# taz.de -- Krach im Frankfurter Stadtparlament: Platzt die Volt-Ampel? | |
> Der Koalitionsvertrag von Grünen, SPD, FDP und Volt in Frankfurt war | |
> eigentlich fertig. Doch nun verlangen die Liberalen Nachbesserungen, | |
Bild: Die Grünen Beatrix Baumann und Bastian Bergerhoff mit neuem Koalitionsve… | |
Frankfurt am Main taz | Formal ist das neue Bündnis aus Grünen, SPD, FDP | |
und der paneuropäischen neuen Partei VOLT im neuen Frankfurter | |
Stadtparlament noch nicht geplatzt. [1][Große Pläne hatte die VOLT-Ampel:] | |
Entschiedene Schritte zu mehr Klimaschutz mit deutlich weniger Autoverkehr | |
und viel mehr Sozialwohnungen waren angekündigt, ein Politikwechsel, ein | |
Aufbruch in das neue Jahrzehnt. Doch der mühsam ausgehandelte | |
Koalitionsvertrag könnte sich als Makulatur erweisen. | |
In der Nacht zum Donnerstag machte die Basis der Frankfurter FDP ihren | |
Vorständen und UnterhändlerInnen einen dicken Strich durch die Rechnung. | |
Mit knapper Mehrheit forderte der FDP-Kreisparteitag „Nachbesserungen“ des | |
Vertrags. Die drei Partner, Grüne, SPD und VOLT, bekundeten am Freitag in | |
einer gemeinsamen Erklärung ihre Bereitschaft zu Gesprächen, stellten aber | |
fest: „Am Koalitionsvertrag kann es dabei keine Änderungen geben.“ | |
[2][Die Grünen, die aus der Kommunalwahl am 14. März als stärkste Partei] | |
hervorgegangen sind, dürften unterdessen wohl zeitgleich nach einer neuen | |
Mehrheit im Stadtparlament suchen. Auch ein Linksbündnis ist wieder im | |
Gespräch, das zahlreiche Initiativen und Bündnisse unter dem Hashtag | |
„frankfurtprogressiv“ und auch Teile der grünen Basis von Anfang an | |
gefordert hatten. „Das Spiel ist wieder offen“, hatte Grünen-Kreissprecher | |
Bastian Bergerhoff zu Protokoll gegeben. | |
Auf der Grünen Kreisversammlung am Donnerstagabend war das | |
Verhandlungsergebnis noch rundum in den höchsten Tönen gelobt worden. Keine | |
Blaupause für künftige Koalitionen, sondern eine „Grünpause“ sei der | |
Vertrag, sagte ein grüner Kommunalpolitiker, der noch beim letzten | |
Parteitag vehement gegen eine Zusammenarbeit mit der FDP gestritten hatte. | |
93 Prozent der rund 200 Mitglieder stimmten am Ende für die Koalition, so | |
geschlossen war die Partei zuletzt selten. Lediglich über das geplante | |
Übergewicht der Männer im hauptamtlichen Magistrat wurde noch diskutiert, | |
da platzte mit dem Nein der FDP-Basis die Bombe. Versammlungsleiter | |
Bergerhoff brach die Sitzung kurz vor Mitternacht ab, ohne Debatte oder | |
Abstimmung. Seitdem wird sondiert. Jeder telefoniert mit jedem. | |
Die Koalition hatte schon einen Zeitplan für den Machtwechsel vereinbart. | |
Am 9. Juni, in einer Sondersitzung, sollten die fünf hauptamtlichen | |
CDU-DezernentInnen zum ersten Mal abgewählt werden, am 15. Juli, wie es | |
rechtlich vorgeschrieben ist, zum zweiten Mal. Mit sechs neuen Dezernenten | |
wollte die neue Koalition in die Sommerpause des Parlaments starten. Drei | |
neue Grüne sollten gewählt werden, zwei von der FDP und mit Lennard | |
Everwien erstmals auch ein VOLT-Politiker. Je zwei der amtierenden | |
Stadträte von SPD und Grünen sollten ihre Ämter behalten, so hatten es die | |
Partner ausgehandelt. Die Kosten der damit verbundenen Erweiterung der | |
Stadtregierung auf zehn hauptamtliche Dezernenten stießen bei der liberalen | |
Basis auf heftige Kritik. Doch vor allem der als „autofeindlich“ empfundene | |
Kurs in der Verkehrspolitik wurde gerügt. | |
## Bündnis mit Linken wieder im Spiel | |
Die Blicke richten sich jetzt auf die Linken und die CDU. Grün-Rot-Volt | |
hätte auch mit diesen möglichen Partnern eine Mehrheit. Linke und CDU | |
signalisieren Gesprächsbereitschaft. Dass es allerdings nach dieser | |
Vorgeschichte zu einer Neuauflage der langjährigen schwarz-grünen | |
Kooperation kommt, gilt als eher unwahrscheinlich. Auf Druck der | |
Grünen-Basis hatten Vorstand und Verhandlungsdelegation zuletzt | |
vorgeschlagen, eine Mehrheit jenseits der CDU zu suchen. Selbst der Plan, | |
die FDP in das neue Bündnis aufzunehmen, war nicht unumstritten. Die CDU | |
müsste als möglicher Koalitionspartner im Magistrat zudem prominent | |
vertreten sein, denn sie ist die zweitstärkste Kraft im Stadtparlament. Das | |
hieße weniger Posten für die Grünen. | |
Und die Linken? Einfach an Stelle der FDP in den ausgehandelten | |
Koalitionsvertrag der VOLT-Ampel einzusteigen, lehnen sie ab, auch wenn es | |
darin viel Übereinstimmungen mit dem Frankfurter Wahlprogramm der Linken | |
gibt. „Verhandeln müssten sie schon mit uns“, sagte gegenüber der taz | |
Janine Wissler, die Bundesvorsitzende der Linken ist sowie KreissprecherIn | |
ihrer Partei in Frankfurt. Ihr Co-Vorsitzender Axel Gerndtke schlug bereits | |
vor, in jedem Fall am Zeitplan zur Abwahl der CDU-Dezernenten festzuhalten: | |
„Mit den vorhandenen Mehrheiten im Stadtparlament sollten wir notwendige | |
Sofortmaßnahmen für eine soziale und gerechte Stadt jetzt auf den Weg | |
bringen“, sagte er und fügte hinzu: „Nicht mit der FDP zu regieren ist | |
besser, als nicht zu regieren.“ | |
Die FDP hat sich indes selbst aus dem Spiel genommen, mit einem denkbar | |
knappen Abstimmungsergebnis. 78 Parteimitglieder stimmten für den | |
Koalitionsvertrag, 80 wollten „Nachverhandlungen“, die es wohl nicht geben | |
wird. In den sozialen Medien findet die Entscheidung der FDP vereinzelt | |
Beifall. Es überwiegen jedoch Hohn und Spott. „Lindner lässt grüßen“ | |
twittert die SPD-Landtagsabgeordnete Elke Barth, und Fridays for Future | |
Frankfurt kommentiert: „Schon witzig, wie die Grünen in Frankfurt gerade | |
merken, dass die FDP vielleicht doch nicht hinter der Verkehrswende steht.“ | |
28 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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