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# taz.de -- Brillen in Coronazeiten: Wie wär’s mit Telefonieren?
> Die Brille beschlägt mit der Maske. Ohne Brille sieht man aber nichts und
> schreibt komische Nachrichten auf dem Mobiltelefon.
Bild: Gar nicht so einfach: Telefonieren mit Maske und Brille
Ich gehe spazieren, und eine Nachricht erscheint auf meinem Handy. Als ich
auf das Display sehe, verschwimmen die Buchstaben. Keine Chance,
irgendetwas zu erkennen, außer dem Bild des Freundes, von dem die Nachricht
stammt. Ich habe meine Brille draußen nicht mehr auf, und, noch schlimmer,
ich vergesse sie inzwischen zu Hause. Seitdem ich FFP2-Maske trage, habe
ich das Problem, dass meine Brille andauernd beschlägt.
Erst dachte ich, es sei wie üblich der Wechsel von draußen nach drinnen,
sobald ich ein Geschäft betrat, aber bald stellte ich fest, dass sie immer
beschlug, weil ich atmete. Vielleicht atme ich ja häufiger, wärmer oder
stärker als andere, überlegte ich und verwarf den Gedanken wieder. Statt
weniger oder kaum zu atmen, versuchte ich alle Tipps und Tricks, die mir
andere rieten, die dasselbe Problem hatten.
Ich zog mir die Bänder der Seiten in einem Kreuz über die Ohren, damit die
Maske enger anlag, ich verbog das Metalldrähtchen über dem Nasenrücken bis
zur Zerstörung und klebte mir schließlich ein Pflaster oben auf die Nase an
den Rand der Maske. Ich setzte die Brille etwas weiter unten auf die Maske
und kaufte Antibeschlagtücher. Nichts half.
Ich tapere seitdem also ohne Brille durch die Gegend. Mit der Fernsicht ist
es nicht so schlimm, ich übersehe manchmal Bekannte, die es mir hoffentlich
verzeihen, aber da ich seit Neuestem auch lesebeeinträchtigt bin, passieren
nervige Dinge. Zu Hause stelle ich nach einem Einkauf ohne Brille manchmal
fest, dass ich Spülung statt Shampoo gekauft habe, Milchreis statt Basmati
oder Mohn statt Chiasamen.
## Freu mich schon auf dich
Außerdem kann ich unterwegs weder Nachrichten lesen noch sie verschicken.
Das heißt, ich kann sie schon verschicken, aber niemand versteht sie. Meine
letzte Nachricht an eine Freundin lautete: Greui nicj dchon auf dixk.
Es kamen drei Fragezeichen zurück, und ich musste in einer folgenden
Sprachnachricht erklären, was ich sagen wollte.
Ich bin inzwischen draußen zu Sprachnachrichten übergegangen. Großartig,
finde ich. Großartig bis auf morgens. Da bin ich noch etwas maulfaul. Aber
am Tag spreche ich nun die sonst mühsam getippten und noch mühsamer zu
korrigierenden Nachrichten in einem Bruchteil der Zeit ein. Dazu fällt
einem noch dieses und jenes ein, oder derjenige am anderen Ende erlebt
quasi live etwas von einem mit.
Neulich zum Beispiel war ich mitten dabei, die Nachricht an eine Freundin
einzusprechen, als ein Kind auf dem Rad, ohne zu gucken, über einen
Zebrastreifen fuhr und ein offenbar schlafender Autofahrer scharf abbremsen
musste. Ich zog die Luft in einem geräuschvollen Ton ein, so erschreckte
ich mich, ließ meinen Daumen aber offenbar nicht vom Mikro.
## Livehörspiel
Es war ein Livehörspiel. Hörte man die Nachricht noch einmal an,
unterbreche ich mitten im Satz, dann hört man quietschende Bremsen, meinen
Ton des Erschreckens, das Anfahren des Autos und meinen erleichterten
Bericht, dass noch mal alles gut gegangen ist. Meine Freundin fand es
super.
Jetzt spreche ich wieder eine Sprachnachricht ein, in der ich den Freund
frage, ob er mir nicht auch eine Sprachnachricht schicken könne, denn ich
sei unterwegs und meine Brille sei zu Hause.
„Wie wär’s mit Telefonieren, so ganz Old School?“, schlägt er in einer
Sprachmitteilung vor, und ich antworte: Das geht natürlich auch. Auf die
Idee war ich gar nicht gekommen.
11 Mar 2021
## AUTOREN
isobel markus
## TAGS
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Brille
Atemschutzmasken
telefonieren
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