# taz.de -- Senat verlängert Lockdown: „Nicht übers Ziel hinaus schießen“ | |
> Die rot-rot-grüne Landesregierung lässt Einkäufe mit Terminbuchung zu, | |
> senkt aber die Altersgrenze für Gruppensport im Freien von 14 auf 12 | |
> Jahre. | |
Bild: Bloß nicht zu schnell lockern: Die Spitze des Senats drückte am Donners… | |
BERLIN taz | An dem Tag, an dem viele in Berlin auf Lockerungen der | |
Coronaregeln hoffen, sagt der Regierungschef des Landes: „Wir sind | |
vielleicht in der schwierigsten Phase der Pandemiebekämpfung.“ Sein Vize | |
und Kultursenator wird wenig später nachlegen: „Es gibt auch die Notbremse, | |
dass wir Öffnungsschritte wieder zurück nehmen.“ Die Botschaft von SPD-Mann | |
Michael Müller und Klaus Lederer von der Linkspartei ist klar: Einen Tag | |
nach der von Müller mit vorbereiteten Einigung zwischen den Bundesländern, | |
[1][die Berlin fast komplett übernimmt], müht sich die politische Spitze | |
merklich, die Erwartungen klein zu halten. | |
Rund drei Stunden hat der rot-rot-grüne Senat zuvor getagt und lobt sich | |
nun dafür, neben Hamburg jenes Bundesland zu sein, das die Verabredungen | |
der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin am engsten umsetze. | |
Blumenläden, Gärtnereien, Einkaufen mit vorheriger Terminbuchung via | |
Internet, alles kommt wie am Mittwoch verabredet, mehr nicht. Die | |
Buchläden, bei denen Berlin zu Lockdown-Beginn noch ausscherte und sie als, | |
so Lederer damals, „geistige Tankstellen“ offen ließ, können nun auch | |
anderswo öffnen. Prostitution ist nicht den wieder möglichen „körpernahen | |
Dienstleistungen“ wie Kosmetik- und Tattoostudios zugeordnet und bleibt | |
verboten. Gastronomie und Hotels müssen weiter auf Lockerungen warten. | |
Bevor man sich da fragen kann, wo da der föderale Aspekt bleibt, der eigene | |
Ansatz eines Bundeslands, bekommt man doch noch eine Berliner Besonderheit | |
zu hören: Den auf Bundesebene verabredeten Sport im Freien in Gruppen von | |
bis zu 20 Personen, der überall sonst für Kinder und Jugendliche bis 14 | |
Jahren wieder möglich sein soll, lässt der Senat nur für bis zu 12-Jährige | |
zu. Warum? Weil das nach Worten von Müller das Grundschulalter ist und mit | |
dieser Altersgrenze schon mal so in Berlin geregelt war. | |
Dafür gibt es umso mehr verbale Dresche für jemanden, dessen konkreter Name | |
in der Pressekonferenz gar nicht fällt: Der Bundesgesundheitsminister – | |
Jens Spahn von der nicht im Berliner Senat vertretenen CDU also – habe | |
dieses nicht gemacht, jenes versäumt und anderes unterlassen. Dabei habe, | |
wie Lederer feststellt, die Pandemie ja nicht gestern, sondern vor einem | |
Jahr begonnen. „Man wundert sich, dass es ein Ministerium, das sich den | |
lieben langen Tag mit Gesundheit beschäftigt, nicht schafft, mal einen | |
Schritt vor der Welle zu sein“, sagt der Vize-Regierungschef. | |
## Hausärzte sollen endlich impfen dürfen | |
Den drei Senatsmitgliedern in der Pressekonferenz – neben Müller und | |
Lederer sitzt noch Ramona Pop von den Grünen, gleichfalls | |
Vize-Regierungschefin – fehlt konkret eine nationale Impfstrategie, weshalb | |
Berlin so etwas selbst für sich aufbauen will. Müller vermisst zudem, dass | |
Spahn mit seinem Ministerium noch nicht den rechtlichen Rahmen dafür | |
geschaffen habe, dass auch niedergelassene Ärzte in ihren Praxen gegen | |
Corona impfen dürfen. | |
Das sei zwar so verabredet, aber noch nicht passiert. „Es ist aber jetzt | |
auch allerhöchste Eisenbahn“, sagt Müller – und wehrt sich zugleich gegen | |
den Vorwurf, in Berlin bleibe Impfstoff liegen: „Was in den Impfzentren zur | |
Verfügung steht, wird verimpft.“ Man halte nur einen Puffer für die | |
Impfungen der folgenden Woche vor, weil es noch keine sicheren | |
Impflieferungen gebe. | |
Nicht nachlassen, nicht sorglos werden, auch das betonen die drei immer | |
wieder. „Wir haben tausende Menschenleben retten können“, rechtfertigt | |
Müller den bisherigen Weg der Einschränkungen. Deshalb dürfe man bei | |
Lockerungen „nicht übers Ziel hinaus schießen und alles wieder kaputt | |
machen.“ Wie zuletzt in jeder solchen Pressekonferenz zu Coronamaßnahmen | |
hebt Müller hervor, dass man merke, dass die Menschen emotional an ihre | |
Grenzen kommen – „das sehen wir, das ist nichts, wo wir einfach schnoddrig | |
drüber hinweg gehen.“ | |
Erste Reaktionen waren schon nach der Ministerpräsidentenkonferenz nicht | |
begeistert ausgefallen. Unzufrieden zeigte sich etwa die Präsidentin der | |
Berliner Industrie- und Handelskammer, Beatrice Kramm. „Insbesondere für | |
Gastronomie, Handel, Sport, Veranstaltungsbranche oder Tourismus bietet das | |
wieder keine echte Perspektive“, war von ihr zu lesen. Vieles ist aus ihrer | |
Sicht zudem zu unverständlich – „das sehen wir auch an den zahlreichen | |
Nachfragen bei unserer Coronahotline am Donnerstagvormittag sowohl zu den | |
Öffnungsschritten, aber auch zu den angekündigten Tests in Betrieben.“ | |
4 Mar 2021 | |
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[1] https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2021/pressemitte… | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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