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# taz.de -- Protest in Istanbul: Scharfschützen gegen Studis
> Die türkische Polizei hat eine Demo an der Bosporus-Uni gewaltsam
> geräumt. 159 Demonstrierende wurden festgenommen. Protest auch in Izmir.
Bild: Am Montag vor der Bosporus-Uni in Istanbul. Später wird geräumt
Istanbul taz | Die türkische Polizei hat am Montagabend nach offiziellen
Angaben 159 StudentInnen festgenommen, die an der Bosporus-Uni in Istanbul
friedlich gegen die Verhaftung von zwei ihrer KommilitonInnen
protestierten. Mit einem massiven Polizeiaufgebot wurde eine Kundgebung vor
dem Tor der Universität zerschlagen.
Die Polizei war mit Wasserwerfern vor Ort. Auf den Dächern rund um den
Eingang zur Universität waren Scharfschützen aufgestellt. Die Polizei
verhinderte auch, dass die Studierenden eine Presseerklärung abgeben
konnten, da die anwesenden JournalistInnen von der Kundgebung abgedrängt
wurden.
Nach Angaben der Zeitung Hürriyet wurden vor dem Tor der Universität 108
DemonstrantInnen festgenommen. Als die Proteste später auf dem Uni-Campus
fortgesetzt wurden, der nur von Studierenden und anderen
Universitätsmitgliedern betreten werden darf, stürmte die Polizei das
Gelände und nahm noch einmal 51 Studierende fest.
Die aktuellen Proteste sind eine unmittelbare Reaktion auf die Verhaftung
von zwei Studierenden der Kunstfakultät der Bosporus-Uni. Die Fakultät
hatte am Freitag eine Ausstellung auf dem Campus organisiert, bei dem
[1][eins von mehr als 300 Bildern die Moschee von Mekka mit einer Montage
einer „anatolischen Schlangenfrau“ und vier LGBTI-Fähnchen zeigte]. Dies
löste einen Sturm der Entrüstung unter Islamisten und Konservativen aus und
führte zu der Verhaftung von zwei angeblichen Organisatoren der
Ausstellung.
Die Ausstellung war Teil einer Protestkampagne von Studierenden und
Lehrenden an der Universität, die sich dagegen wehren, dass Präsident Recep
Tayyip Erdogan ihnen zu Beginn des Jahres [2][einen Rektor aufgedrückt hat,
der zudem noch ein strammer Parteigänger seiner regierenden AKP ist]. Seit
den ersten Januartagen demonstrieren StudentInnen der Universität gegen
diesen Eingriff in die Autonomie der Universität und die Freiheit der
Lehre. Auch der überwiegende Teil der ProfessorInnen und DozentInnen der
Uni haben sich den Protesten angeschlossen.
## Sperrzone rund um die Uni
Um die Proteste einzudämmen, sind Kundgebungen auf dem Campus und vor der
Universität bereits seit den ersten Demonstrationen Anfang Januar verboten.
Als Reaktion auf die Proteste am Montag sind nun Demonstrationen in den
angrenzenden Bezirken der Universität bis einschließlich 5. Februar
insgesamt verboten worden.
Trotzdem geben die Mitglieder der Universität nicht auf. Zudem haben sich
etliche Studierende anderer Istanbuler Unis mit ihnen solidarisiert. Auch
in Izmir versuchten Anhänger der dortigen LBGTI-Szene, die Studierenden der
Bosporus-Uni am Montag mit einer Demonstration zu unterstützen. Die Polizei
ging brutal dagegen vor und nahm in Izmir ebenfalls dutzende Menschen fest.
Seit dem Putschversuch im Sommer 2016 sind in der Türkei praktisch alle
regierungskritischen Demonstrationen oder Kundgebungen verboten. Erdoğan
lässt keinerlei Kritik mehr zu. Am Wochenende hat er bei einer
Parteiversammlung angekündigt, er denke über eine neue Verfassung nach.
Beobachter befürchten, er will eine lebenslange Präsidentschaft
durchsetzen.
2 Feb 2021
## LINKS
[1] /Skandalisierte-Kunstaktion-in-Istanbul/!5744766
[2] /Studierenden-Proteste-in-der-Tuerkei/!5742503
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Türkei
Schwerpunkt AKP
Istanbul
Schwerpunkt Protest in der Türkei
Schwerpunkt Coronavirus
Wissenschaft
Türkei
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