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# taz.de -- Bahnradsport im Coronaloch: Radler müssen draußen bleiben
> Die Olympia-Vorbereitung ist für die Radsportler auf der Holzbahn überaus
> kompliziert. Wettkämpfe gibt es in diesen Tagen gar nicht.
Bild: Weltmeisterin ohne Wettkampfpraxis: Emma Hinze
Berlin taz | Eigentlich sollte in diesen Tagen die Rundenjagd der Six Days
im Berliner Velodrom stattfinden. Die Traditionsveranstaltung ist aber
abgesagt, wie die ganze Six Days-Serie. „Das Velodrom ist ja auch zum
Impfzentrum geworden“, erzählt Theo Reinhardt. Der zweifache Weltmeister im
Zweiermannschaftsfahren, auch Sieger bei den Berliner Six Days, vermisst
die Wettkämpfe sehr: „Es ist schon ein herber Einschnitt. Die
Sechstagerennen waren in den vergangenen Jahren ein wichtiger Bestandteil
auch der Trainingssteuerung. Ganz allgemein fehlen die Wettkämpfe.“
Im Sommer letzten Jahres, zwischen den beiden Lockdowns, nahm er immerhin
an einigen Straßenrennen teil. Die Straßensaison im Radsport wurde
durchgezogen, komprimiert zwar, aber viele Rennen fanden statt. Im
Bahnradsport hingegen herrschte Flaute. „Mein letztes Bahnrennen war die WM
im März 2020 in Berlin“, erinnert sich Reinhardt. Da holte er mit seinem
Partner Roger Kluge Bronze.
Star der damaligen Wettkämpfe war mit Siegen im Sprint, im Teamsprint und
im Keirin Emma Hinze. Zeigen konnte sie ihre Regenbogentrikots als
Weltmeisterin bislang aber nur im Training. „Wenn ich sie im Training
überstreife, erinnere ich mich natürlich an das, was ich geleistet habe.
Mein letzter Bahnwettkampf war die WM“, sagt sie in einem Videointerview.
Erste Möglichkeit, ihr Regenbogentrikot zu präsentieren, ist nach aktueller
Planung der Nations Cup im schottischen Newport im April. Darauf bereiten
sich sowohl Hinze als auch Reinhardt vor. Beide übrigens in
Trainingslagern, in die man fliegen muss – kleine Vorteile für
Nationalsportler*innen.
Hinze steckte vor zwei Wochen mit der Gruppe der Bahnsprinterinnen im
griechischen Rhodos. „Wir hatten dort drei Villen, lebten in einer Blase,
abseits von allem. In die Stadt oder in ein Café konnte man ja sowieso
nicht“, erzählt sie. Reinhardt bleibt bis Mitte Februar mit der
Ausdauerabteilung der Männer in einer Finca auf Mallorca. Auch hier war
Abschottung angesagt. „Wir sind extra nicht in Hotels gegangen. Die
Betreuung ist aufs Mindeste reduziert, sieben Sportler, Trainer und
Physiotherapeut“, so berichtet Reinhardt.
## Andauernde Unwägbarkeiten
Der 30-jährige Berliner wirkt trotz der fehlenden Wettkämpfe entspannt. Vor
allem die Aussicht auf die Olympischen Spiele ist es, die ihn jetzt im
Training motiviert. „Ich bin optimistisch, dass die Spiele stattfinden. Das
ist das, was einen gegenwärtig im Training bei der Stange hält.“
Kollegin Hinze geht es ebenso. Sie würde auch nach Tokio fahren, wenn die
Spiele ohne Publikum stattfinden, versichert sie. Das Vertrauen ins IOC,
dass es Olympia durchzieht, ist bei den Elitesportler*innen offenbar
groß. Unwägbarkeiten gibt es dennoch. Bei der Bahn-EM im vergangenen Jahr
in Plovdiv zog der BDR kurz vor Abreise die Teilnahme zurück. „Das war
schon ärgerlich. Zwei Tage vor der WM sagte der Verband, wir fahren nicht“,
erinnert sich Reinhardt. Verständnis dafür hat er aber auch: „Es war damals
ein Hochrisikogebiet.
Die meisten von uns sind in der Sportfördergruppe der Bundeswehr. Und da
hätte es sicher kein gutes Bild abgegeben, wenn wir in ein Hochrisikogebiet
gefahren und möglicherweise noch mit einem Coronafall zurückgekehrt wären.“
Als Einzelstarter fuhr nur Maximilian Levy – und siegte im Sprint und im
Keirin. Levy, mehrfacher Weltmeister, ist durch Privatsponsoren unabhängig.
In Pandemiezeiten spielt das eine große Rolle. Weitgehend privat
finanzierter Sport, ob Profisport im Fußball, Tennis oder Radsport oder der
werbewirksame Wintersport, wird durchgezogen. Sportarten mit weniger
Profiterwartung sind stärker dem allgemeinen Pandemie-Regime unterworfen.
Unterschiede gibt es aber auch hier. Reinhardt, jüngst zum Athletensprecher
des Berliner Radsportverbands berufen, und Dreifachweltmeisterin Hinze,
sehen durchaus, dass sie es im Vergleich zum Vereinssport und zu den vielen
Nachwuchsathlet*innen besser getroffen haben. „Gruppentraining war in
den Nachwuchsklassen nur in bestimmten Situationen möglich“, erzählt etwa
Reinhardt. „Mein Alltag ging einfach weiter.“
Jetzt peilen beide Olympia an. Hinze hat den Vorteil, dass sie sich mit
ihren Kolleginnen vorbereiten kann. Reinhardt hingegen wird seinen
Madison-Partner Kluge wegen dessen Verpflichtungen auf der Straße wohl erst
bei Olympia wiedersehen. „Gut möglich, dass das dann unser erster
gemeinsamer Wettkampf in diesem Jahr wird“, sagt er. Eine zweite
Pandemiesaison mit Hindernissen kündigt sich an.
12 Feb 2021
## AUTOREN
Tom Mustroph
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