# taz.de -- Regionalwahlen in Frankreich: Macron auf der Ersatzbank | |
> Auch bei der zweiten Runde der Regionalwahlen in Frankreich bleiben zwei | |
> Drittel des Wahlvolkes zuhause. Le Pen und Macron ziehen beide nicht. | |
Bild: Dieser Wähler namens Emmanuel Macron muss sich erst mit dem Wahlprozeder… | |
PARIS taz | Der rechtsextreme Rassemblement national wird auch zukünftig | |
keine Region in Frankreich regieren. Nach einem deutlichen Rückgang ihrer | |
Stimmenanteile bei der ersten Runde der Regionalwahlen am 20. Juni hat die | |
Partei von Marine Le Pen bei der zweiten Runde am Sonntag ihr Ziel, in | |
einer oder gleich mehreren Regionen zu gewinnen, klar verfehlt. | |
Alle Augen waren bei diesem [1][zweiten Durchgang der französischen | |
Regionalwahlen] auf Provence-Alpes-Côte d'Azur gerichtet. Die | |
südfranzösische Mittelmeerregion um Marseille war nach dem ersten | |
Wahlsonntag die einzige, die noch vom RN (Ex-Front national) erobert werden | |
konnte. Letzte Umfragen prophezeiten ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit einem | |
Ausgang 50:50, obschon sich die vom Grünen Jean-Laurent Félizia angeführte | |
Liste der vereinten Linken, die am letzten Sonntag als Dritte ebenfalls für | |
die Stichwahl qualifiziert war, aus der Finalrunde zurückgezogen hatte. Im | |
Wahlduell hat nun der bisherige Vorsitzende der Region, der Konservative | |
Renaud Muselier, mit mehr als 57,7% der Stimmen gegen die RN-Liste von | |
Thierry Mariani ( 42,3%) gesiegt. | |
Auch in den anderen Regionen zeichnete sich bei der Bekanntgabe der | |
Ergebnisse rasch eine große Stabilität ab. Die bürgerliche Rechte, meist | |
angeführt von der konservativen Partei Les Républicains (LR) behält außer | |
in Provence-Alpes-Côte d'Azur auch in der Ostregion, in | |
Auvergne-Rhône-Alpes, in Pays de Loire, in der Normandie, im | |
nordfranzösischen Hauts-de-France und der Hauptstadtregion Île-de-France | |
die Mehrheit. Weiterhin von den (mit anderen Linksparteien alliierten) | |
Sozialisten werden die Occitanie, die Nouvelle Aquitaine, die Bretagne, | |
Bourgogne-Franche-Comté sowie Centre-Val de Loire regiert. | |
Nur die Insel La Réunion wechselt dank des Siegs der Liste der vereinten | |
Linken die politische Couleur. Überall sonst sind die Amtsinhaber | |
bestätigt. | |
## Die Allermeisten interessierten sich kaum für diese Wahlen | |
Lediglich eine marginale Rolle hat bei diesen Regionalwahlen die | |
En-Marche-Bewegung von Präsident Emmanuel Macron spielen können. In den | |
meisten Fällen war La République en Marche bei der zweiten Runde nicht | |
einmal mehr im Rennen, da sie in der [2][ersten Runde] die Zehnprozenthürde | |
verfehlt hatte. Die Listen der Linken und bürgerlichen Rechten waren nicht | |
einmal auf Wahlunterstützung der Regierungspartei angewiesen. LREM wurde so | |
weitgehend zum Zuschauen verurteilt. | |
In vielen Kommentaren wird die Frage gestellt, welche Konsequenzen der | |
Staatschef nun daraus ziehen könnte, neun Monate vor den | |
Präsidentschaftswahlen im April 2022. Seine möglichen Konkurrenten der | |
bürgerlichen Rechten, vor allem Xavier Bertrand in Nordfrankreich und | |
Valérie Pécresse in der Hauptstadtregion, wurden durch ihre Wiederwahl auch | |
als mögliche Präsidentschaftskandidaten gestärkt, die eine Alternative zum | |
erwarteten erneuten Duell Macron gegen Le Pen anbieten könnten. | |
Der wichtigste Trend der ersten Runde am ersten Wahlsonntag wurde bei den | |
Stichwahlen in den französischen Regionen bestätigt: Die allermeisten | |
Französinnen und Franzosen interessierten sich kaum für diese | |
Zwischenwahlen. Sei es aus pauschaler Enttäuschung über die Parteien und | |
deren Exponenten, sei es aus allgemeinem Desinteresse an der Politik oder | |
lediglich, weil beim zweiten Wahlgang ihre bevorzugten Listen nicht mehr im | |
Rennen waren – auf jeden Fall lag auch beim zweiten Durchgang die | |
Enthaltung auf einer absoluten Rekordhöhe. Nur dort, wo es besonders knapp | |
ausgehen sollte, namentlich in Provence-Alpes-Côte d'Azur im Südosten, gab | |
es eine mit mehreren Prozentpunkten signifikant höhere Beteiligung. | |
Traditionell hoch ist die Wahldisziplin außerdem in Korsika, wo die | |
Terroritorialversammlung neu zusammengesetzt werden musste. Gewonnen hat | |
die Liste des bisherigen regionalistischen Vorsitzenden, Gilles Simeoni. | |
Die Wahlbeteiligung war hier mit fast 57 Prozent die aus der Sicht des | |
kontinentalen Frankreichs beneidenswerte Ausnahme, wo zum Teil nicht mal | |
ein Drittel wählen ging. Der Anteil der Enthaltung betrug landesweit 66 | |
Prozent. | |
In vielen Kommentaren in den Medien wird deshalb bereits von einer schweren | |
Krise der repräsentativen Demokratie gesprochen, wenn zwei Drittel der | |
Bürger:innen trotz Flehen und Drohen der Regierung und sämtlicher | |
Parteien die Wahlen boykottieren. Schon am Mittag, als sich die niedrige | |
Wahlbeteiligung abzeichnete, meinte der Chef der politischen Redaktion des | |
Nachrichtensenders BFMTV: „Wenn zum Beispiel in Paris bis zwölf Uhr nur | |
gerade fünf Prozent der Wahlberechtigten stimmen gehen, dann heißt das | |
einfach, dass diesen diese Wahlen schnurz sind.“ | |
Vor allem die Verlierer warnen darum erst recht davor, weitgehende | |
Rückschlüsse auf die politische Meinung im Land oder gar Voraussagen auf | |
die Präsidentschaftswahlen vom April 2022 abzuleiten. Alle Beteiligten aber | |
müssen sich fragen, warum es ihnen nicht gelungen ist, zumindest ihre | |
verbliebenen Anhänger:innen besser zu mobilisieren. Die Absenz an der | |
Wahlurne ist ja auch ein Symbol für eine sinkende Glaubwürdigkeit des | |
politischen Angebots im Allgemeinen und ihrer Argumente im Besonderen. | |
28 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.linternaute.com/actualite/politique/2535036-direct-elections-re… | |
[2] /Regionalwahlen-in-Frankreich/!5780042 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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