# taz.de -- Machtkampf im deutschen Fußball: Wütende Briefe | |
> Der Zoff unter deutschen Fußballfunktionären geht in eine neue Runde. | |
> Jetzt giften sich der Chef die Profiligen und der oberste | |
> Amateurvertreter an. | |
Bild: DFL-Chef Chistian Seifert nach einer Mitgliederversammlung seines Verbands | |
Frankfurt am Main taz | Dem Frankfurter Stadtwald geht es gar nicht gut. Es | |
gibt kaum noch einen gesunden Baum in dem riesigen Areal. Es sieht nach | |
Kahlschlag aus. Ein solcher zeichnet sich auch in der Zentrale des | |
Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am Rande des Stadtwaldes an. Präsident Fritz | |
Keller überlegt offenbar nur noch, wann er wegen seines Nazi-Vergleichs | |
zurücktritt. | |
Friedrich Curtius, der Generalsekretär, stellt Gespräche über seine | |
Vertragsauflösung in Aussicht. Schatzmeister Stephan Osnabrügge wird auf | |
dem DFB-Bundestag 2022 nicht mehr kandidieren. Und Rainer Koch, | |
Vizepräsident Amateure, Vorsitzender des Bayrischen und Süddeutschen | |
Fußball-Verbandes, liefert sich einen heftigen Streit mit der Deutschen | |
Fußball-Liga (DFL), der auch ihn aus dem Amt spülen könnte. | |
Die Liga wird wohl nicht eher Ruhe geben, bis auch der Multifunktionär Koch | |
entweder zurücktritt oder sein Wirken wieder auf die bayrischen | |
Landesgrenzen beschränkt. Ihm werden aus dem Profilager perfide Machtspiele | |
vorgeworfen. Am Dienstagabend ist das unsägliche Funktionärsgezänk auf die | |
DFL übergeschwappt. Jene seit ihrer Gründung immer ein bisschen argwöhnisch | |
betrachtete Repräsentanz der 36 Profiklubs. Nach der desaströsen WM 2018, | |
als die Nationalmannschaft als Aushängeschild des deutschen Fußballs ein | |
jämmerliches Erscheinungsbild abgab, rauften sich DFB und DFL auf | |
Arbeitsebene zusammen. | |
Beim letzten DFL-Neujahrsempfang vor Ausbruch der Coronakrise, im Januar | |
2020, bat DFL-Chef Christian Seifert noch symbolisch den DFB-Chef Keller | |
auf eine Bühne in einer Offenbacher Eventlocation, um gemeinsam für ein | |
„Projekt Zukunft“ zu werben. 16 Monate später gibt es nur noch Misstrauen. | |
Wegen der vielen Intrigen trat Seifert bereits im Oktober aus dem | |
Präsidialausschuss des DFB zurück. | |
Im Dezember lästerte Seifert dann: „Generell wünsche ich dem DFB, dass er | |
aus sich heraus zur Ruhe kommt und das teilweise sehr unwürdige Schauspiel | |
an Illoyalität langsam sein Ende findet.“ [1][Eine überhebliche Attitüde | |
wird dem Liga-Chef trotz aller fachlichen Eignung] ob solcher Einlassungen | |
immer wieder unterstellt. Weil Seifert aber als Krisenmanager in der | |
Pandemie bis in höchste politische Kreise überzeugte, genießt er mehr | |
öffentliche Anerkennung als Koch. | |
## Machtverlust von Rainer Koch | |
Lange war General Curtius die Zielscheibe für die Liga-Vertretung. Der | |
sollte Geschäftsführer der DFB GmbH werden und den wirtschaftlichen | |
Geschäftsbetrieb im Verband verantworten. Anfang Januar wurde Curtius von | |
allen DFL-Sitzungen ausgesperrt. Dafür kam Koch. Auch für den könnte es nun | |
eng werden. Eine Abstimmung im DFB-Vorstand, wo die ein Dutzend | |
DFL-Vertreter eine doppelte Stimme haben, würde er nicht mehr überstehen. | |
[2][Auch etliche Amateurvertreter stoßen sich an Kochs Rolle] um dubiose | |
Verträge mit dem Medienberater Kurt Diekmann. | |
Koch wird dafür mitverantwortlich gemacht, dass nach Wolfgang Niersbach und | |
Reinhard Grindel nun auch Keller stürzt. Nur zur Erinnerung: Den 13. | |
Präsidenten hatte eine sechsköpfige Findungskommission von DFL und DFB | |
selbst ausgesucht, federführend waren Seifert und Koch. Der Liga-Boss | |
verdächtigt jetzt den DFB-Mann, eine Falschmeldung gestreut zu haben. Nach | |
dieser soll er nach seinem Ausscheiden 2022 mit einer Private-Equity-Firma | |
auf die Vermarktung der Länderspiele und des DFB-Pokals aus sein. | |
Seifert schrieb nun einen Brief an den mutmaßlichen Drahtzieher Koch. | |
Niemand in der DFL wolle den DFB „strukturell zerschlagen“, schreibt er. | |
Zudem habe er beruflich ganz andere Pläne. Überdies löse man die | |
„offenkundigen Probleme des dysfunktionalen Systems DFB nicht durch den | |
Aufbau imaginärer Feindbilder und abenteuerlicher Verschwörungstheorien“. | |
Kochs Replik umfasste acht Seiten. Fett unterstrichen auf der ersten Seite: | |
„Ihre entsprechende Behauptung, mittlerweile bundesweit in allen Kanälen | |
medial bestens gestreut, ist frei erfunden.“ Zudem warf Koch nun Seifert | |
vor, „nicht nur Herr Keller“ habe sich ihm gegenüber „unsäglich“ verh… | |
Und überhaupt: Der Ligaverband schade dem Amateurfußball. | |
Mehr als sieben Millionen DFB-Mitglieder fühlen sie wie vor den Kopf | |
gestoßen, sind doch [3][die Sorgen an der Basis] gerade ganz andere. Viele | |
der knapp 25.000 Vereine sind durch Corona in Existenznot geraten, | |
Hobbykickern ist über die Bundesnotbremse weiterhin Training und Spiel | |
verboten, Kinder dürfen neuerdings nur noch in Fünfergruppen trainieren, | |
während die Profis alle Spiele und Wettbewerbe austragen. Doch DFB und DFL | |
haben nichts Besseres zu tun, als sich mit Beschuldigungen und | |
Beleidigungen, Verunglimpfungen und Unterstellungen zu bekämpfen. Wenn der | |
deutsche Fußball jetzt nicht aufpasst, ist er bald flächendeckend so krank | |
wie der Frankfurter Wald. Bis in die Wurzeln. | |
5 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Frank Hellmann | |
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