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# taz.de -- Rosa Courage Preis für Carolin Emcke: Belohnung für eine Kämpfer…
> „Gay in May“ verleiht Carolin Emcke den „Rosa Courage“-Preis. Der
> Osnabrücker Verein veranstaltet das älteste LSBTIQ*-Kulturfestival in
> Deutschland.
Bild: Carolin Emcke erhält den traditionsreichen Rosa Courage Preis aus Osnabr…
Carolin Emcke ist Preisverleihungen gewohnt. Wer ihre Ehrungen aufzählen
will, braucht einen langen Atem: Den Friedenspreis des Deutschen
Buchhandels hat die Berliner Autorin bekommen, den Otto-Brenner-Preis für
Journalismus, letztes Jahr kam der Carl-von-Ossietzky-Preis für
Zeitgeschichte und Politik der Stadt Oldenburg dazu. Ein Dutzend Positionen
lang ist die Liste, Verdienstorden inklusive.
Am 11. Mai steht die nächste Verleihung an: Im Osnabrücker Rathaus nimmt
Emcke den „Rosa Courage“-Preis entgegen, vom Osnabrücker [1][Verein „Gay…
May“], für „ihren Einsatz und ihre Arbeit als Schriftstellerin für Lesben,
Schwule, Bisexuelle, Transpersonen, Intersexuelle und queere Menschen“. Und
weil Emcke kämpferisch ist, sagt sie über diesen „schönen Moment der
Anerkennung“, dass er nicht darüber hinwegtäuschen darf, „dass es weiterh…
Marginalisierung, Diskriminierung und Stigmatisierung gibt“.
Was Ausgrenzung bedeutet, weiß Emcke aus eigener Erfahrung. In ihrem Buch
„Wie wir begehren“ beschreibt sie, wundervoll feinfühlig, ihr eigenes
homosexuelles Coming of Age, bei aller Individualität zugleich sehr
politisch, gesamtgesellschaftlich kontextualisiert. „Derzeit erleben wir
einen Backlash“, sagt sie.
„Die Zahl der Übergriffe, der Gewalt gegen LSBTIQ* nimmt zu.“ Pause. „Oft
musst du schon ziemlich aufpassen, mit wem du dich wo zu welcher Tageszeit
zeigst.“ Emcke schreibt gegen diese Tendenz an, journalistisch und in
Buchform, „auch gegen die Tabuisierung, die bei uns noch immer herrscht“.
Eine Ursache dafür sieht sie in der gestrigkeitsverhafteten Politik der
AfD.
Die Courage, die der Preis im Namen trägt, ist für sie Alltag. Und Emcke
ist nicht nur streitbar, sie ist auch bescheiden. „Viele andere, die nicht
weniger tun als ich, in Schulen, in Familien, in Gerichten, hätten den
Preis ebenso verdient. Ich nehme an, ich bekomme ihn wegen meiner
Sichtbarkeit – die zugleich die Sichtbarkeit von LSBTIQ*-Themen erhöht.“
Die promovierte Philosophin, früher lange Redakteurin beim Spiegel und
Reporterin bei Die Zeit, mit Aufenthalten in Ländern von Afghanistan bis
Kolumbien, ist in vielen Genres zu Hause: von der Theater-Performance bis
zum Video-Clip. Sie lehrt und hält Vorträge, ist Kolumnistin bei der
Süddeutschen Zeitung, moderiert den „Streitraum“ an der Berliner
Schaubühne. „Rosa Courage“ ehrt sie für ihr Gesamtwerk.
## Gewohnheiten infrage stellen
„Sie macht Diskriminierungen deutlich, stellt Gewohnheiten infrage und
klärt Missstände auf!“, fasst Frank Mayer zusammen, 1. Vorsitzender von Gay
in May. Emcke zeige strukturelle Fehlentwicklungen auf, perspektiviere auf
Mechanismen wie Rassismus und Antisemitismus.
Der Preis,,Rosa Courage“, dessen Name sich aus,,Zivilcourage“ und,,Rosa
Winkel“ ableitet, also auch auf ein Symbol verweist, das männliche
KZ-Häftlinge wegen ihrer tatsächlichen oder angeblichen Homosexualität
tragen mussten, wird seit 1992 vergeben, im Rahmen der „Kulturtage der
Vielfalt“, wie Gay in May sich selbst bezeichnet.
1979 ins Leben gerufen und dieses Jahr zum 43. Mal veranstaltet, ist Gay in
May das älteste LSBTIQ*-Kulturfestival Deutschlands. Aus Workshops und
Lesungen setzt es sich zusammen, aus Songnights und Partys, aus Theater und
Wanderungen – in Nicht-Coronazeiten.
## Möglichst große Bandbreite
Unter den bisherigen Preisträgern, von Comic-Zeichner Ralf König bis zu
Liedermacherin Carolina Brauckmann, fühlt Carolin Emcke sich wohl. „Wir
wollen eine möglichst große Bandbreite abbilden“, erklärt Mayer. Politiker
wie Klaus Wowereit sind daher unter den Geehrten, ehemals Regierender
Bürgermeister von Berlin, Ikonen der Schwulenbewegung wie Rosa von
Praunheim. Zuweilen werden auch Organisationen bedacht, 2014 etwa mit
„Coming Out“ eine starke Stimme für LGBT in Russland.
Die Programmatik, zwischen Frauen und Männern zu wechseln, klappt nicht
immer: 2018 bekam Elfi Scho-Antwerpes den Preis, im Jahr darauf Romy Haag,
auch zwei Männer folgten schon mal aufeinander. „Manchmal liegt das
inhaltlich aber einfach nahe“, sagt Mayer. Generell ist die Vielfalt
eindrucksvoll. Und bald ist also auch Carolin Emcke dabei, die sich zu
Recht eine „internationalistische Perspektive“ zuschreibt.
In welcher Form die Verleihung stattfindet, ist noch offen. „Wir möchten
das natürlich gern analog machen“, sagt Mayer. Publikum gebe es aber nur
per Stream.
In unserem Preis steckt viel Zukunft“, sagt Mayer. Das ist kein Sarkasmus,
den Backlash meint er damit nicht, der „Rosa Courage“ doppelt wichtig
macht. Mayer will Covid Positives abgewinnen, durch digitale Brückenschläge
zu Partnerorganisationen, auch im Ausland. Das Festival, 2020 ausgebremst,
nimmt wieder Fahrt auf.
8 Apr 2021
## LINKS
[1] https://gayinmay.de/
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
## TAGS
Carolin Emcke
Diskriminierung
Osnabrück
Schwerpunkt LGBTQIA
Schwerpunkt Coronavirus
Lesestück Meinung und Analyse
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