# taz.de -- Verwirrung um Impfstoff: Der AstraZeneca-Schlamassel | |
> Es ist ein guter Impfstoff. Allerdings verunsichern die Neuigkeiten rund | |
> um das AstraZeneca-Vakzin. Vielleicht wird am Ende alles gut. | |
Bild: Ist das ein guter Impfstoff? | |
BERLIN taz | Es wird nicht wenige Impfwillige geben, die sich derzeit jeden | |
Morgen fragen, welche aufregende Neuigkeit wohl heute wieder um | |
AstraZenecas Covid-Impfstoff verkündet werden wird. Erst sollte das | |
moderne, wirksame und von den Arzneimittelbehörden als sicher eingestufte | |
Präparat nur an 18- bis 60-Jährige verimpft werden. Dann kam es in sehr | |
seltenen Fällen zu schweren Nebenwirkungen, in der Fachsprache „Thrombose | |
mit Thrombozytopenie-Syndrom“ genannt, kurz TTS. | |
Dann hieß es, nachdem neue Daten vorlagen, es sollten wegen der | |
Nebenwirkungen nur noch über 60-Jährige mit AstraZeneca geimpft werden. Und | |
weil der Impfstoff aber liegenblieb, beschlossen erst einige Bundesländer, | |
[1][vergangene Woche schließlich auch der Bund, dass nun jeder AstraZeneca | |
bekommt,] der das will. | |
Zumindest so lange, wie es noch AstraZeneca gibt, denn die EU hat | |
angekündigt, [2][den Vertrag mit dem britisch-schwedischen Pharmahersteller | |
nicht zu verlängern]. Wie viele Impfdosen noch geliefert werden müssen, | |
wird wohl auf dem Rechtsweg geklärt. Bislang waren es weniger als bestellt, | |
aber mehr, als von der Bevölkerung gewollt wurden. Bis Ende Juni kann | |
Deutschland mit 13 Millionen statt der gewünschten 33 Millionen Dosen | |
rechnen. | |
Es ist ein ziemlicher Schlamassel, unter dem vor allem die Impflinge zu | |
leiden haben. Wer noch ungeschützt ist und noch keinen Anspruch auf einen | |
mRNA-Impfstoff hat, muss häufig selbst herausfinden, ob das Risiko eines | |
TTS mit möglicher Todesfolge im eigenen Einzelfall zu groß erscheint, um | |
sich mit AstraZenecas Impfstoff impfen zu lassen – oder [3][seit dieser | |
Woche auch mit dem Vakzin von Johnson & Johnson, das ähnlich funktioniert.] | |
## Risiko bei AstraZeneca und J&J vergleichbar | |
Selbst Experten verweisen dabei auf Infografiken, die das Risiko für | |
Altersgruppen und Risikoszenarien aufschlüsseln, allerdings auf teilweise | |
sehr verschiedene Weise. [4][Die Europäische Medizinagentur etwa verzichtet | |
auf eine Unterscheidung der Geschlechter,] obwohl Frauen zwischen 40 und 60 | |
Jahren eher gefährdet sind als Männer im gleichen Alter. | |
Für beide Impfstoffe gelten die gleichen Empfehlungen und Freigaben, auch | |
das Risiko eines TTS ist nach bisherigen Erkenntnissen vermutlich | |
vergleichbar. Das J&J-Präparat hat den Vorteil, dass es nur einmal | |
gespritzt werden muss und mit dieser einen Dosis vollen Schutz bietet. Bei | |
AstraZeneca sind zwei Dosen nötig, die zweite gab es bislang strikt erst | |
nach einem Vierteljahr. | |
Doch auch das ist jetzt anders. Seit die Priorisierung für AstraZenecas | |
Vakzin aufgehoben ist, darf schon vier Wochen nach der ersten Dosis die | |
zweite gegeben werden. Epidemiologen und Impfstoffexperten sind sich | |
allerdings nicht ganz sicher, ob das eine gute Idee ist. Bisherige | |
Untersuchungen hatten gezeigt, dass der Impfschutz mit einem | |
Dreimonatsabstand deutlich größer ausfällt als mit der Zweitimpfung nach | |
vier Wochen, mehr als 80 Prozent gegenüber 55 Prozent. | |
Jüngere Daten, die noch nicht ordentlich publiziert sind, sprechen wiederum | |
dafür, dass mit einem verkürzten Impfschema alles okay ist, die Impfung | |
also genauso gut vor einer schweren Erkrankung schützt. Auch hier muss sich | |
deshalb derzeit jeder selbst fragen, was in seinem Fall sinnvoll wäre. Für | |
alle, die ihren zweiten Impftermin in drei Monaten verpassen, vergessen | |
oder einfach schwänzen würden – wegen des geplanten Urlaubs, aus | |
Bequemlichkeit oder Ungeduld – ist eine vorgezogene Zweitimpfung | |
wahrscheinlich besser als keine. | |
## Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff | |
Zumal die Lieferschwierigkeiten und Rechtsstreitigkeiten rund um | |
AstraZeneca womöglich dazu führen könnten, dass nicht für alle eilig | |
Erstgeimpften des Spätfrühlings später noch genug zweite Dosen da sind. | |
Aber auch hier gibt es eine neue Wendung, womöglich sogar eine, die | |
wenigstens theoretisch von Vorteil ist. | |
Gemeint ist die Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff. Vom Konzept her | |
haben die Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna zwar nichts mit dem von | |
AstraZeneca gemein. Letzterer ist ein gentechnisch verändertes | |
Schimpansenvirus, das auf seiner Oberfläche Teile des Coronavirus | |
präsentiert. mRNA-Impfstoffe dagegen bestehen aus Bauanleitungen, wie sie | |
in jeder Zelle vorkommen, nur dass nach den verimpften Anleitungen | |
Viruseiweiße hergestellt werden. | |
Auf diese sehr unterschiedliche Weise bringen jedoch beide Impfstoffe dem | |
Körper den gleichen Gegner nahe, das Stacheleiweiß des Virus. Beide | |
provozieren eine Immunantwort und ein Immungedächtnis. Die Vakzine zu | |
kombinieren, wie es in Großbritannien seit Beginn der Impfkampagne gemacht | |
wird, könnte nach Aussage von Impfstoffexperten zu einem besonders guten | |
Schutz führen. Was doch endlich mal hoffnungsvoll klingt – sofern die | |
begehrten mRNA-Impfstoffe dann auch in ausreichender Menge verfügbar sind. | |
12 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Aktuelle-Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5770387 | |
[2] /AstraZeneca-Aus-in-der-EU/!5766278 | |
[3] /Impfstoff-von-Johnson--Johnson/!5770836 | |
[4] https://www.ema.europa.eu/documents/chmp-annex/annex-vaxzevria-art53-visual… | |
## AUTOREN | |
Kathrin Zinkant | |
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