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# taz.de -- Petition für Golfplatz-Öffnungen: Ist ein Hektar pro Person zu we…
> In Nordrhein-Westfalen sind Golfanlagen pandemiebedingt geschlossen. Ein
> Platzbetreiber-Paar hat Unterschriften gesammelt, damit sich das ändert.
Bild: Wer golft, hat Platz
Müsste man sich eine Sportart ausdenken, die unter Coronabedingungen gut
funktioniert, würde man wohl auf ungefähr Folgendes kommen: Sie sollte
draußen stattfinden, natürlich, wegen der Aerosole. Man sollte sie zu zweit
oder sogar allein betreiben können. Direkter Körperkontakt wäre nicht
vorgesehen, und damit ihnen wirklich keiner zu nahe kommt, müssten die
Sportler mit einer 1,80 Meter langen Metallstange herumfuchteln. Überhaupt
sollte jeder viel Platz haben – ein Hektar pro Person wäre gut – und die
Sportanlange nach dem Einbahnstraßenprinzip gestaltet sein, das gerade
überall praktiziert wird.
Hat man all das bedacht, wird man sehen, dass es so eine Sportart schon
gibt. Sie nennt sich [1][Golf]. Und tatsächlich darf aktuell in Deutschland
gegolft werden – allerdings nicht überall. In Nordrhein-Westfalen, Bayern,
Schleswig-Holstein und Sachsen sind die Plätze zu.
Ute und Franz Ludwig Schulze Kersting wollen das nicht akzeptieren. Das
Ehepaar betreibt einen Golfplatz in Werne an der Lippe. Noch im Dezember
[2][starteten sie die Petition] „Golf während Corona in NRW in 2er Flights
erlauben“, das Wort „Flight“ bezeichnet, wie viele Spieler gemeinsam auf
eine Runde gehen. In der Golfszene verbreitete sich die Sache schnell:
Innerhalb von vier Wochen unterzeichneten knapp 14.500 Menschen die
Petition, Ende Januar wurde sie beim nordrhein-westfälischen Landtag
eingereicht.
„Selbst beim Spazierengehen und Joggen ist das Infektionsrisiko größer.
Unsere Stadtwälder sind voll“, unterstreicht Ute Schulze Kersting ihr
Anliegen. „Da macht es doch keinen Sinn, dass unsere Golfer da auch noch
rumlaufen. Wir haben 55 Hektar.“ Viele würden deswegen in benachbarte
Bundesländer ausweichen. Längst gibt es einen Golftourismus nach Hessen und
Niedersachsen, sinnvoll für die Pandemieeindämmung sei das nicht.
## Golf als Gesundheitsfaktor
Denn ja, es wird auch im Winter gespielt. „Die Golfer gehen bei Wind und
Wetter raus, die sind das ja gewöhnt“, sagt Schulze Kersting. Wenn es
schneit, dann spielen sie mit bunten Bällen, nur bei Frost bleibe der Platz
zu, um den sensiblen Rasen zu schonen. „Manche golfen drei-, viermal die
Woche. Die bewegen sich, die sind an der frischen Luft, die konzentrieren
sich auf die Schläge und Bewegungen und können dabei abschalten. Das
brauchen sie für ihre Gesundheit.“
Während des „Lockdown light“ war Golfen in Nordrhein-Westfalen noch
möglich. Doch seit dem 16. Dezember gilt, dass der Amateursportbetrieb auf
öffentlichen und privaten Anlagen unzulässig ist. Ein Golfplatz wird da wie
ein Fitnessstudio behandelt. „Doch solche Anlagen sind ja kein eingezäuntes
Gelände. Da sind auch öffentliche Wege dabei“, sagt Ute Schulze Kersting.
Und Spazierengehen sei auf dem Golfplatz in Werne auch weiterhin gestattet,
das hat sie sich vom Ordnungsamt bestätigen lassen. Nur eben ohne
Golfschläger.
Wirklich nachzuvollziehen seien die Regeln nicht, findet Schulze Kersting
und erzählt, dass einige der Golfplatz-Mitglieder auch im
Modellfliegerverein seien, bei dem das Flugfeld ebenfalls dicht ist. „Im
ersten Lockdown haben die bei uns ihre Flugzeuge fliegen lassen und auf dem
Flugplatz ein paar Bälle geschlagen.“ Da war das noch erlaubt.
## Das Dilemma mit den Öffnungen
Wieso muss etwas zubleiben, dass so gut wie kein Infektionsrisiko bietet?
An der Golffrage zeigt sich exemplarisch, wie schwer es für Politik ist,
Öffnungen und Schließungen zu handhaben. Da werden grobe Linien gezogen und
Kategorien geschaffen, wie „Individualsport“ oder „private Sportanlagen�…
Man definiert vielleicht noch Ausnahmen und Ausnahmen von Ausnahmen, doch
egal, wie man es macht – am Ende kommt immer die Frage „Warum dürfen wir X
nicht, wenn andere Y dürfen?“, weil die Abstufungen von riskant zu
unbedenklich einfach nicht trennscharf sind.
Wenn Golf geht, was ist mit den Outdoor-Tennisplätzen? Oder Fußball zu
viert? Und wie kontrolliert man das? Dass zusätzlich alles von 16
Bundesländern unterschiedlich gehandhabt wird, steigert diese gefühlte
Ungerechtigkeit noch weiter. Doch wie man es dreht und wendet, es will
einem wirklich schwer in den Kopf, warum Golfen zu zweit nicht möglich sein
soll. Selbst RKI-Präsident Lothar Wieler habe im Februar in einem Berliner
Golfplatz eine Startzeit gebucht, [3][schreibt der Tagesspiegel].
Die Schulze Kerstings haben Hoffnung, dass ihre Petition etwas bewegt. Ihre
finanzielle Existenz ist aktuell immerhin nicht gefährdet, und genug zu tun
hat das Ehepaar auf der Golfanlage auch ohne Besucher: „Das Gras wächst ja
weiter. Das muss jeden Tag gemäht, bewässert und gepflegt werden.“
19 Feb 2021
## LINKS
[1] /Golf/!t5032420
[2] https://www.openpetition.de/petition/online/golf-waehrend-corona-in-nrw-in-…
[3] https://golf.tagesspiegel.de/nach-gerichtsbeschluss-gross-kienitz-schliesst…
## AUTOREN
Michael Brake
## TAGS
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