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# taz.de -- Sportmärchen über ein weltweites Vorbild: Der große König Pimme…
> Es war einmal ein Herrscher, der mit seinen elf Enkeln vor der ganzen
> Welt glänzte. Kleingeistige Neidhammel konnten ihm freilich gar nichts
> anhaben.
Bild: Nasi Nasi ist gerade nicht angesagt
Es war einmal ein großer Ball. Die ganze Welt war gekommen. König
Pimmelnase war sehr zufrieden. Vor allem liebte er das Licht. Statt der
Scheinwerfer verfeuerte man hier in großen Schalen [1][Arbeiter’innen aus
Indien und Bangladesch]; das gab dem Raum ein besonderes, nie dagewesenes
Ambiente. So schön war das! Geradezu besinnlich.
Elf Enkel hatte der König, und es war sein Wunsch, sie der Welt zu zeigen.
Alle waren sie magisch begabt, wahre Zauberer und Künstler; es würde, da
war sich König Pimmelnase sicher, Applaus regnen von den Rängen. Leider
hatte einer wieder zurückgemusst auf den Gutshof, er hatte seine Frau mit
bösen Flüchen belegt, und nun war sie tot. Ganz kurz nur legte sich des
Königs Stirn in Falten: Es war überaus ärgerlich, dass diese Geschichte
gerade jetzt geschah. Aber er wusste auch, dass die Chroniken diese Frau
nicht erwähnen würden: In Wochen bereits würde der Glanz seiner Enkel all
dies überstrahlen.
Sie hatten, auch dies würde sicher gewürdigt werden, so vieles auf sich
genommen: Eine ganze Nacht hatten sie in sanften Ledersesseln verbringen
müssen, nur weil Tausende andere Menschen schlafen wollten. König
Pimmelnase schnaubte einmal kurz im Zorn – nicht einmal Rémy Martin war ihm
gereicht worden, den schnöden Hennessy hatte er trinken müssen und
natürlich deswegen auch unruhige Träume gehabt. Er sah auf sein Handgelenk;
drei goldene Ziffernblätter blinkten ihm entgegen, die Stunden wurden von
glitzernden Diamanten markiert.
Heute Morgen hatte er noch überlegt, ob er sich nicht auch noch eine vierte
Uhr überziehen sollte; aber seine Berater hatten ihm geraten, etwas auf dem
Teppich zu bleiben. Pimmelnase seufzte; das Land, aus dem er kam, war eines
voller Missgunst. Er brachte das Schöne und Gute und Wahre in die
Wohnzimmer der Menschen, und diese kleingeistigen Neidhammel beklagten sich
darüber, dass sie sich keine Butter für ihr Stück Brot mehr leisten
konnten. Dabei hatte auch dies etwas Gutes! So war mehr Butter übrig für
seine Enkel, die auf den wunderlichen Brauch verfallen waren, sich morgens
die ganze Scheiße in die Frisur zu schmieren.
## Niederdrückender Glanz
König Pimmelnase seufzte erneut; wenn er wollte, wie er könnte. Es ging ihm
auch gar nicht darum, all diese subalternen Existenzen zu bestrafen; sie
sollten einfach nur die Schnauze halten in Dankbarkeit und Demut. Denn dazu
erzog er all die Menschen, die ihn umgaben: Schon allein durch seine eigene
Großartigkeit wurden sich in seiner Gegenwart alle ihrer Minderwertigkeit
bewusst; sein Glanz drückte sie nieder, stutzte sie zurecht auf jenes Maß,
dass ihnen zustand. Und da er König Pimmelnase war, sein Glanz in jeden
Winkel des Königreichs strahlte, war er der Maßstab für jede Person, ja
jedes Lebewesen im ganzen Land, nein: der ganzen Welt.
Diese Bürde trug König Pimmelnase mit Fassung; einer musste es ja tun.
Selbst wenn er in die Knie ging, fand er kaum jemanden auf Augenhöhe. Sein
eigener Sohn reichte ihm höchstens bis zum Knie, und der stand schon hoch
über allen anderen. Auch dem, obwohl so friedlich und volksnah, war
kürzlich die Hutschnur geplatzt: Es hatte doch tatsächlich irgend so ein
dahergelaufener Haderlump gewagt, [2][den ganzen Ball zu kritisieren].
Draußen würden alle Leute den Gürtel enger schnallen, nur das Königshaus
tue nichts anderes, als die eigene Großartigkeit zu feiern.
Ja, was weiß denn der schon! So ist eben das Leben als König! Bälle und
Champagner und tote Arbeiter’innen, das gehört halt dazu! Dieser sogenannte
Kritiker, was denkt der sich, oder vielmehr, dass er überhaupt denkt, das
ist ja schon das Problem! Gedanken sind was für Menschen mit Geld. So was
weiß man, wenn man Experte ist, Himmelherrgott. Hoffentlich fände sich da
draußen ein Mob, der diesen Typen zum Schweigen brächte.
König Pimmelnase zuckte die Schultern. Auch das würde vorbeigehen. Es war
schon so viel vorbeigegangen. Und war nicht der Wahlspruch seines Hauses:
Leistung muss sich wieder lohnen? Ach, geleistet hatte er sich schon so
vieles, und immer hatte es sich gelohnt: Er war gespannt, welche schöne
Überraschung dieses Mal auf ihn wartete.
18 Feb 2021
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## AUTOREN
Frédéric Valin
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Fußball
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