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# taz.de -- Flucht nach Großbritannien: Asylgesetz nimmt erste Hürde
> Das britische Unterhaus hat für eine Verschärfung des Asylverfahrens
> gestimmt. Derweil sind in nur drei Tagen 800 Bootsflüchtlinge angekommen.
Bild: Gerettete Menschen am Strand von Dungeness vor der britischen Küste am 2…
Berlin taz | Unter dem Eindruck von Rekordzahlen an Flüchtlingen, die aus
Frankreich in kleinen Booten über den Ärmelkanal nach Großbritannien
kommen, hat das britische Unterhaus am Dienstagabend in zweiter Lesung für
das [1][umstrittene neue Asylgesetz] der konservativen Innenministerin
Priti Patel gestimmt.
Mit 366 zu 265 Stimmen ging der Gesetzentwurf durch, der unter anderem
Einreise ohne Einreisegenehmigung zum Verbrechen erklärt, illegal
eingereiste Flüchtlinge auf ein zeitlich begrenztes Aufenthaltsrecht
beschränkt und die Strafen für Menschenschmuggel drastisch verschärft;
zugleich soll er es leichter machen, im Ausland Asyl in Großbritannien zu
beantragen.
Der Gesetzentwurf tritt damit noch lange nicht in Kraft. Er muss noch ins
Oberhaus, wo er auf Kritik stoßen dürfte, woraufhin er in den Ausschüssen
neu beraten werden müsste. Das wird nicht mehr vor der parlamentarischen
Sommerpause geschehen, die am Freitag beginnt und erst am 6. September
endet. Danach gibt es nur wenige Wochen bis zur traditionellen erneuten
Unterbrechung für die Jahresparteitage der großen Parteien. Es wird also
mit einer Verabschiedung frühestens gegen Jahresende gerechnet, wenn
überhaupt.
Während die linke Opposition und Flüchtlingsorganisationen gegen die neuen
Hürden für illegal Eingereiste Sturm laufen, erregt sich die Rechte über
die immer größeren Zahlen erfolgreich eingereister Flüchtlinge. Am Montag
erreichte die Rekordzahl von 430 Bootsflüchtlingen [2][britische Gewässer
im Ärmelkanal], gefolgt von weiteren 287 am Dienstag und rund 100 am
Mittwochmorgen – etwa 800 in drei Tagen, fast so viele wie im gesamten Jahr
2019. Bis Dienstag sind damit dieses Jahr bereits 8.474 Flüchtlinge auf dem
Seeweg nach Großbritannien gekommen – im gesamten Jahr [3][2020 waren es
8.420 gewesen], damals ein Rekord.
## Gesetz mit überschaubarem Nutzen
Experten weisen darauf hin, dass das neue Asylgesetz daran nichts ändert.
Die Bootsflüchtlinge werden fast alle in britischen Gewässern abgefangen
und von ihren Schlauchbooten auf die Schnellboote der britischen
Küstenwache transferiert. Die bringt sie dann an die Küste, womit sie
rechtlich gesehen nicht illegal einreisen und daher auch unter dem neuen
Gesetz nicht verfolgt werden dürften.
Ohnehin hat die britische Generalstaatsanwaltschaft es bereits abgelehnt,
das von Patel geplante neue Delikt der illegalen Einreise zu verfolgen, da
Aufwand, Kosten und Nutzen unverhältnismäßig seien.
Augenzeugen behaupten derweil, dass die französische Küstenwache
Flüchtlingsboote bewusst ziehen lässt, um die wilden Lager an Frankreichs
Stränden zu leeren. Am Dienstag überließen die Franzosen ein Schlauchboot
mit 13 Sudanesen einer überrumpelten britischen TV-Crew, die im Meer gerade
die Flüchtlingskrise filmte. Nach amtlichen Angaben hat Frankreich in der
ersten Hälfte des Jahres rund 6.000 Flüchtlinge an der Überfahrt gehindert,
etwa so viele wie die Zahl derjenigen, denen im gleichen Zeitraum die
Überfahrt gelang.
21 Jul 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
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