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# taz.de -- Umgang mit Kremlgegner Alexei Nawalny: Amnesty sorgt für Irritatio…
> Die Menschenrechtsorganisation kündigt im Fall Nawalny eine interne
> Prüfung an. Der Kremlgegner wurde derweil in ein Straflager verlegt.
Bild: Mit Guantanamo-Häftlingen solidarisch, mit Nawalny nicht? Protest vor US…
Berlin/Moskau taz | Der Beschluss von Amnesty International, dem
inhaftierten russischen Oppositionspolitiker Alexei Nawalny den Status des
„gewaltfreien politischen Gefangenen“ (Prisoner of Conscience) zu
entziehen, sorgt weiter für Wirbel. Die Sache sei „schiefgelaufen“, gab
Amnesty-Generalsekretärin Julie Verhaar am Samstag zu und kündigte eine
interne Untersuchung an.
„Während die Propaganda des Kreml keine Rolle bei unserer
Entscheidungsfindung spielte, ist es völlig klar, dass wir Ziel einer
Verleumdungskampagne der russischen Regierung geworden sind“, [1][erklärte
Verhaar]. Amnestys Verfahrensabläufe hätten „versagt“, und „wir werden …
interne Untersuchung darüber durchführen, was schiefgelaufen ist und wie
wir in diese Lage geraten sind“.
Zuvor war Amnesty auch aus den eigenen Reihen scharf dafür kritisiert
worden, Nawalny fallenzulassen, nachdem eine von kremltreuer Seite
beförderte Lobbykampagne dessen frühere rassistische Äußerungen
thematisiert hatte.
Unter anderem sorgte für Unverständnis, dass Verhaar und weitere leitende
Amnesty-Mitarbeiter in London [2][auf einen russischen Komödianten
hereingefallen] waren, der sich via Zoom als Nawalnys Stabschef Leonid
Wolkow ausgab und dem gegenüber sie bedauerten, Nawalnys Sache zu
„untergraben“. Der richtige Wolkow sagte, allein das müsse für die
Amnesty-Führung ein Rücktrittsgrund sein.
Aus Moskau verlegt
„Amnesty hat Putin einen PR-Erfolg geschenkt“, [3][schrieb der britische
Labour-Abgeordnete Chris Bryant] und legte seine Amnesty-Mitgliedschaft
nach 35 Jahren nieder.
Die Menschenrechtsorganisation [4][„Index on Censorship“ erklärte], sie
stehe weiter zu Nawalny. „Seine Äußerungen als junger Mann mögen wir
abscheulich finden, aber seine Handlungen als Dissidentenführer stehen
außer Frage“, erklärte Index-Chefin Ruth Smeeth. „Nawalny ist ein
politischer Gefangener, er ist ein Dissident, er verdient unsere
Solidarität.“
Derweil sickerte am Sonntag durch, dass Nawalny aus dem Moskauer
Untersuchungsgefängnis „Matrosenstille“ in das Verwaltungsgebiet Wladimir
überstellt worden ist. Sein genauer Aufenthaltsort seit Bekanntwerden
seiner Entfernung aus der Moskauer Haft am Freitag ist bislang nicht
genannt worden.
Anwälte und Aktivisten vermuten, Nawalny könnte zunächst in der
Strafkolonie IK-2 in Pokrowa, 80 Kilometer von der Gebietshauptstadt
Wladimir entfernt, in Quarantäne gehen.
Gedenken an Nemzow-Mord
Unabhängige Beobachter einer gesellschaftlichen Überwachungskommission
halten die Kolonien in der Region Wladimir für „besonders repressiv“ im
Umgang mit Häftlingen. Offiziell zählt die Strafkolonie IK-2 zu den
Einrichtungen eines „allgemeinen Regimes“, das keine verschärften
Haftbedingungen stellt.
Anwältin Maria Eismont bezeichnete die Kolonie jedoch als Ort, wo „alles
darauf ausgerichtet ist, den Inhaftierten die völlige Abhängigkeit von der
Verwaltung (der Kolonie) spüren zu lassen“. In keiner anderen Kolonie habe
sie bis zu sechs Stunden warten müssen, um zu Insassen vorgelassen zu
werden. „Zur Isolation politischer Gefangener wird dort alles unternommen.“
Am Samstag gedachte Moskau des Oppositionspolitikers Boris Nemzow, der vor
sechs Jahren in unmittelbarer Nähe des Kreml ermordet worden war. Bis zum
Abend sollen 11.000 Menschen den Anschlagsort besucht und Blumen
niedergelegt haben.
Wie in den vergangenen Jahren fand kein Gedenkmarsch statt – er war
offiziell wegen der Coronapandemie verboten worden. Auch Vertreter der USA,
Großbritanniens und der EU fanden sich ein.
1 Mar 2021
## LINKS
[1] https://twitter.com/julieverhaar/status/1365370494938193921
[2] https://www.dailymail.co.uk/news/article-9300163/Amnesty-chiefs-admit-under…
[3] https://www.telegraph.co.uk/news/2021/02/25/35-years-have-resigned-amnesty-…
[4] https://www.indexoncensorship.org/2021/02/index-statement-on-alexei-navalny/
## AUTOREN
Dominic Johnson
Klaus-Helge Donath
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