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# taz.de -- Gesetzliche Testpflicht für Unternehmen: Keine Einigung in Sicht
> Niedersachsens Gewerkschaften fordern eine Pflicht für Unternehmen,
> Arbeitnehmer:innen Coronatests anzubieten. Aber die Wirtschaft will
> nicht.
Bild: So geht’s: Ein geschulter Mitarbeiter führt bei einem Kollegen einen S…
Bremen taz | Infektionen am Arbeitsplatz spielten lange keine große Rolle
in der Pandemiebekämpfung. Shutdown ja, aber nicht auf Kosten der
Unternehmen, hieß es oft aus der Politik. Doch seit Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) Ende März eine Testpflicht auch für Unternehmen vorgeschlagen
hatte, wird verstärkt über Schnelltests für Arbeitnehmer:innen
diskutiert. Nun verhärten sich die Konfliktlinien zwischen
Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen.
Die Gewerkschaften sehen angesichts steigender Infektionszahlen die
Unternehmen in der Pflicht. „Der Arbeits- und Gesundheitsschutz ist jetzt
höchstes Gebot“, sagt Tina Kolbeck-Landau vom Deutschen Gewerkschaftsbund
(DGB) Niedersachsen. Unternehmen seien mitverantwortlich, mit Schnelltests
das Infektionsrisiko am Arbeitsplatz zu minimieren.
Eine Reihe von Unternehmen setzt diese Forderung bereits um: Vier Wochen
nach einem Aufruf testeten bereits zwischen 80 und 90 Prozent der deutschen
Unternehmen oder bereiteten den Teststart unmittelbar vor. Das geht aus
einem Schreiben der Spitzenverbände an Bundeskanzlerin Merkel hervor.
Volkswagen etwa biete seit Anfang April zweimal pro Woche Selbsttests für
alle Beschäftigten an, heißt es auf Nachfrage der taz aus dem Konzern.
In Niedersachsen waren es laut einer Studie der dortigen Industrie- und
Handelskammer (IHK) von Ende März indes nur rund 50 Prozent der
Unternehmen, die testeten oder einen Test vorbereiteten. Das seien zu
wenig, kritisiert Kolbeck-Landau. Die Selbstverpflichtung der Wirtschaft
habe zu oft versagt, zu oft fehle es in Betrieben an Tests, zu oft setzten
sich Arbeitnehmer:innen einem vermeidbaren Infektionsrisiko aus, etwa
in Großraumbüros.
## Hohe Infektionsrisiko in Großraumbüros
Ein hohes Infektionsrisiko bescheinigte auch das Hermann-Rietschel-Institut
der TU Berlin den Großraumbüros: Laut dessen Studie steckt eine infizierte
Person ohne Mund-Nasen-Schutz in einem Büro mit 50-prozentiger Belegung
acht andere Menschen an – der R-Wert ist in diesem Büroszenario also
achtmal höher als etwa bei einem Supermarktbesuch mit Schutzmaske. Werden
Arbeitnehmer:innen hingegen regelmäßig auf Covid-19 getestet, könne
das Infektionsrisiko am Arbeitsplatz verringert werden, so Kolbeck-Landau.
Der DGB fordert daher, Unternehmen gesetzlich dazu zu verpflichten, ihren
Arbeitnehmer:innen kostenlos Schnelltests anzubieten.
Testmöglichkeiten fehlten laut Kolbeck-Landau insbesondere dort, „wo es
keine betriebliche Interessenvertretung gibt – also in kleinen und
mittleren Unternehmen“.
Doch gerade Betriebe dieser Größe stünden vor großen Herausforderungen bei
der Umsetzung, entgegnet Stefan Noort von der Industrie- und Handelskammer
(IHK) Hannover. Vor allem Lieferschwierigkeiten stellten für viele Betriebe
ein großes Problem dar – „und je kleiner das Unternehmen, desto größer s…
auch die Probleme bei der Testbeschaffung“, sagt Noort.
Große Betriebe wie Volkswagen könnten „mit ganz anderen Mengen und
Lieferbeziehungen agieren“ und hätten weniger Probleme bei der
Testbeschaffung. Zudem hätten viele Unternehmen weder die Qualifikation
noch die Kapazität, Coronatests für ihre Arbeitnehmer:innen
anzubieten. Von der Politik fordert Noort, den Betrieben die notwendigen
Informationen bereitzustellen und Schulungen für den richtigen Umgang mit
Schnelltests zu fördern. Denn laut einer Umfrage der IHK Niedersachsen
fühlt sich rund ein Drittel der Unternehmen mit der Umsetzung von
Coronatests überfordert.
## Tests in Schulen verpflichtend
Insgesamt aber sieht Noort im Hinblick auf Coronatests eine „große
Bereitschaft“ bei Unternehmen. Von einer Testpflicht in Unternehmen halte
er deshalb nichts. „Wenn die Politik Selbsttests vorschreiben möchte, muss
sie auch Möglichkeiten geben, sie umzusetzen“, sagt er.
Dem Gewerkschaftsbund Niedersachsen reicht die bloße Bereitschaft der
Unternehmen nicht. Es sei unverständlich, warum Selbsttests für
Arbeitnehmer:innen eine hohe Qualifikation von den Unternehmen
abverlangen würden, schließlich würden Selbsttests auch in Kitas und
Schulen verwendet – „Warum die nicht auch in allen Unternehmen angewendet
werden können, wenn es offensichtlich sogar Schulkinder hinkriegen,
leuchtet mir nicht ein“, sagt Kolbeck-Landau.
In den Schulen im Norden sind diese Tests mittlerweile verpflichtend – für
Unternehmen gelte aber noch das Gebot der Freiwilligkeit, heißt es auf
Nachfrage der taz aus den zuständigen Ministerien. Nur in Bremen befürworte
der Senat eine gesetzliche Testpflicht für Unternehmen. Allerdings warte
die Hansestadt laut Gesundheitsressort zunächst auf eine Entscheidung auf
Bundesebene – die gibt es laut Kanzleramt voraussichtlich erst Mitte April.
7 Apr 2021
## AUTOREN
Philipp Nöhr
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Niedersachsen
DGB
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Schule und Corona
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