# taz.de -- Internationaler Tag der Pflege: Den „Pflexit“ abwenden | |
> Die Bedingungen in der Pflege sind übel, viele Beschäftigte könnten nach | |
> der Pandemie aufgeben. Zum Tag der Pflege fordern sie eindringlich | |
> bessere Arbeitsverhältnisse. | |
Bild: Die Aktion „Der Pflege geht die Luft aus“ am Internationalen Tag der … | |
Münster dpa/lnw | Zum [1][Internationalen Tag der Pflege] haben | |
Expert:innen auf teils drastische Arbeitsbedingungen hingewiesen und zu | |
„fundamentalen“ Verbesserungen aufgerufen. Die berufliche Pflege sei über | |
viele Jahre hinweg „herabgewirtschaftet“ worden, es werde eine Generation | |
brauchen, um sie wieder attraktiv zu machen, sagte Sandra Postel von der | |
Pflegekammer NRW am Mittwoch in Münster. Viele Pflegekräfte könnten oder | |
wollten angesichts [2][fehlender Anerkennung, unzureichender Bezahlung, | |
Personalmangels und Überlastung] nicht mehr und kehrten dem Beruf den | |
Rücken. „Das ist einfach bitter.“ Applaus reiche nicht aus. | |
„Es muss Tiefbau stattfinden“, verlangte Postel, die Vorsitzende im | |
Errichtungsausschuss der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen ist. Um einen | |
„Pflexit“ nach der Pandemie zu verhindern, müssen die Rahmenbedingungen | |
nach Ansicht des Gremiums schnell und deutlich besser werden. | |
Branchenvertreter:innen haben auch mit einer Protestaktion vor dem | |
Bundestag auf Missstände im Pflegebereich aufmerksam gemacht. Unter dem | |
Motto „Wenn, dann jetzt: #Pflegerebellion“ beteiligten sich rund 50 | |
Pflegerinnen und Pfleger an einer Demonstration und einem anschließenden | |
Sleep-In in der Nähe des Reichstagsgebäudes. Zu dem Protest aufgerufen | |
hatte unter anderem die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros | |
und Gleichstellungsstellen. | |
## Extreme Bedingungen | |
Die Demonstrantinnen und Demonstranten wandten sich „gegen die unhaltbaren | |
Zustände im Gesundheitsbereich“. Bei einem Sleep-In in mehreren | |
Klinikbetten ruhten sich Pflegerinnen und Pfleger symbolisch für diejenigen | |
aus, „die kaum Zeit haben zur Ruhe zu kommen“, wie es hieß. Schon viel zu | |
lange arbeite das Pflegepersonal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen | |
unter extremen Bedingungen. Ein Großteil davon seien Frauen. | |
Der katholische Sozialverband KAB mahnte, auch die Leistungen der | |
pflegenden Angehörigen anzuerkennen. Rund 75 Prozent der Pflegebedürftigen | |
würden daheim von Familienangehörigen und ambulanten Pflegediensten | |
versorgt. Zudem arbeiteten osteuropäische Hilfen hier oft in einer | |
Grauzone. Die Politik müsse rechtliche Rahmenbedingungen eröffnen, um | |
Pflegehilfskräfte vor Dumpinglöhnen zu schützen. Der KAB-Vorsitzende | |
Andreas Luttmer-Bensmann stellte für die Pflegenden klar: „Das Klatschen im | |
letzten Jahr ist noch keine Solidarität.“ | |
Im Ringen der Koalition um bessere Bezahlung in der Altenpflege hatte | |
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch eine gesetzliche | |
Verbesserung vor der Sommerpause in Aussicht gestellt. Er sei „sehr | |
zuversichtlich“, dass es noch vor dem Sommer einen Kompromiss gebe, der | |
tariflichen oder tarifähnlichen Lohn sicherstelle, sagte Spahn am Mittwoch | |
in Berlin. | |
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte zuvor der Rheinischen Post | |
gesagt: „Wenn das Gesetz ist, werden die Löhne in der Pflege damit | |
vielerorts deutlich verbessert.“ Die Koalition war sich bei dem Thema | |
zuletzt öffentlich uneins: Die SPD forderte Spahn zum Handeln auf; Spahn | |
entgegnete, eine bessere Bezahlung dürfe aber nicht auf Kosten der | |
Pflegebedürftigen gehen. | |
12 May 2021 | |
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