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# taz.de -- Protest gegen Putsch in Myanmar: Ungehorsam als Widerstand
> Beamt:innen und Staatsangestellte wehren sich mit zivilem Ungehorsam
> gegen die Militärherrschaft. Das erfordert Mut und Opferbereitschaft.
Bild: Beteiligung am Protest gegen den Militärputsch in Bürokleidung in Yango…
Yangon taz | Drei Tage nach dem [1][Putsch vom 1. Februar] begann in
Myanmar eine [2][Kampagne des zivilen Ungehorsams], benannt nach ihren
englischen Initialen CDM (Civil Disobedience Campaign). Zuerst streikten
Ärzt:innen und Pfleger:innen staatlicher Krankenhäuser, danach folgte
Lehrpersonal an Schulen und Universitäten.
Inzwischen haben sich Zehntausende Mitarbeiter:innen von Ministerien,
Behörden und Staatsbetrieben angeschlossen. Sollte die Arbeit länger ruhen,
schwächt dies die Militärregierung.
Sich politischen Streiks anzuschließen, ist für viele aber nicht einfach.
Denn Vorgesetzte üben Druck aus, und mancherorts lässt sich das Militär
Listen der Arbeitsverweigerer aushändigen, um sie festzunehmen oder zu
bedrohen.
Die Ingenieurin Mai Suitaraw hat sich am 7. Februar dem zivilen Ungehorsam
in der Abteilung Ländliche Entwicklung im Landwirtschaftsministerium im
Chin-Staat angeschlossen. Sie fordert Kolleg:innen zum Mitmachen auf.
## Schwarze Listen und Geldnot
„Ich habe mich damit abgefunden, dass ich bald gefeuert und dann auf einer
schwarzen Liste stehen werde“, sagt sie. „Freunde von mir wollten auch
mitmachen. Aber Familienangehörige halten sie davon ab. Die haben Angst,
weil sie selbst einmal gefoltert wurden, als sie früher gegen das Militär
protestiert hatten.“
Mai Suitaraw schätzt, dass die CDM-Bewegung zur Hälfe aus
Mitarbeiter:innen von Behörden und Ministerien besteht. Doch nicht
alle Streikenden beteiligten sich aktiv an Protesten. „Wir lehnen die
Herrschaft der Generäle ab und wollen nicht für ihre Regierung arbeiten“,
sagt sie.
„Manche Kollegen sind dringend auf ihr Gehalt angewiesen und müssen schon
Geld bei Freunden leihen,“ erklärt Mai Suitaraw. Sie sucht deshalb nach
Spendern unter Landsleuten im Ausland, damit mehr bei der
Arbeitsverweigerung mitmachen können.
Eine Studierendengruppe hat bis Ende letzter Woche 3 Millionen Kyat (1.735
Euro) gesammelt, um Streikende im Bildungssektor zu unterstützen, berichtet
Thet Phone Shein Toe. Er hat die Gruppe mitgegründet, die in fünf
Großstädten aktiv ist.
## Verlockende Boni
„Aber wir sind verwundbar, wenn die Militärs wieder das Internet oder
Facebook sperren“, sagt er. Seine Gruppe will ein Kuriersystem aufbauen,
bei dem es wieder wie früher und trotz Covid-19 persönliche Treffen gibt.
„Ein anderes Problem ist der große Druck“, sagt auch er. „Einige haben
zunächst mitgemacht, dann aber dem Druck nachgegeben und sind an ihre
Arbeit zurückgekehrt.“ Einige Ämter und Ministerien zahlten jetzt sogar
einen Bonus für Anwesenheit.
Ältere Staatsangestellte fürchten bei einer Beteiligung an der CDM-Kampagne
ihre Pension zu verlieren. Die 50-jährige Myat Thu, die in einem
ungenannten Ministerium arbeitet, sagt, sie arbeite weiter, weil ihre
Familie dringend ihr Gehalt brauche, nachdem das kleine Geschäft ihrer
Familie in der Pandemie pleite ging.
„Mein Mann und meine Tochter sind arbeitslos. Ich bin jetzt die Einzige
unserer Familie mit einem Job. Deshalb kann ich die Arbeit schlecht
boykottieren. Doch werde ich jetzt auch noch angefeindet“, sagt Myat Thu.
„Ich weiß wirklich nicht, was ich noch machen soll.“
## Rauswurf aus dem Schwesternheim
Die größte Beteiligung gibt es im Gesundheits- und Bildungsbereich, während
nur wenige aus Behörden mitmachen. Der Arzt Nyi Zaw vom Allgemeinen
Krankenhaus Nord-Okkalapa in Yangon fordert seit dem 3. Februar Mediziner
auf, sich dem zivilen Ungehorsam anzuschließen.
„Wir wollen nicht für das verhasste Militär arbeiten. Unsere
Krankenschwestern wurden schon beschimpft und aus dem Schwesternheim
geworfen. Doch jetzt protestiert auch unser Abteilungsleiter, und der Druck
ist geringer geworden“, sagt der Arzt. „Mir tun die Patienten leid, aber um
die Generäle zu stoppen, müssen wir streiken.“
Inzwischen gibt es auch bei Banken CDM-Aktionen. Sie müssten dort aber aus
Sorge um das Bargeld gut vorbereitet sein.
18 Feb 2021
## LINKS
[1] /Staatssteich-in-Myanmar/!5744873
[2] /Kampagne-des-zivilen-Ungehorsams/!5746617
## AUTOREN
Nyein Ei Ei Htwe
## TAGS
Schwerpunkt Myanmar
Militärputsch
Ziviler Ungehorsam
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