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# taz.de -- Maskenstreit um Minister Jens Spahn: Noch schlechter als behauptet
> Das Gesundheitsministerium hat Corona-Masken nachlässig geprüft. Die
> interne Test-Anleitung zeigt nun, wie viele Schritte dabei wirklich
> fehlten.
Bild: Spahn mit Schutzmask: In seinem Prüfverfahren fehlten vier wesentliche S…
Berlin taz | Das Gesundheitsministerium hat Corona-Schutzmasken für
Arztpraxen, Pflegeheime und andere Einrichtungen noch weniger sorgfältig
getestet, als es selbst seit Tagen behauptet. Das geht aus der
Test-Anleitung für sogenannte CPI-Masken hervor. Das Ministerium von
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte das Dokument lange unter
Verschluss gehalten, veröffentlichte es am Donnerstag kurzzeitig auf seiner
Homepage, entfernte es dann aber kommentarlos wieder. Nur über den
Google-Zwischenspeicher [1][war es am Freitag weiterhin abrufbar].
Es geht dabei um Masken, [2][die das Ministerium im Frühjahr 2020
importieren ließ], also zu Beginn der Coronapandemie. Auf dem Markt gab es
damals zu wenige Masken, die nach der europäischen CE-Norm geprüft und
damit garantiert sicher waren. Die Bundesländer hatten deshalb ein
temporäres, abgespecktes Testverfahren entwickelt („CPA-Verfahren“). Das
Gesundheitsministerium wiederum entwickelte für seine Masken gemeinsam mit
dem TÜV Nord einen noch weniger strengen Test, das CPI-Verfahren.
Der genaue Ablauf des Tests war bisher unbekannt. Die Anleitung, den
sogenannten Prüfgrundsatz, wollte das Ministerium auf Presseanfragen hin
nicht veröffentlichen. Einige Angaben machte es nur in einem am letzten
Wochenende veröffentlichten „Faktenblatt“. Die CPI-Prüfung sei so gut wie
deckungsgleich mit der CPA-Prüfung, heißt es darin. Nur ein unnötiger
Prüfschritt fehle komplett, ein anderer sei gleichwertig ersetzt. Wie die
nun öffentlich gewordene Testanleitung zeigt, stimmt das nicht. Die
Prüfverfahren unterscheiden sich in vier Punkten ganz wesentlich.
Kennzeichnung: Das CPA-Verfahren der Länder sah vor, dass Hersteller und
Modell auf den Masken oder der Verpackung korrekt angegeben sein müssen.
Auch eine kurze Anleitung zum An- und Ablegen war Pflicht. Außerdem durften
die Masken nicht fälschlicherweise als nach CE-Norm geprüfte FFP2-Masken
gekennzeichnet sein.
Auch im CPI-Prüfgrundsatz gibt es dieses Kapitel. Darüber steht jedoch: Das
Ergebnis wird nur notiert und hat keine Auswirkung auf das endgültige
Testergebnis. Das Verbot eines falschen „CE“- oder „FFP2“-Aufdrucks ist…
nicht explizit aufgeführt. Dabei sind die Angaben wichtig, damit sich
Nutzer*innen nicht in falscher Sicherheit wiegen, wenn sie gefälschte
oder mangelhafte Masken erhalten haben.
Festigkeit: Im CPA-Verfahren wird mit einem starken Pinsel zehn Mal über
die Maskeninnenseite gestrichen. Es dürfen sich keine Partikel oder Fasern
lösen.
Im CPI-Verfahren fehlt dieser Schritt. „Beschaffenheit und Festigkeit
werden während weiterer ausführlicher Prüfungen getestet“, steht an der
entsprechenden Stelle nur. Im weiteren Verlauf taucht aber kein Prüfschritt
auf, der den Pinseltest ersetzen kann.
Gebrauchssimulation: Der Kern beider Testverfahren ist die Prüfung der
Filterwirkung. Mit Kochsalzlösung wird geprüft, wie viele Partikel die
Filter durchlassen. Im CPA-Verfahren werden die Masken vorher zwanzig
Minuten lang durch eine Maschine mit warmer, nasser Luft beatmet. Die
Filter müssen in der Praxis schließlich auch noch funktionieren, wenn die
Maske schon eine Weile in Gebrauch war.
Im CPI-Verfahren fehlt dieser Schritt. Das Gesundheitsministerium hatte das
in seinem „Faktenblatt“ zwar schon zugegeben, aber behauptet,
„feuchtigkeitsabweisende Eigenschaften“ würden anderweitig geprüft. Durch
einen nicht näher beschriebenen Test werde geprüft, ob „die Filter der
Masken bei Kontakt mit Aerosolen durchfeuchtet werden und damit die
Schutzwirkung eingeschränkt ist“. Das stimmt aber nicht. Der Kochsalz-Test
wird laut Prüfgrundsatz mit „fabrikfrischen“ Masken durchgeführt. Eine
andere spezielle Feuchtigkeitsprüfung wird nicht aufgeführt.
Temperaturkonditionierung: Im CPA-Verfahren werden die Masken vor dem Test
mit der Kochsalzlösung auch 24 Stunden bei 70 Grad gelagert. Laut Arbeits-
und Sozialministerium sollen sie dadurch voraltern. So wird geprüft, ob die
Masken auch noch gut genug sind, nachdem sie längere Zeit unter schlechten
Bedingungen transportiert oder gelagert wurden.
Auch dieser Schritt fehlt im CPI-Verfahren. Wie gesagt: Der Kochsalz-Test
wird hier an fabrikneuen Masken durchgeführt. Immerhin: Zumindest diesen
fehlenden Schritt hatte das Gesundheitsministerium auch schon in seinem
Faktenblatt angegeben – mit der Rechtfertigung, im Pandemie-Alltag trage
niemand seine Maske bei 70 Grad.
## Seit Tagen in der Kritik
Jens Spahn und sein Gesundheitsministerium stehen im Zusammenhang mit den
CPI-Masken seit Tagen in der Kritik. Die nach dem niedrigen Standard
getesteten Masken hatte das Ministerium unter anderem an die Bundesländer,
die Kassenärztlichen Vereinigungen, Pflegeheime und Asylunterkünfte
geliefert.
Die Verteilung startete, als es zu Beginn der Pandemie noch an ordentlich
geprüften Masken mangelte. Sie lief aber auch noch im Herbst und Winter,
als es eigentlich schon genügend nach CE-Norm geprüfte FFP2-Masken gab,
auch aus deutscher Produktion.
Für Empörung hatte vergangene Woche ein Spiegel-Bericht gesorgt, demzufolge
das Ministerium restliche CPI-Masken noch Anfang 2021 an Obdachlose und
Menschen mit Behinderung verteilen wollte. Das scheiterte allerdings am
Veto des Sozialministeriums. Inzwischen sind übriggebliebene Masken in der
nationalen Reserve eingelagert.
11 Jun 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Tobias Schulze
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