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# taz.de -- Fußball-Personalien: Die Hektikkicker
> Die Wechsel von Marco Rose und Fredi Bobic zeigen: Das Setzen auf
> schnellen Erfolg ist ein Fehler. Aber das System Profifußball verlangt
> danach.
Bild: Unverdächtige Karriereanfänge: Marco Rose (FSV Mainz, li.) und Fredi Bo…
Hier geht es heute um Fredi Bobic und [1][Marco Rose], die Personalien der
Woche. Der eine verlässt als Sportdirektor Eintracht Frankfurt, vermutlich
zu Hertha BSC. Der andere verlässt als Cheftrainer Borussia
Mönchengladbach, sicher zu Borussia Dortmund.
Gemeinsam ist beiden, dass sie sich von etwas, das sie erfolgreich
aufgebaut haben, verabschieden, um bei Klubs anzuheuern, die in dieser
Saison kaum jemand als erfolgreich aufgebautes Projekt bezeichnen würden.
Dortmund hat sich von dem langfristig arbeitenden Trainer Lucien Favre
getrennt, um mit einer Trainer-Interims-Lösung irgendwie noch die
finanziell scheinbar überlebenswichtige Champions League zu erreichen.
Hertha hat nach peinlich lautem Getöse, man wolle ein [2][Big-City-Club]
sein, mit Pal Dardai genau den Trainer zurückgeholt, den man einst
weggeschickt hatte, weil man doch ach so große Pläne hatte.
Dennoch sind weder Dortmund noch Hertha zurück auf Start. Keiner von beiden
Klubs signalisiert dem neuen Cheftrainer oder neuen Sportdirektor, das
diese nach den jüngsten Anläufen nun in Ruhe das tun könnten, was sie in
den vergangenen Jahren bei ihren alten Klubs bewiesen haben: Dass sie, wenn
man sie in Ruhe arbeiten lässt, ein gutes Aufbauwerk hinlegen können. Nein,
die neuen Klubs von Rose und Bobic erwarten genau das von ihren neuen
leitenden Angestellten, wofür diese nicht unbedingt stehen: den schnellen
und den sicheren Erfolg.
## Bloß nicht den Ertrag der Arbeit ernten!
Das irritiert auf Seiten der Klubführungen besonders deswegen, weil keiner
in Zeitnot gehandelt hat: Sowohl BVB als auch Hertha hätten in aller Ruhe
den Markt sondieren, mit potenziellen Bewerbern gründliche Gespräche führen
können.
Aber auch auf Seiten von Rose und Bobic irritiert das, denn auch die haben
beide ohne Not gehandelt. Eigentlich noch schlimmer: Sie verlassen beide
ihre Klubs in dem Moment, in dem der Lohn für die bisherige Arbeit
eingefahren werden könnte. Mönchengladbach war (bis zu dem Moment, als Rose
den Wechsel verkündete) dabei, eine sichere Größe unter den Topklubs der
Bundesliga zu werden. Und Eintracht Frankfurt spielt noch eine sensationell
gute Saison wie seit Stepanovic nicht mehr. Eigentlich sollte hier wie dort
jeder Verantwortliche sich um das bemühen, was gemein Qualitätssicherung
heißt.
Tut aber niemand. Das Paradoxon heißt: Alle haben Zeit, also handeln alle
überhastet.
Der Ruhe, die Klubs, Trainer und Sportdirektor eigentlich haben sollten,
steht der subjektiv wahrgenommene Zwang entgegen, jetzt, sofort und subito
ganz viel einsacken zu wollen. Das ist gar kein individuelles Manko von
Rose oder Bobic, kein Ausweis doofer Unternehmensführung bei Dortmund oder
Hertha, sondern es verweist auf den Zustand des Berufsfußballs in
Deutschland. Die langfristige Arbeit wird nur auf der Verlautbarungsebene
geschätzt, werden mal ein paar Spiele in Folge verloren, geraten die meist
viel zu ambitioniert formulierten Saisonziele in Gefahr, glaubt man handeln
zu müssen.
Dass solches Denken falsch ist, wissen eigentlich alle: Gerade die Arbeit
von Rose und Sportdirektor Max Eberl bei Mönchengladbach und von Bobic und
Cheftrainer Adi Hütter zeigt, wie viel Ertrag möglich ist, wenn man
kompentente Leute erst einmal arbeiten lässt. Ähnliche Beweise können
derzeit bei Union Berlin und schon recht lange beim SC Freiburg besichtigt
werden.
Aber nur, weil man weiß, dass es falsch ist, heißt im Profifußball ja
nicht, dass man anders handelt. Der Druck, auf jeden Fall immer ganz, ganz
oben dabei sein müssen, ist offensichtlich zu groß.
5 Mar 2021
## LINKS
[1] /Trainerwechsel-bei-Borussia-Dortmund/!5747257
[2] /Trainerwechsel-bei-Hertha/!5744027
## AUTOREN
Martin Krauss
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