| # taz.de -- Rassismus nach EM-Finale: Im Schatten der Wut | |
| > Nach der Niederlage gegen Italien fluten sogenannte Fans der englischen | |
| > Nationalmannschaft das Netz mit Hass – und die Straßen. | |
| Bild: Nach dem verlorenen Spiel kennt die Wut keine Grenzen und richtet sich ge… | |
| Nur eine Stunde nach dem großen Match am Sonntagabend wurde das meterhohe | |
| Graffito des englischen Fußballnationalspielers Marcus Rashford mit einem | |
| rassistischen Slogan beschmiert. Zeitgleich treten englische Fußballfans | |
| vor dem Wembleystadion in London auf einen am Boden liegenden jungen Mann | |
| ein. Für den verlorenen Sieg sollten nun andere bezahlen. Nämlich all | |
| diejenigen, die in den Augen der englischen Fans nicht zur | |
| Mehrheitsgesellschaft gehören. „Die N*** haben uns den Eurosieg gekostet. | |
| Bestraft einen N***“, hieß es bei Twitter. | |
| [1][Beim Endspiel konnte England drei der fünf Elfmeter] nicht | |
| verwirklichen. Ihren Frust ließen die Fans auf den Straßen aus. Am | |
| Leicester Square in London musste beispielsweise die Polizei eingreifen, um | |
| ein Ausschreiten zu verhindern. Die Polizei verzeichnete insgesamt 49 | |
| Festnahmen, einen registrierten sexuellen Übergriff und 19 Polizeibeamte | |
| wurden verletzt. Rassistische Beleidigungen verzeichnete die Polizei vor | |
| allem online. | |
| Der Nationalspieler Marcus Rashford traf nur den linken Torpfosten, und der | |
| italienische Torhüter Gianluigi Donnarumma hielt einen Schuss von Jadon | |
| Sancho davor genauso wie den Schuss des 19-jährigen Bukayo Saka. Das | |
| Gemeinsame der drei ist, dass sie [2][Schwarze Spieler] der englischen | |
| Mannschaft sind. Das reichte wohl für rassistische Englandfans, sich über | |
| diese herzumachen. | |
| Schon in den vergangenen Wochen wurde die Hautfarbe der Spieler | |
| thematisiert. Als die englische Mannschaft sich dazu entschloss, vor dem | |
| Anpfiff als Zeichen gegen Rassismus zu knien, gab es wütende Reaktionen der | |
| Fans. Boris Johnson und seine Innenministerin Priti Patel hatten immer | |
| wieder Verständnis für Menschen gezeigt, die ihren Unmut über das Knien der | |
| Spieler gegen Rassismus sowie die Bewegung Black Lives Matter äußerten. | |
| [3][Doch als die rassistischen Reaktionen] nach Ende des Spiels bekannt | |
| wurden, beeilten sich dann doch auf einmal viele mit klaren Verurteilungen, | |
| darunter auch Prinz William und Premierminister Boris Johnson. Prinz | |
| William, der unter anderem Ehrenpräsident der englischen Football | |
| Association (FA) ist, erklärte, dass die Fußballspieler dieses | |
| verabscheuungswürdige Verhalten nicht hätten erfahren dürfen. Johnson | |
| bezeichnete das Verhalten als widerwärtig. Statt rassistisch beschimpft zu | |
| werden, hätte es das englische Team verdient, als heldenhaft beschrieben zu | |
| werden. | |
| ## Die Wut von der Straße | |
| Auch von der FA gab es eindeutige Aussagen gegen den nach dem Spiel | |
| aufflackernden Rassismus. Die FA sage „klipp und klar, dass das ekelhafte | |
| Verhalten nicht hingenommen werden kann“, und sie setze alles daran, die | |
| betroffenen Spieler zu unterstützen und fordere die strengsten Strafen für | |
| die für diesen Rassismus Verantwortlichen. | |
| „Wir rufen die britische Regierung auf, möglichst schnell neue Gesetze zu | |
| schaffen, damit derartige Schmähungen künftig Konsequenzen nach sich | |
| ziehen.“ | |
| Tony Burnett, der Geschäftsführer von Kick it Out, einer Organisation, die | |
| sich die Bekämpfung des Rassismus im Fußball seit Langem zum Anliegen | |
| gemacht hat, bestätigte, dass bessere Regulierung und Strafvollstreckung | |
| notwendig seien und dass die sozialen Netzwerke einen Teil der Lösung | |
| darstellen müssten, darunter mit verbesserten präventiven Filtern und | |
| Blockierungstechnik. „Sie müssen verantwortlich für die Sicherheit online | |
| sein, indem sie eine effektivere Identitätsbestätigung einführen und | |
| sicherstellen, dass derartiges Verhalten echte Konsequenzen für das Leben | |
| der Täter*innen hat.“ | |
| Facebook gab inzwischen an, dass niemand Rassismus erfahren dürfe und dass | |
| der Konzern schnell Kommentare gegen Englands Fußballer entferne und | |
| weitere rechtliche Schritte ergreifen werde. Doch auch am Tag nach dem | |
| Spiel waren in den diversen sozialen Medien noch rassistische Kommentare zu | |
| lesen. | |
| Ob die Wut von der Straße noch bis in die Häuser gelangt ist, ist unklar. | |
| Bisher gibt es keine konkreten Zahlen zu erhöhter häuslicher Gewalt. Die | |
| Geschäftsführerin von Women's Aid, einer wichtigen Organisation gegen | |
| Gewalt gegen Frauen, gab an, dass Fußball nicht der Auslöser von häuslicher | |
| Gewalt sei, jedoch Tätlichkeiten während und nach Fußballspielen anstiegen, | |
| nicht zuletzt aufgrund der starken Emotionen und höheren Alkoholkonsums. | |
| Seit 2014 würden sie mit Fußballvereinen und anderen Organisationen dazu | |
| Aufklärungsarbeit leisten und Hilfstelefone und Live-Online-Chats | |
| bereitstellen. | |
| In einer Studie der Fußballweltmeisterschaften der Jahre 2002, 2006 und | |
| 2010 heißt es, dass bei Niederlagen des englischen Teams [4][häusliche | |
| Gewalt] um 38 Prozent angestiegen sei. Rassistische Gewalt online wie | |
| offline und die Gefahr eines Anstiegs von häuslicher Gewalt: Und das alles | |
| wegen drei verschossenen Elfmetern. | |
| 12 Jul 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Daniel Zylbersztajn-Lewandowski | |
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