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# taz.de -- Petition für Rettungshelikopter: Mit 660 PS zur Unfallstelle
> Der am Klinikum Friedrichshafen stationierte Rettungshubschrauber
> „Christoph 45“ soll verlegt werden. Eine Petition will das verhindern.
Bild: Einer der modernen Airbus-Hubschrauber der Luftrettung
Berlin taz | Der in Friedrichshafen am [1][Bodensee] stationierte
Rettungshubschrauber „Christoph 45“ zählt zu den modernsten der Welt. Er
ist ausgestattet wie eine Notaufnahme: mit Defibrillator, Beatmungsgerät,
Herzschrittmacher, Vitaldatenmonitor, Spritzenpumpen und Sauerstoff. Der
Helikopter vom Typ Airbus H135 ist rot-weiß, hat 660 PS und kann auf 260
km/h beschleunigen. Unfallorte im Umkreis von 60 Kilometern erreicht er in
maximal 15 Minuten.
„Der Hubschrauber ist einer der Gründe, warum ich mich hier beworben habe“,
sagt Volker Wenzel, 53, Chef der Notfallmedizin am Klinikum
Friedrichshafen. Mit 21 Jahren ist er als Sanitäter zum ersten Mal in einem
Rettungshubschrauber geflogen. Ein Einsatz ist ihm besonders in Erinnerung
geblieben: In den Achtzigern musste ein Pilot einmal bei Schnee landen,
erzählt Wenzel, weil er die Orientierung verloren hatte. „Ich bin zum
nächsten Wegweiser gelaufen, um zu gucken, wo wir sind.“
Dann berichtet er von dem Gefühl, das ihn überkommt, wenn er zu einem
Unfallort fliegt und eine verletzte Person seinetwegen überlebt. „Das ist
ein so starkes Glücksgefühl, das kann ich nicht beschreiben.“ Inzwischen
fliegt Wenzel nicht mehr mit, er wolle den jungen Ärzt*innen den Vortritt
lassen.
Doch „Christoph 45“ hebt bald vielleicht gar nicht mehr vom Klinikgelände
in Friedrichshafen ab. Ein Gutachten des baden-württembergischen
Innenministeriums hat vergangenen Sommer empfohlen, den Standort des
Hubschraubers um maximal 13 Kilometer nach Norden zu verlegen, in den
Landkreis Ravensburg. Ravensburg liege zentraler, außerdem könne der
Helikopter am Bodensee wegen Nebel häufig nicht fliegen.
## Verlegung brächte nur Nachteile mit sich
Wenzel war dabei, als das Gutachten in der Landesfeuerwehrschule in
Bruchsal vorgestellt wurde. Die Ergebnisse überraschten ihn so sehr, dass
er direkt nach der Präsentation beim Deutschen Wetterdienst anrief. „Ein
Meteorologe versicherte mir, dass das Wetter in den empfohlenen Orten im
Landkreis Ravensburg nicht besser sei als bei uns“, sagt Wenzel. Außerdem
zeigten Analysen des Wetterdienstes, dass die Sonnenscheindauer in
Friedrichshafen seit den achtziger Jahren kontinuierlich steigt.
Auch die im Gutachten genannte Versorgungslücke in der Schwäbischen Alb
existiere nicht. Der Gutachter hat mit einer Fluggeschwindigkeit von 207
km/h gerechnet. „Christoph 45 fliegt aber schneller, in der Schwäbischen
Alb sind wir wie gefordert binnen 20 Minuten“, sagt Wenzel. „Die Verlegung
nach Norden brächte nur Nachteile mit sich. Für jeden schneller erreichten
Patienten in der vermeintlichen Versorgungslücke würden wir 36 Menschen am
Bodensee später erreichen.“ Das Ministerium teilte auf Anfrage mit, der
Gutachter habe deswegen mit 207 km/h gerechnet, weil er „etwaige Umwege
durch Wettereinflüsse und Hindernisse“ berücksichtigen wollte.
Als Wenzel die Verlegung im Klinikum ansprach, hat die Pressesprecherin ihn
auf die Idee gebracht, [2][eine Petition zu starten]. Seit Januar haben
20.500 Menschen unterschrieben, davon mehr als 18.000 aus
Baden-Württemberg. Sobald 21.000 aus dem Land unterzeichnet haben, will
Wenzel die Unterschriften an den Landtag übergeben. „Christoph 45 muss bei
uns am Bodensee bleiben“, sagt er. Nicht zuletzt wegen der Badeunfälle im
Sommer.
13 Apr 2021
## LINKS
[1] /Abschied-vom-Bodensee/!5752811
[2] https://www.openpetition.de/petition/online/rettungshubschrauber-christoph-…
## AUTOREN
Rieke Wiemann
## TAGS
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