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# taz.de -- Flut, Impfen und Beten: Laschet live
> Wer die Verhaspeleien des CDU-Kanzlerkandidaten auseinanderfriemelt,
> verbessert damit auch nicht die Lage der Betroffenen.
Bild: Steinmeier und Laschet vor Ort in Erftstadt
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Unterversicherung.
Und was wird in dieser besser?
Verunsicherung.
Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz kämpfen mit einer Flutkatastrophe:
Mehr als Menschen sind gestorben, Dutzende sind vermisst, mehrere Häuser
wurden von den Wassermassen mitgerissen. Ist es der richtige Zeitpunkt zu
mahnen, dass der Klimawandel vor unserer Haustür steht?
Es wird schwieriger, ein Phänomen zu bestreiten, [1][das nebenan aus dem
Keller gepumpt wird]. AfD-Weidel verbittet sich, „die Katastrophe für
Klimapolemik zu vereinnahmen“, AfD-Kumpel Brandtner tut genau dies und
spottet „#Dürresommer“ in nasse Gräber hinein. Der politische Effekt kann
sehr wohl die Grünen begünstigen; so ist es normalerweise, wenn selbst
Seehofer und Laschet grüne Argumente vorbringen. Die Grünen müssen jetzt
nur überzeugend „keine Genugtuung“ performen.
Während Unwetter und Hochwasser in Westdeutschland tobten, diskutierte das
Internet, ob CDU-Kanzlerkandidat Laschet die WDR-Moderatorin Susanne
Wieseler tatsächlich „junge Dame“ genannt hat. Was war da los?
Wer mag, soll nanofein unterscheiden, ob Laschet rheinisch nuschelte:
„Nein, Entschuldigungäh, Frau, weil jetzt ein solcher Tag ist, ändert man
nicht die Politik!“ oder eben: „Nein, Entschuldigung, junge Frau …“ –…
kann sich in [2][sein pietätloses Feixen] vertiefen. Davon wird keine
Wasserleiche wieder wach. 2002 verlor Stoiber um den Hauch von 6.000
Stimmen gegen den gestiefelten Kater Schröder im Elbhochwasser, Platzeck
wurde 97 erst Deichgraf und später SPD-Chef, George W. Bush blamierte sich
historisch bei den Überflutungen nach „Katrina“.
Hochwasser ist seither Wahlkampf, und Laschet weiß, dass er seinen
Wahlkampf unterbrechen muss, um diesen Wahlkampf zu führen. Am fraglichen
Donnerstag wurde nur ein geringer Teil seines Lebens nicht irgendwo live
übertragen, und gegen Abend war er durch. Der größere Brocken ist seine
Absage an den „Fukushima-Effekt“: laue Politik, dann Katastrophe, dann
Kehrtwende? Wer hoffte, wenn Nachbars Leiche im Abstraktum „Klima“
schwimmt, ändere sich schlagartig etwas – der wurde hier mit Valium
therapiert.
„Es wird keine Impfpflicht geben“, versprach Kanzlerin Merkel diese Woche.
Doch wie dann umgehen mit den sinkenden Impfzahlen? Haben Sie Ideen?
Ein Kalkül: Während der Staat ebenso auch „Impfprivilegien“ ablehnt,
entstehen allerhand Impfprivilegien – durch die Wirtschaft. Für
Konsumenten, Gäste, Reisende, Mitarbeiter. Und Angst vor der „vierten
Welle“. Der Staat wird keinen Zwang ausüben, je mehr der Alltag es tut.
„Fit for 55“ soll die Europäische Union werden und hat deswegen ein
umfassendes Klimapaket verabschiedet. Doch keine:r scheint zufrieden.
Klimaschützer:innen reicht das nicht aus, die Wirtschaft fühlt sich
vernachlässigt. Und was nun?
Wir befinden uns im Schaltmoment zwischen „Kann man mit Klimaschutz Geld
verdienen?“ und „Kann man ohne Klimaschutz noch Geld verdienen?“. Jedes
weitere „Extremwetterereignis“ beeinflusst die Waage.
Im Jahr 2020 traten deutlich weniger Menschen aus der evangelischen und
katholischen Kirche aus als noch im Vorjahr. Liegt das nur an der
bürokratischen Hürde oder war Religion doch ein Halt in der Krise?
Die Kirchenaustrittsstellen waren unterm Lockdown geschlossen. Zudem kostet
dort das Tor zur Hölle Gebühr und Wartezeit. Diese Effekte mildern sich
bereits wieder ab, Deutschland steuert mit noch zirka 54 Prozent Christen
auf eine heidnische Mehrheit zu. Parallel führen wir Debatten über die
aktuelle Leitreligion „Wissenschaft“, beim Klima, bei Corona, bei allem.
Hier ist von Volkskirche Drosten bis zu einem mittelalterlichen Häuflein an
Sektenführern alles im Angebot, woran man glauben kann, bevor man dran
glauben muss. Die Kirchen können das nicht konkurrieren, zumal sie teils
ein angespanntes Verhältnis zur Wissenschaft haben, etwa – zur
Kriminalwissenschaft.
Ist Ihnen aufgefallen, dass es diesmal in keiner der Fragen um Annalena
Baerbock ging?
Ja, ich fühle mich schon ganz demobilisiert.
Und was machen die Borussen?
2,7 Millionen Euro „Abstellgebühr“ für BVB-Profis bei der EM. Da können …
uns ein 12-jähriges Talent von kaufen!
Fragen: Carolina Schwarz, Emeli Glaser
18 Jul 2021
## LINKS
[1] /Flutkatastrophe-in-Deutschland/!5787354
[2] /PolitikerInnen-im-Fluteinsatz/!5781625
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
## TAGS
Kolumne Die Woche
Flut
Armin Laschet
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Joachim Löw
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