# taz.de -- Wahlen bei Online-Fachkonferenz: Bayern dominieren Endlagersuche | |
> Mobilisierung und Wahlabsprachen machen's möglich: Landkreise aus Franken | |
> sichern sich viel Einfluss auf das Sucherverfahren fürs Atommülllager | |
Bild: Hat zumindest im Landkreis Wunsiedel funktionert: Werbung für die Mitwir… | |
BERLIN taz | Ein Atommüll-Endlager in Bayern? Das kommt aus Sicht der dort | |
regierenden Parteien nicht in Frage. „Wir sind überzeugt, dass Bayern kein | |
geeigneter Standort für ein Atomendlager ist“, heißt es im | |
Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern. Die für die Suche zuständige | |
Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) sieht das allerdings anders: In | |
ihrem Zwischenbericht vom vergangenen September erklärte sie weite Teile | |
Bayerns für potenziell geeignet für ein Endlager. | |
Beim weiteren Suchprozess wollen die bayerischen Kommunen darum offenbar | |
nichts dem Zufall überlassen. Bei der sogenannten Fachkonferenz | |
Teilgebiete, auf der am Wochenende online über den weiteren Prozess der | |
Endlagersuche diskutiert wurde, sicherten sie sich darum durch Absprachen | |
und gezielte Mobilisierung zu den Wahlen viel Einfluss auf das weitere | |
Verfahren. Das belegen E-Mails und Whatsapp-Nachrichten, die der taz | |
vorliegen. | |
Besonders aktiv zeigte sich die Region Oberfranken, die im Vorfeld eine | |
eigene [1][Koordinierungsstelle] für die Kommunen eingerichtet hatte. „Um | |
ggfs. oberfränkische Interessen einbringen zu können, muss Oberfranken mit | |
einer ausreichend hohen Stimmenzahl bei der Fachkonferenz vertreten sein“, | |
schrieb diese Mitte Januar an alle Kommunen. Sie formulierte dabei den | |
Wunsch, dass sich aus jedem Kreis 20 Vertreter*innen bereit erklären, | |
an der Konferenz teilzunehmen – „im direkten Austausch mit der | |
Koordinierungsstelle, z.B. über eine dafür eingerichteten Chat oder eine | |
What's App Gruppe“; über diese sollten beispielsweise „Abstimmungen | |
vorbesprochen werden“. | |
Tatsächlich wurden per Kurznachricht dann genaue Anweisungen gegeben, wer | |
ins Vorbereitungsgremium der nächsten Konferenz gewählt werden soll – und | |
wer besser nicht. Das hatte Erfolg: Im zwölfköpfigen Gremium, das darüber | |
entscheiden wird, welche Themen in Vorträgen und Arbeitsgruppen der | |
nächsten Konferenzen bearbeitet werden, sitzen vier Vertreter*innen aus | |
Bayern, darunter allein drei aus dem Landkreis Wunsiedel, in dem die | |
Koordinierungsstelle angesiedelt ist: eine Landkreis-Mitarbeiterin als | |
Bürgerin, ein im Landratsamt tätiger Naturparkgeschäftsführer als Vertreter | |
gesellschaftlicher Organisationen und eine Bürgermeisterin als | |
Kommunalvertreterin. | |
Der Leiter der Koordinationsstelle, Andreas Peterek, betätigte, dass im | |
Vorfeld um Kandidaturen geworben wurde. Dass der Landkreis gleich dreimal | |
im Gremium vertreten ist, sei aber eine Folge des „bundesweit nur geringen | |
Interesses, sich dieser Aufgabe zu stellen“. Sowohl bei den kommunalen | |
Vertreter*innen als auch bei den Bürger*innen gab es allerdings mehr | |
Kanditat*innen als Plätze. | |
Welche Ziele die Vertreter*innen dort verfolgen dürften, zeigt eine | |
Fragenliste, die die Bayern für die Konferenz am Wochenende vorbereitet | |
hatten. Darin geht es vor allem um Zweifel an der Eignung der | |
Granitgesteine in Bayern, etwa warum „möglicherweise entscheidungsrelevante | |
Daten […] nicht berücksichtigt wurden“. Zudem wird aus Bayern der | |
[2][Ausschluss des Salzstocks Gorleben] als Endlager infrage gestellt und | |
nach fachlichen Gutachten dazu gefragt. Zweifel am Ausschluss von Gorleben | |
hat auch die Bundesgesellschaft für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). | |
In einer Stellungnahme im Vorfeld der Konferenz hatte sie die Anwendung der | |
Kriterien als „nicht nachvollziehbar“ bezeichnet. | |
Zur Online-Fachkonferenz hatten sich nach Angaben des Bundesamts für die | |
Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) über 1.600 Menschen angemeldet, | |
rund ein Viertel davon aus Bayern. Tatsächlich teilgenommen haben die | |
meiste Zeit rund 700 Menschen gleichzeitig. Neben Erläuterungen und | |
Nachfragen zum Zwischenbericht, [3][den die BGE im September vorgestellt | |
hatte], ging es auch um den weiteren Beteiligungsprozess, für den bisher | |
zwei weitere Konferenzen geplant sind. | |
## Lob und Kritik für Online-Konferenz | |
Die Teilnehmer*innen forderten in einem Antrag, dass diese | |
Folgekonferenzen statt im April und Juni im Juni und August stattfinden – | |
auch in der Hoffnung, dass sie dann nicht nur online stattfinden müssen. | |
Denn während BASE-Sprecher Christoph Hamann sagte, auch die reine | |
Online-Konferenz habe „Ansprüche an eine moderne Beteiligung“ erfüllt, gab | |
es auch Kritik. | |
Es sei „klar geworden, dass ein rein digitales Format nicht dazu geeignet | |
ist, zu intervenieren, Stimmen und Stimmungen aufzugreifen“, erklärte | |
Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg. Zudem wurde | |
gefordert, dass der Beteiligungsprozess, anders als bisher vorgesehen, nach | |
den Konferenzen fortgesetzt wird. Über den Umgang mit diesen Anträgen wird | |
das BASE mit dem Umweltministerium und der BGE beraten. | |
8 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://rk-ofr.de/ | |
[2] /Endlagersuche-fuer-Atommuell/!5716949 | |
[3] /Endlagerung-von-Atommuell/!5713059 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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