# taz.de -- Präsidentschaftswahlen in Iran: Aussichtsreicher Kandidat abgelehnt | |
> Der iranische Politiker Ali Laridschani war Revolutionsgardist und | |
> Atomabkommen-Verhandler. Doch der Wächterrat hat ihn für die Wahl nicht | |
> zugelassen. | |
Bild: Nicht für die Präsidentschaftswahlen zugelassen: Irans Ex-Parlamentspr�… | |
542 Männer und 50 Frauen wollten bei den iranischen Präsidentschaftswahlen | |
am 18. Juni antreten. Ihr Ausgang dürfte große Bedeutung haben für die | |
weitere Entwicklung in dem krisengeschüttelten Land und für die | |
Überlebenschancen des Abkommens über Teherans Nuklearprogramm. Doch 588 | |
Bewerber:innen schloss der vom obersten Religionsführer Ayatollah | |
Chamenei kontrollierte zwölfköpfige Wächterrat am Montagabend aus. | |
Darunter zur Überraschung vieler Beobachter mit dem ehemaligen | |
Parlamentspräsidenten Ali Laridschani auch einen der drei Kandidaten, denen | |
zuvor die größten Cancen auf einen Wahlsieg eingeräumt wurde. Seine | |
Bezeichnung als „moderat-Konservativer“ zeigt, wie sehr sich die Maßstäbe | |
zur Beurteilung iranischer Politik(er) seit der Revolution von 1979 | |
verschoben haben. | |
Der 1958 als Sohn des Großayatollahs Haschem-Amoli geborene Laridschani | |
begann seine Karriere 1981 – ein Jahr nach Beginn des iranisch-irakischen | |
Krieges – als Leiter der außenpolitischen Redaktion des staatlichen | |
Fernsehens. Zudem wurde er Stellvertreter des Stabschefs der Pasdaran, der | |
Revolutionsgardisten. | |
Nach seiner Promotion als Dr. phil an der Universität Teheran heiratete | |
Laridschani die Tochter von Ajatollah Morteza Motahhari, des Vordenkers der | |
islamischen Revolution und Republik. In der ersten Amtsperiode von | |
[1][Präsident Ali Rafsandschani] (1989-1997) diente Laridschani als | |
Kulturminister. | |
## Letzte Chance | |
Von 1994 bis 2004 leitete er die staatliche Rundfunkanstalt IRIB und war | |
auch Mitglied der iranischen Revolutionsgarde. Laridschani galt als Gegner | |
der Reformpolitik des damaligen Präsidenten Mohammad Chātami (1997-2005). | |
In seiner Zeit als Fernsehchef habe er nur konservative Stimmen zu Wort | |
kommen lassen, kritisierten iranische Reformpolitiker. | |
Bei der Präsidentenwahl im Juni 2005 erhielt Laridschani als Kandidat der | |
Konservativen nur knapp sechs Prozent der Stimmen. Unter [2][Wahlsieger | |
Ahmadinedschad] (2005-2013) fungierte Laridschani zwei Jahre | |
Chefunterhändler bei den schließlich gescheiterten Atomverhandlungen mit | |
der EU. Von 2008 bis 2020 war er Parlamentsvorsitzender. | |
Derzeit dient der 63-Jährige dem ultrakonservativen Religionsführer | |
Ayatollah Chamenei als Berater und ist zugleich ein enger Vertrauter des | |
als moderat geltenden Präsidenten Hassan Ruhani. Er gilt als Befürworter | |
des Nuklearabkommens. Sich selbst bezeichent Laridschani gerne als | |
„Usugara“, als „Grundsatztreuen“. | |
Doch das reichte dem Wächterrat nicht aus. Neben Laridschani schloß der Rat | |
auch den ebenfalls aussichtsreichen, als „moderat“ geltenden | |
Vizepräsidenten Eshagh Dschahangiri von der Wahl aus. Als Kandidaten | |
zugelassen wurden lediglich sieben Männer aus dem erzkonservativen Lager, | |
die sich durch Gegnerschaft zum amtierenden Präsident Ruhani und zum | |
Nuklearabkommen profiliert haben. | |
Als aussichtsreichster unter ihnen gilt Justizchef Ebrahim Raeissi, einer | |
der vier Hauptverantwortlichen für die Massenhinrichtung politischer | |
Häftlinge im Jahr 1988. Wegen der Befürchtung, daß diese Kandidatenauswahl | |
zu einem Wahlboykott in großem Ausmaß führen und damit die Wahlen vollends | |
zur Farce machten würde, könnte Ayatollah Chamenei die Entscheidung des | |
Wächterrates allerdings noch korrigieren und zumindest Laridschani doch | |
noch zulassen. | |
25 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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