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# taz.de -- Deutsche Botschaften in Coronakrise: Ein Jahr warten auf den Vater
> Deutsche Botschaften arbeiten wegen Corona zurzeit nur eingeschränkt.
> Weil Elternteile kein Visum bekommen, werden Familien getrennt.
Bild: Mutter und Sohn allein zum einjährigen Geburtstag – der Vater sitzt in…
Berlin taz | Der Sohn von Christine Hoffmann (Name geändert, d. R.) wurde
vor Kurzem ein Jahr alt. Es war ein schöner Tag. Die Großeltern
mütterlicherseits kamen zu Besuch, es gab Geschenke und die Familie machte
einen Ausflug. Nur: Der Vater war nicht da. Er konnte sich nur
zwischendurch aus Ägypten dazuschalten, erzählt Hoffmann. Per
Videokonferenz sang er dann ein Geburtstagslied, immerhin.
In echt konnte der Vater seinen Sohn bis heute nicht sehen. Das Problem: Er
ist Ägypter und lebt in Ägypten. Seit der Geburt des Sohnes wartet er
darauf, ein Visum zur Familienzusammenführung zu bekommen und nach
Deutschland zu reisen. Voraussetzung dafür ist allerdings eine
Vaterschaftsanerkennung, die an der deutschen Botschaft in Kairo
durchgeführt werden muss.
Und bis Anfang März gab es dafür ein Jahr lang keine Termine: Die
zuständigen Stellen an deutschen Auslandsvertretungen sind schon zu
normalen Zeiten oft überlastet. In der [1][Pandemie] haben sie ihr Angebot
noch weiter heruntergefahren – zulasten von Familien wie der von Christine
Hoffmann.
Ihre Situation ist ungewöhnlich, aber kein Einzelfall: Hoffmann sagt, sie
habe ihren Partner im Ägypten-Urlaub kennengelernt. Die beiden verliebten
sich und Hoffmann verbrachte von da an jeden Urlaub bei ihm. Als sie im
Sommer 2019 schwanger wurde, beschlossen sie, sich nach der Geburt ein
gemeinsames Leben in Deutschland aufzubauen. Dafür setzte das Paar auf das
Visum zur Familienzusammenführung, das dem Vater eigentlich zusteht – gäbe
es nicht das Problem mit dem Termin zur Vaterschaftsanerkennung.
## „Massiver Eingriff in Grundrechte“
Solche Beurkundungen hätten „deutsche Auslandsvertretungen pandemiebedingt
weltweit vor besondere Herausforderungen gestellt“, antwortet das
Auswärtige Amt auf eine Frage der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke
(Linke). Bei solchen Terminen müssten sich Antragsteller*innen,
Beamt*innen und Dolmetscher*innen eine Stunde oder länger in einem
Raum aufhalten. „Das bedeutet für alle Beteiligten ein sehr hohes
Ansteckungsrisiko.“
In Kairo arbeite die Botschaft wegen Corona abwechselnd in einem A- und
einem B-Team, wodurch die Kapazitäten weiter eingeschränkt seien. Erst mehr
als ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie hat die Botschaft die Beurkundungen
im März wieder aufgenommen. Wie viele Vertretungen in anderen Ländern die
Terminvergabe ebenfalls eingestellt hatten oder noch haben, kann das
Ministerium auf Anfrage nicht sagen: Man führe keine Statistik.
„Für viele binationale Familien wurde mit der Aussetzung der Beurkundungen
auch [2][die Familienzusammenführung in Deutschland unmöglich]“, sagt die
Linken-Abgeordnete Jelpke. „Eine einjährige Trennung ist ein massiver
Eingriff in Grundrechte und auch in Pandemiezeiten nicht zu rechtfertigen.“
Im Falle von Hoffmann und ihrem Partner dauert die Trennung sogar noch
länger: Die Vaterschaftsanerkennung fand mittlerweile zwar statt. Das Visum
ist beantragt. Der Vater muss jetzt aber noch letzte Unterlagen bei der
Botschaft vorlegen. Dafür konnte er bisher allerdings noch keinen Termin
ergattern.
8 Apr 2021
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## AUTOREN
Tobias Schulze
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