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# taz.de -- Tschechiens Konflikt mit Russland: Prager Sonderrechnung
> Tschechiens Ministerpräsident Babiš macht Russland für die Explosion
> eines Munitionslager mit zwei Toten 2014 verantwortlich.
> Vorwahlgeplänkel?
Bild: Protest auf Tschechisch: Demonstrantin vor der russischen Botschaft in Or…
Prag taz | Der Konflikt um die Ukraine wird auch in Tschechien ausgetragen.
In einer eigens anberaumten Pressekonferenz am Samstagabend gab
Ministerpräsident Andrej Babiš bekannt, der russische Geheimdienst GRU sei
verantwortlich für eine Serie von Explosionen, in einem Munitionslager vor
sieben Jahren im Nordosten des Landes.
In einem ehemaligen Militärgebiet nahe Ostrava waren Ende 2014 aus
ungeklärten Gründen Waffenlager explodiert. Die Explosionen waren damals
kaum unter Kontrolle zu bekommen, Munitionsteile waren im gesamten Wald,
der das Lager umgibt, verstreut. Das Gelände musste aus Sicherheitsgründen
jahrelang abgeriegelt bleiben.
Nun berichtet das Nachrichtenmagazin Respekt, dass dieselben Agenten,
[1][die 2018 das Attentat auf Sergej Skripal verüben sollten], vier Jahre
zuvor nach Tschechien gereist und dort um das Munitionslager gekreist
seien, das kurze Zeit später in die Luft flog. In diesem habe ein
bulgarischer Waffenhändler, der später vergiftet wurde, den Giftanschlag
aber überlebt hatte, Waffen und Munition gelagert, die für die Ukraine
bestimmt waren.
Das [2][Magazin Respekt] ist bekannt dafür, dass es sich vom tschechischen
Nachrichtendienst BIS gerne mal als ein Kommunikationsinstrument
missbrauchen lässt. Dementsprechend gut belegt ist die Theorie mit Fotos
und Bewegungsabläufen der GRU-Agenten.
## Historisch gewachsenes Misstrauen
Dass Ministerpräsident Babiš die Russen ganz öffentlich beschuldigt, ist
allein schon erstaunlich genug. Auch die Deutlichkeit seines Statements war
überraschend. Weniger überraschend dagegen die rasante Ausweisung von 18
russischen Diplomaten, die angewiesen wurden innerhalb von 48 Stunden das
Land zu verlassen.
Das Verhältnis zu Russland ist immer ein Thema in Tschechien. Viele
Tschechen werten Russland als Bedrohung, aufgrund historischer Erfahrungen
steht man dem großen Reich im Osten eher misstrauisch gegenüber.
Dass Russland jetzt seinen Konflikt mit der Ukraine in Tschechien
ausgetragen hat – immerhin zwei Menschen sind dabei ums Leben gekommen –,
ist für viele eine kaum erträgliche Vorstellung. Umso mehr, da es aktuell
um zwei Dinge geht, die ein halbes Jahr vor den Wahlen den
gesellschaftlichen Diskurs bestimmen. Beide mit Russlandbezug.
Zum einen [3][geht es um Sputnik V], das Präsident Zeman, selbst Biontech
geimpft, am liebsten sofort und ohne weitere Checks dem Volk verabreichen
würde. Zum anderen geht es um die Erweiterung des Atomkraftwerks Dukovany,
die, wie es aussieht, der russische Staatskonzern Rosatom übernehmen soll.
Wie, fragt man sich nun, kann man einem Land als Partner vertrauen, das
hier Munitionslager in die Luft sprengt? Das Verhältnis zu Russland wird im
Wahlkampf nun umso mehr eine Rolle spielen. Dabei hofft Tschechien auch auf
ein Zeichen Brüssels, das Moskau klar macht: Der Donbas liegt nicht im
Nordosten Tschechiens.
18 Apr 2021
## LINKS
[1] /Mordanschlag-auf-Russen-in-Suedengland/!5487731
[2] https://www.respekt.cz/agenda/za-vybuchem-municniho-skladu-ve-vrbeticich-st…
[3] /Gemeinsame-Impfstoff-Strategie-vor-Aus/!5759277
## AUTOREN
Alexandra Mostyn
## TAGS
Tschechien
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Schwerpunkt Coronavirus
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