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# taz.de -- Geschenkeparadies der Uefa: Die lieben blauen Wichtel
> Bei der Männer-EM lässt der Verband richtig was springen: Essen,
> Rucksäcke, außergewöhnliche Ventilatoren. Doch auch diese Gaben haben
> ihren Preis.
Bild: Mildtätige Organisation: die Uefa kann auch reichlich beschenken
In Budapest bin ich unversehens ins Geschenkparadies der Uefa geraten. Denn
der Verband straft nicht nur SportjournalistInnen, die Akkreditierungen
vergessen, er beschenkt sie auch sehr großzügig, wenn sie das nicht tun.
Mit gutem Grund war ich die ganze Vorrunde über nicht in diesen Medienraum
im Stadion gegangen. Die Texte schreibe ich lieber zu Hause auf dem Bett,
in Budapest war das bei einem sehr netten, coronaleugnenden Eso-Paar,
begleitet vom Soundtrack der überhitzten Wohnung: „Schwanensee“ oder
Anthroposophie-Konferenzen im Radio.
Zum Achtelfinale war ich tatsächlich im Medienraum, eher versehentlich, ich
fühlte mich fremd. Und dann prasselte sie auf mich ein, die Bescherung. Es
gab, zunächst mal: Esspakete. Ein bisschen wie beim Schulausflug, mit
Sandwich, Banane, Joghurt, Kartoffelsalat. Das wusste ich nicht. Ich hatte
immer treuherzig an der Stadionbude gekauft. Ist das wirklich alles für
mich? Und dieses Grundschultütchen war ehrlich gut. Kein Vergleich zur
Frauen-WM, wo es mit Glück mal eine Stulle gab. Ich stellte fest, dass die
Auswahl sogar ziemlich vegetarisch war, mit Kresse-Tofu-Sandwich. Bei den
Männern lässt der Verband richtig was springen. [1][Ich mag sie doch, die
Uefa.]
Dann umschwirren mich schon die blauen Volunteers. Ob ich schon mal hier
war. Wie, nicht? Ob ich dann noch nicht dies hätte und das. Den Rucksack
zum Beispiel. Ich verneine, und bekomme prompt einen grauen Rucksack mit
Uefa-Logo ausgehändigt. Auch der ist sehr schick. Die Beziehung zwischen
der Uefa und mir erreicht einen zwischenzeitlichen Höhepunkt. Zurück in der
Wohnung stelle ich fest, dass die fleißigen blauen Männchen mir auch noch
heimlich noch mehr Geschenke in den Rucksack gepackt haben.
Fünf Adapter für ausländische Steckdosen zum Beispiel. Ich bin fassungslos,
fast demütig beschämt. Vielleicht sollte ich auch mal anders über die Uefa
schreiben, großzügiger. Großzügig wie die Uefa. Immerhin, ein völlig
bekloppter Mini-Ventilator eines Sponsors mit stierendem, einäugigem blauem
Monsterl ist auch dabei. Die Welt ist noch nicht verloren.
Doch alles, was man im Leben bekommt, hat bekanntlich seinen Preis. Meinen
erfahre ich am Flughafen. Denn ich habe bei der Billig-Airline nur das
Handgepäck bezahlt. Der Aufpreis für den Uefa-Rucksack würde ausreichen,
einen neuen zu kaufen. Ich zögere kurz. Nein, das ist nicht wahr, ich
zögere keine Sekunde. Ich will dieses schmeichelhafte Ding, wo Baku,
Budapest und so draufsteht, und ich will mein Monsterl. Ich zahle.
Auf Zwischenstopp in Köln stellt mein viel pragmatischerer Freund dann
fest, dass die Steckdosen-Adapter der Uefa mir gar nichts nützen, weil nur
ausländische Ladekabel darauf passen. Den Rucksack kann ich auch nicht mit
mir rumschleppen, zu viel Gepäck. Der Wert der Geschenke schrumpft von
Minute zu Minute dramatisch. Aber die Katzen meiner Eltern lieben den
blinkenden Ventilator mit dem Monsterl.
3 Jul 2021
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[1] /Wie-die-Uefa-JournalistInnen-erzieht/!5777626
## AUTOREN
Alina Schwermer
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