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# taz.de -- Theater als Schulfach: Endlich was Vernünftiges
> An einer Grundschule in Bremen-Walle startet ein Pilotprojekt für Theater
> als Schulfach. Erster Probelauf war ein erstaunlich abstraktes Tanzstück.
Bild: Tänzer:innen in Ausbildung – an der Grundschule!
Bremen taz | Teamfähigkeit, Präsentationskompetenz, Körperbeherrschung,
Konzentration: Ein Jammer eigentlich, dass etwas so unmittelbar Schönes
wie der Tanz ein dermaßen gewichtiges Arsenal an Existenzbegründungen
nachzuweisen hat. Aber stimmen tut es natürlich, dass die Klasse 4c der
[1][Grundschule an der Nordstraße] nicht einfach nur aus Jux und Dollerei
Theater spielt.
Ihr am Dienstag vor der versammelten Grundschule aufgeführtes Stück
entstammt keiner freiwilligen AG, sondern ist im Rahmen des regulären
Unterrichts entstanden. Und eben darum geht es hier auch: um den Probelauf
für ein Pilotprojekt des neuen Schulfachs Theater.
Starten wird das kommendes Schuljahr mit zwei Stunden pro Woche. Diese
erste Präsentation ist also ein Beispiel für das, was hier in Zukunft
regelhaft entstehen soll. Den begeistert klatschenden Mitschüler:innen
im Publikum dürfte der bildungspolitische Gehalt noch recht egal sein. Sie
hatten schlicht ihre Freude am Tanz und seiner Geschichte über den
Stadtteil Walle – hier in Gestalt der Reibereien von „Lupenbande“ und der
verfeindeten „Zeitungsgang“.
Man misstraut sich, umzingelt einander, geht auf Tuchfühlung, veranstaltet
einen Wettkampf und verträgt sich am Ende wieder. Bemerkenswert allerdings:
Das Stück kommt tatsächlich ohne Begleittext aus, sondern verhandelt die
Stationen des Konflikts allein mit tänzerischen Mitteln, mit Choreografie
also und Bewegung.
## Erstaunlich hohes Abstraktionsniveau
Und das gibt mindestens einen Vorgeschmack auf Inhalte, wie sie ein
Schulfach namens Theater künftig vermitteln könnte. Es geht hier also nicht
um ein bisschen Theatersport, sondern auch jetzt schon – nach einer nur
kurzen Probephase unter Coronabedingungen – ums körperliche Ausloten
sozialer Gefüge und Konflikte auf einem für Grundschüler:innen
beachtlichen Abstraktionsniveau.
Neben der Projektleitung von Grundschullehrerin und Schauspielerin Pegah
Jordi macht sich hier auch das Know-How des [2][Bremer Tanzwerks]
bemerkbar, für das Tanzpädagogin Johanna Schlösser das Projekt begleitet.
Weil applaudierendes Publikum nicht alles ist, wird der kommende
Theaterunterricht von wissenschaftlicher Seite untersucht: Im Rahmen ihrer
Masterarbeit in Kulturelle Bildung an Schulen wird Alex Gesch das
Pilotprojekt evaluieren. Und wenn alles gut läuft, soll sich der
Theaterunterricht später dann nicht nur hier in Walle, sondern auch im Rest
von Bremen verstetigen. Vorbild dafür ist übrigens Hamburg, wo Theater
bereits seit 2011 regulär unterrichtet wird.
Und von wegen Kompetenzerwerb: Wer diese von einem Ohr zum anderen
grinsenden Viertklässler:innen durch ihre Formation fegen sieht – wie
sie selbstbewusst in Pose gehen und auch kleine Patzer souverän ausgleichen
–, der oder die kann ihnen nur wünschen, dass es klappt mit dem neuen Fach.
Nicht zuletzt wäre das ja auch für Eltern und visitierende
Bildungspolitiker:innen ein Gewinn: Wenn all die endlosen
Einschulungs-, Abschluss- und Sommerfeste künftig von professionell
ausgebildeten Schauspielschüler:innen bestritten würden.
18 Jul 2021
## LINKS
[1] https://www.nordstrasse.schule.bremen.de/startseite-1459
[2] https://www.tanzwerk-bremen.de/
## AUTOREN
Jan-Paul Koopmann
## TAGS
Zeitgenössischer Tanz
Grundschule
Bremen
Bildung in Bremen
Bremen
Inklusion
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