# taz.de -- Neue Vizepremierministerin im Kongo: Die Wortgewaltige | |
> Eve Bazaiba wird als Vize auch Umweltministerin im Kongo. Die energische | |
> Politikerin könnte dem Land zu einer neuen, grünen Stimme verhelfen. | |
Bild: Eve Bazaiba in einem Interview 2015 | |
Wenn sie in Fahrt gerät, ist sie kaum zu stoppen. Eve Bazaiba ist seit | |
Jahren eine Säule der politischen Kultur der Demokratischen Republik Kongo, | |
weil sie eloquent vom Leder zieht und auch gerne mal mit Live-Tiraden | |
Kongos Öffentlichkeit begeistert. Kaum jemand schimpfte im Januar 2019 so | |
lautstark und ehrlich wie sie über Oppositionsführer Felix Tshisekedi, als | |
dieser, wie sie sagte, trotz bloßen 15 Prozent bei den Wahlen Ende 2018 im | |
Rahmen eines „korrupten“ Deals [1][mit Machthaber Joseph Kabila zum | |
Wahlsieger erklärt wurde]. Jetzt wird Eve Bazaiba Vizepremierministerin | |
unter Präsident Tshisekedi und führt das Ministerium für Umwelt und | |
nachhaltige Entwicklung. | |
Kein Name in Kongos neuer Regierung, die am Montagabend vorgestellt wurde | |
und mit der Tshisekedis Partei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen | |
Fortschritt) endgültig das Kabila-Lager marginalisiert, sorgt für mehr | |
Aufmerksamkeit. Im Radio erzählte Eve Bazaiba einst, dass sie als Kind | |
gehänselt wurde, weil in der Bibel Eva die Männer in die Sünde führt. Da | |
keilte sie vor ihrer Schulklasse zurück: „Ich heiße Eve, und das ist nicht | |
schlimm, denn ich habe von der Frucht gegessen, mit der man Gut und Böse | |
unterscheidet, damit die Menschheit nicht aus Idioten besteht.“ | |
Mit Worten überzeugen ist Bazaibas Spezialität. Die 55-Jährige gehörte ab | |
1988 zu den UDPS-Aktivistinnen der ersten Stunde, als unter der | |
Mobutu-Diktatur noch jegliche Opposition verboten war. Geboren in Kisangani | |
als Tochter eines Soldaten, stürzte sie sich in die Menschenrechtsarbeit | |
und hoffte auf Demokratie nach Ende der Kongokriege. Kurz vor Kongos ersten | |
freien Wahlen 2006 kam es zum Bruch mit ihrer Partei: die UDPS boykottierte | |
die Wahl, Eve Bazaiba fand das blöd und kandidierte für das Parlament. Die | |
UDPS schloss sie aus, sie wechselte zu Ex-Rebellenführer Jean-Pierre Bemba, | |
der gegen Präsident Kabila immerhin 42 Prozent holte. Sie wurde Senatorin | |
und 2014 Generalsekretärin der Bemba-Partei MLC (Kongolesische | |
Befreiungsbewegung). Jetzt kehrt sie zwar nicht in die UDPS zurück, aber in | |
eine UDPS-geführte Regierung. | |
## Strategisches Gespür | |
[2][In Gesprächen mit der taz konnte Bazaiba ihren Eigenwillen immer | |
erklären]. Es sei doch klüger, eine starke legale Opposition zu bilden, | |
statt per Wahlboykott Kabila alles zu überlassen, erläuterte sie 2006 in | |
Kinshasa und bedauerte: „Die UDPS hat mich verlassen, nicht ich sie.“ 2004, | |
als sie als Teil einer UDPS-Delegation Berlin besuchte, erklärte sie, wie | |
man Kongo voranbringt: „Die Kombination von nationalem und internationalem | |
Druck war immer der Motor für Fortschritte im Kongo.“ | |
Bazaibas neuer Karrieresprung zeugt in diesem Sinne von strategischem | |
Gespür. Sie wird als Vizepremierministerin Ministerin für Umweltschutz und | |
nachhaltige Entwicklung – Politikbereiche, für die die Welt noch am ehesten | |
bereit ist, Geld in den Dauerkrisenherd Kongo zu stecken. Grüne Politik war | |
im Kongo bislang unwichtig; mit einer Vizepremierministerin, vor allem | |
dieser, bekommt sie einen hohen Rang. Beim Weltklimagipfel in Glasgow im | |
November soll Eve Bazaiba glänzen – für ihr Land ein Glücksfall. | |
14 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Praesidentenwahl-im-Kongo/!5564507 | |
[2] /Archiv-Suche/!725905 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Umwelt | |
Joseph Kabila | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Hungersnot | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Proteste im Kongo: Aggression auf der Straße | |
Straßenkämpfe zwischen Ethnien, Morde, Plünderungen: Der Protest gegen die | |
Unsicherheit im Osten der DR Kongo schlägt in Gewalt um. | |
Not in Demokratischer Republik Kongo: Die größte Hungerkrise der Welt | |
Ein Drittel der kongolesischen Bevölkerung leidet akut Hunger, warnen | |
Experten. Derweil lähmt politischer Stillstand auf allen Ebenen das Land. | |
Proteste gegen UN-Mission Monusco: Schnauze voll im Kongo | |
Im Osten der Demokratischen Republik Kongo breiten sich Streiks und | |
Proteste aus. Der Staat reagiert mit neuer Gewalt. |