Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Coronalockdown in Tschechien: Unter Hausarrest
> Seit Montag ist Tschechien in einem harten Lockdown, Polizei und Armee
> kontrollieren die Einhaltung. Vor allem für die Industrie gibt es
> Ausnahmen.
Bild: Seltener Anblick: nur ein Mensch geht über die Karlsbrücke in Prag
Prag taz | Tschechien steht unter Hausarrest: Seit Montag befindet sich das
Land in einem sogenannten harten Lockdown. Mehr Geschäfte müssen zumachen
oder dürfen nur noch im Voraus bestellte Waren abgeben, was besonders
Gewerbetreibende wie Handwerker betrifft, die bislang noch in Baumärkten
und bei Großhändlern einkaufen durften. Außerhalb der eigenen vier Wände
müssen jetzt Atemschutzgeräte getragen werden. Oder zwei Schutzmasken
übereinander.
Schulen und Kindergärten werden oder bleiben geschlossen. Weiterhin gilt
eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr, wobei man auch zu
dieser Zeit mit dem Hund Gassi gehen darf. Aber nur innerhalb eines Radius
von 500 Metern.
Was den Lockdown dieses Mal wirklich hart macht, ist eine neue Maßnahme,
die die Bewegungsfreiheit der Tschechen einschränkt: Wer unbedingt aus dem
Haus muss, darf die Grenzen seiner Gemeinde beziehungsweise seines Kreises
nicht verlassen.
Um zu zeigen, wie ernst es ihr dieses Mal ist, zeigt die Regierung Zähne.
Neben 26.000 Polizistinnen und Polizisten wacht auch die Armee seit Montag
darüber, dass niemand einen Schritt zu weit geht.
## Selbst Verwandtenbesuche zählen nicht mehr
Mit Polizeikontrollen im Rahmen eines harten Lockdowns sind Tschechen wie
Luboš indes schon [1][vertraut]. Seit ein paar Wochen wird er jedes Mal
kontrolliert, wenn er seine kleine Tochter besuchen will. Die Fünfjährige
lebt mit ihrer Mutter im Kreis Sokolov (Falkenau). Der gehört wegen seiner
hohen Inzidenzrate zu drei Kreisen in Tschechien, die schon am 12. Februar
vom Rest des Landes abgeriegelt wurden. „Meine Ex-Frau schrieb eine Mail an
Ministerpräsident Babiš, in der sie empört fragte, wie ich unter diesen
Maßnahmen zu meiner Tochter kommen soll“, erzählt Luboš. Dass überhaupt
eine Antwort kam, hat beide ziemlich überrascht. „Da stand dann was von
einer Ausnahmeregelung, unter der ich zu meiner Tochter darf.
„Klar, dass nicht Babiš selbst geantwortet hat“, lacht Luboš. Aber eine
nette Geste war es schon, meint er. Vergangenes Wochenende war er dann noch
mal schnell bei seiner Tochter. Ab Montag sind selbst Verwandtenbesuche
kein Grund mehr, den Hausarrest zu brechen. „Aber vielleicht gibt es da
auch eine Ausnahmeregelung“, vermutet Luboš.
Solche gibt es an sich genug. Die gesamte tschechische Industrie ist vom
harten Lockdown befreit. Was nicht unbedingt dazu beiträgt, diese Maßnahme
in den Augen der Bevölkerung zu legitimieren. Gerade große
Industriebetriebe sind als Infektionsherde verdächtig.
Denn gerade Geringverdienende können sich den Luxus einer zehn- bis
vierzehntägigen Quarantäne gar nicht erst leisten. Und selbst bei
Škoda-Auto, einem für seine überdurchschnittlich hohen Löhne begehrten
Arbeitgeber, gab es mehrere Fälle, in denen Mitarbeiter trotz Infektion am
Band standen.
Ausnahmeregelungen gelten aber auch für Handwerker und Gewerbetreibende.
Ihnen reicht eine eidesstattliche Erklärung, im Auftrag unterwegs zu sein,
als Passierschein zwischen den Kreisen.
Ziel der Maßnahme ist es, die sozialen Kontakte so weit wie möglich
herunterzuschrauben. Sonst, so warnte Gesundheitsminister Blatný, können
die Infektionsraten auf 30.000 pro Tag ansteigen. Momentan liegt die Rate
bei um die 15.000, trotz monatelangen weichen Lockdowns.
Mindestens drei Wochen lang soll der Hausarrest anhalten. Die Kontrollen am
Montag zeugten zumindest von Durchsetzungskraft: keine Kreisgrenze, an der
nicht flächendeckend kontrolliert wurde.
1 Mar 2021
## LINKS
[1] /Corona-in-Tschechien/!5726736
## AUTOREN
Alexandra Mostyn
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Tschechien
Schwerpunkt Coronavirus
Prag
Tschechien
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Prag weist Diplomaten aus: Enthüllung zur Prime Time
Tschechien hält es für erwiesen, dass der russische Geheimdienst hinter der
schweren Explosion im Jahr 2014 steht. Unklar ist, warum es jetzt bekannt
wird.
Tschechiens Konflikt mit Russland: Prager Sonderrechnung
Tschechiens Ministerpräsident Babiš macht Russland für die Explosion eines
Munitionslager mit zwei Toten 2014 verantwortlich. Vorwahlgeplänkel?
Grenzen zu Österreich und Tschechien: Fast ganz dicht
An manchen Grenzen führen BundesbeamtInnen Kontrollen durch. Wegen Corona
darf nur rein, wer systemrelevant ist oder wegen humanitärer Notfälle
reist.
Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Ärger um deutsche Grenzkontrollen
Österreich protestiert beim deutschen Botschafter gegen Grenzkontrollen. An
der deutsch-tschechischen Grenze staut sich der Verkehr. Auch Frankreich
sorgt sich.
Corona in Tschechien: Widerstand mit der Nähmaschine
Die Infektionszahlen explodieren, aber viele TschechInnen ignorieren die
neuen Regeln. Dies ist auch Ausdruck der Verachtung gegenüber der
Regierung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.