedrohung. „Die | |
Verwestlichung der Kultur verstärkt die Gefahr, dass die Russische | |
Föderation ihre kulturelle Souveränität verliert“, steht in Putins 44 | |
Seiten umfassendem [1][Strategiepapier]. Russlands traditionelle | |
geistig-moralische Werte werden vom Westen „aktiven Angriffen“ ausgesetzt, | |
behauptet das Pamphlet. | |
Es klingt etwas abenteuerlich, da Russland durch ständige [2][Störmanöver | |
auf der Weltbühne] um maximale Aufmerksamkeit buhlt. Täte es das nicht, | |
würde es weniger wahrgenommen. Das würde das russische Selbstverständnis | |
indes nicht ertragen. Russland fühlt sich seit Jahrhunderten bedroht. Im | |
19. Jahrhundert spielte sich der Konflikt im Inneren des Zarenreiches als | |
Kampf zwischen beharrenden Kräften des Slawophilentums und auf | |
Modernisierung setzenden Westlern ab. | |
Diese Auseinandersetzung wirkt auch heute scheinbar weiter. Obwohl der | |
Kreml die Konzepte der „nachholenden Modernisierung“ aufgegeben und sich | |
mit gesellschaftlicher „Rückständigkeit“ abgefunden hat. Wer ins | |
Hintertreffen gerät, reagiert oft aufgebracht und aggressiv. Persönliche | |
Freiheiten werden in Moskau als Bedrohung gewertet, Freizügigkeit gilt | |
nicht selten als Sittenlosigkeit. | |
Forderungen der Opposition nach politischer Beteiligung vor den Dumawahlen | |
im September fallen unter Extremismusverdacht. Die Auseinandersetzung | |
zwischen dem vermeintlich traditionellen „russischen Sonderweg“ und dem | |
Westlertum, der wie seit 200 Jahren in der neuen Strategie anklingt, ist | |
nur vorgeschoben. Auch EU und [3][USA] bedrohen Moskaus Überlebensstrategie | |
mit Hilfe fossiler Brennstoffe zurzeit nicht. | |
Russland geht es nicht um Fortschritt oder neue ökonomische und zivile | |
Perspektiven. Es fürchtet Veränderungen. Jede Neuerung schürt die Angst vor | |
Verwerfungen. Die Vergütungsmethoden innerhalb der Nomenklatura könnten | |
durcheinandergeraten. Daher vermeidet Moskau grundsätzlich lieber | |
Innovationen. Ablehnung des Westens, Bedrohung aus dem Ausland, | |
Verwestlichung der Kultur sind nur Girlanden eines Systems, das sich einer | |
Erneuerung verweigert. | |
5 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] http://publication.pravo.gov.ru/Document/View/0001202107030001?index=1&… | |
[2] /Russisch-tschechische-Beziehungen/!5762874 | |
[3] /Umstrittene-Pipeline-Nord-Stream-2/!5767918 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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